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WM 1954, das Wunder von Bern: So gewann Deutschland seinen ersten Weltmeister-Titel

Der WM-Titel der deutschen Fußball-Nationalmannschaft 1954 ging aus mehreren Gründen in die Geschichte ein. Wir blicken zurück auf das "Wunder von Bern".

"Aus dem Hintergrund müsste Rahn schießen. Rahn schießt! Tor! Tor!" - Jeder Fußballfan in Deutschland hat den legendären Kommentar von Herbert Zimmermann irgendwann schon einmal gehört. An jenem 4. Juli 1954 berichtete Zimmermann vom WM-Endspiel zwischen Ungarn und Deutschland live aus dem Wankdorf-Stadion in Bern. Seine Worte sollten ebenso ein historisches Vermächtnis werden wie das gesamte Spiel.

Die deutsche Mannschaft von Bundestrainer Sepp Herberger setzte sich im Finale in der Schweiz völlig überraschend mit 3:2 gegen die hoch favorisierten Ungarn durch und sicherten der noch jungen Bundesrepublik den ersten großen Triumph auf dem internationalen Sport-Parkett. Rückblickend betrachtet war jenes "Wunder von Bern" für die Deutschen mehr als nur eine Fußballpartie.

Durch das "Wunder von Bern" gewann Deutschland erstmals den WM-Titel im Fußball. GOAL blickt zurück auf jenes besondere Ereignis.

WM 1954: Das Turnier im Überblick

WETTBEWERB

Fußball-WM 1954

AUSTRAGUNGSLAND

Schweiz

ZEITRAUM

16. Juni bis 4. Juli

TEILNEHMENDE NATIONEN

16

TITELTRÄGER

Deutschland

WM 1954: Die Situation des DFB-Teams vor dem Turnier

Neun Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs waren längst nicht alle Wunden geheilt. Deutschland befand sich mitten im Wiederaufbau, in den 50er-Jahren kehrten nach und nach die verbliebenen Kriegsgefangenen aus der Sowjetunion zurück. Die Bundesrepublik Deutschland, die erst 1949 offiziell gegründet wurde, musste international weiterhin gegen viel Wut und Kritik ankämpfen. Erst nach der WM 1950 wurde Deutschland wieder in die FIFA aufgenommen, die WM 1954 war also das erste Turnier nach Kriegsende, für das sich Deutschland überhaupt qualifizieren konnte.

Die Qualifikation selbst war für die DFB-Elf kein Problem und wurde souverän geschafft, unter anderem vor dem damals unabhängigen Saarland. Zur WM reiste Bundestrainer Sepp Herberger schließlich mit einer ambitionierten, aber keinesfalls als Favorit geltenden Mannschaft. Topfavorit auf den Turniersieg waren die Ungarn, die mit ihrer "Goldenen Elf" unter anderem England historisch demütigten und seit 1950 kein Spiel mehr verloren hatten.

WM 1954: Der Weg der deutschen Mannschaft ins Finale

Die deutsche Mannschaft traf in der Gruppenphase auf die Türkei und anschließend auf Ungarn. Während sich die deutsche Mannschaft mit 4:1 gegen die Türkei durchsetzte, untermauerte Ungarn im Parallelspiel gegen Südkorea mit einem 9:0-Kantersieg die eigene Dominanz. Da der Modus damals nicht vorsah, dass in den Vierergruppen alle Mannschaften gegeneinander spielen, hatte die DFB-Elf durch den Sieg gegen die Türkei ein Entscheidungsspiel bereits sicher.

Um direkt das Viertelfinale zu erreichen, hätte Deutschland im zweiten Gruppenspiel Ungarn schlagen müssen. Herberger stufte die Chancen darauf als gering ein und entschied sich stattdessen dafür, seine besten Spieler zu schonen. Es folgte eine 3:8-Niederlage, die heftige Reaktionen in der Heimat hervorrief. Doch der Plan ging auf: Mit der ausgeruhten Stammbesetzung gewann Deutschland das Entscheidungsspiel erneut gegen die Türkei ungefährdet mit 7:2 und zog ins Viertelfinale ein.

In der Runde der letzten Acht besiegte Deutschland Jugoslawien mit 2:0, unter anderem dank eines Treffers von Helmut Rahn, der zuvor nur gegen Ungarn zum Einsatz kam und in den wichtigen Spielen Bankdrücker war. Auswechslungen waren damals noch nicht erlaubt. Durch seine Leistung gegen Jugoslawien spielte sich Rahn allerdings in der Stammelf fest. Im Halbfinale fegte Herbergers Team mit 6:1 über Österreich hinweg.

WM 1954: Deutschlands Weg ins WM-Finale

Gruppenphase, 1. Spiel:

Türkei vs. Deutschland 1:4

Gruppenphase, 2. Spiel:

Ungarn vs. Deutschland 8:3

Gruppenphase, Entscheidungsspiel ums Viertelfinale:

Türkei vs. Deutschland 2:7

Viertelfinale:

Jugoslawien vs. Deutschland 0:2

Halbfinale:

Deutschland vs. Österreich 6:1

WM 1954, Finale: Das "Wunder von Bern" gegen Ungarn

Im Finale am 4. Juli kam es in Bern zum Wiedersehen zwischen Deutschland und Ungarn. Die Magyaren hatten sich im Halbfinale schwer getan und Uruguay erst nach Verlängerung mit 4:2 geschlagen. Dennoch galt Ungarn als haushoher Favorit, nicht zuletzt aufgrund des Ergebnisses im ersten Spiel. Allerdings bekam Deutschland Hilfe von oben: Pünktlich zum Spiel fing es in Bern heftig an zu regnen.

Regenwetter wurde in Deutschland unter Fußballfans damals auch als "Fritz-Walter-Wetter" bezeichnet, da der Kapitän der deutschen Mannschaft beim 1. FC Kaiserslautern unter diesen Bedingungen immer besonders gut spielte. Zudem konnte Ungarn auf schwerem Boden sein Kombinationsspiel nicht so gut aufziehen, was Deutschland zugutekommen sollte.

Dennoch startete Ungarn wie erwartet in das Spiel. Durch Tore des zuvor angeschlagenen Superstars Ferenc Puskas und von Zoltan Czibor lag der Favorit schon nach acht Minuten mit 2:0 vorne. Doch die deutsche Mannschaft schlug schnell zurück, Max Morlock (10.) und Helmut Rahn (18.) glichen binnen acht Minuten aus. Ungarn erarbeitete sich in der Folge zahlreiche gute Möglichkeiten, scheiterte aber auch immer wieder am deutschen Torwart Toni Turek.

Sechs Minuten vor Ende der regulären Spielzeit kam Rahn nach einer schlecht abgewehrten Flanke mittig an der Strafraumgrenze an den Ball, legte sich den Ball zurecht und traf mit seinem linken Fuß ins Eck. Anschließend erzielte Puskas noch den vermeintlichen Ausgleich, das Tor wurde aufgrund einer umstrittenen Abseitsentscheidung aber nicht anerkannt. Somit brachte Deutschland den Sieg über die Zeit und krönte sich erstmals zum Weltmeister. Aufgrund der zuvor als aussichtslos erscheinenden Ausgangslage ging das Spiel als "Wunder von Bern" in die deutsche Sportgeschichte ein.

WM 1954, Finale: Die deutsche Aufstellung gegen Ungarn:

Toni Turek - Josef Posipal, Werner Liebrich, Werner Kohlmeyer - Karl Mai, Horst Eckel - Helmut Rahn, Max Morlock, Ottmar Walter, Fritz Walter, Hans Schäfer. - Trainer: Sepp Herberger

WM 1954: Die Folgen für Deutschland und Ungarn

In Deutschland sorgte der WM-Titel für eine nationale Aufbruchstimmung, die die Schatten des Krieges endgültig beseitigte und mehr oder weniger die Basis für das Wirtschaftswunder der 1960er-Jahre legte.

In Ungarn allerdings entwickelte sich das Spiel in Bern zu einem Trauma. In Budapest kam es zu Ausschreitungen enttäuschter und wütender Fans, Straßenbahnen wurden umgeworfen, Schaufenster wurden zerstört. Die Spieler wurden teilweise als Verräter tituliert, Torwart Gyula Grosics etwa wurde wegen Landesverrates angeklagt und verbannt. Die bekanntesten Spieler wie etwa Puskas verließen ihre Heimat, der Starstürmer spielte später erfolgreich für Real Madrid und wurde dort zur Legende.

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