Wissam Ben Yedder Monaco Lille Ligue 1Getty

Wissam Ben Yedder: Vom Amateur-Futsal-Spieler zum CL-Torschützen

Im engen Dickicht der Nachwuchsleistungszentren, die in den vergangenen Jahren allerorts aus dem Boden gestampft wurden, stirbt das Gen des Straßenfußballers allmählich aus. Taktische Angepasstheit statt individuelle Freiheit, der Fußball als Lehrfach statt als freudiges Erlebnis - so lautet oft der Vorwurf. Und so werden die "Quereinsteiger" immer seltener, die Karrieren der Top-Talente ähneln sich immer mehr. Denn wer besonders talentiert ist, fällt auf und kommt an eine der Akademien der Top-Klubs.

Doch noch gibt es auch die anderen Geschichten, jene, die fernab hochmoderner Fußballschulen stattfinden. Eine dieser Geschichten hat auch Wissam Ben Yedder zu bieten. Der inzwischen 31-Jährige von der AS Monaco hat sich als einer der europäischen Top-Stürmer in den vergangenen Jahren einen Namen gemacht, FIFA-Spieler verfluchen ihn, wenn er im gegenerischen Team auftaucht. Warum? Weil er eine selbst für die Simulation außergewöhnliche Technik, Wendigkeit und Handlungsschnelligkeit mitbringt. Und diese ist vom Original genauso abgekupfert.

Ben Yedder trieb selbst die Schulfreunde in den Wahnsinn

Denn Ben Yedders Ausbildung hat mit den französischen Fußballzentren rein gar nichts zu tun, lange war er nicht einmal klassischer Fußballer. Seine Wurzeln liegen stattdessen im Futsal. Die Hallenvariante, die als einzige auch offiziell von der FIFA anerkannt wird (und nicht mit dem Budenzauber der Wintervorbereitung deutscher Klubs vor vielen Jahren zu vergleichen ist), fordert von den Spielern exzellente Technik.

Ben Yedder war bereits im Futsal eine Ausnahmeerscheinung, als er als Teenager damit begann. In einem Pariser Vorort war das, wo die Jugendlichen nicht immer nur gute Zeiten erleben. Doch der Ball am Fuß lässt viele Sorgen vergessen. So auch bei Ben Yedder, der mit seiner Freude am Spiel sogar die eigenen Kumpels manchmal in den Wahnsinn trieb. "Manchmal um acht Uhr morgens, wenn wir keine Schule hatten, hat er mich geweckt und mich aufgefordert, gegen ihn zu spielen", erinnerte sich sein alter Schulfreund Daniel Mendy im Magazin So Foot einst zurück.

Wissam Ben Yedder Toulouse-Evian 08302014Getty

"Wir haben im Regen gespielt, im Schnee. Ich erinnere mich, dass ich eines Morgens früh aufgewacht und dann zum Platz unserer Schule gegangen bin, um ein bisschen meine Schusstechnik zu verbessern. Und als ich ankam, war er schon da", schildert Mendy. Ben Yedder trainierte sogar, als sein rechter Fuß gebrochen war. Er nutzte die Zeit, um seinen schwächeren linken Fuß zu verbessern - was ihm seine heutige Beidfüßigkeit einbrachte.

Zusammenschnitte seiner Futsal-Zeit zeigen deutlich, wie stark seine Technik damals war. Er wurde sogar französischer Nationalspieler, wenngleich es dazu fast nicht gekommen wäre. Denn in seinen jungen Jahren hatte er nur seinen tunesischen Pass, was ihn beinahe eine Auswärtsreise nach Chile gekostet hätte. Allerdings sorgte sein damaliger Trainer Tony Esteves dafür, dass er zügig einen französischen Pass bekam - denn schließlich ist Ben Yedder auch in Frankreich geboren worden.

Vorspielen beim Amateurklub: "Du hast mir Maradona gebracht!"

Parallel spielte Ben Yedder auch Fußball im Standardformat Elf gegen Elf, allerdings nur bei einem Amateurverein in Saint-Denis. 2009 wurde Ben Yedder an den damaligen Viertligisten Alfortville vermittelt. Michel Moulin, damals bei Alfortville tätig, war sofort hin und weg. "Mir wurde gesagt, es gibt da einen jungen Spieler, der ein Phänomen ist. Wir haben diesen kleinen Jungen einem kleinen Test unterzogen und nach 15 Minuten sagte ich nur: 'Du hast mir Maradona gebracht!", sagte Moulin zu RMC Sport.

Nach neun Toren in 23 Spielen ging es für den dann 19-Jährigen schließlich zum FC Toulouse. Nicht nur für Ben Yedder war dieser Wechsel Gold wert, sondern auch für den kleinen Klub Alfortville. Die Ablösesumme, die Toulouse zahlte, habe dem Klub laut Moulin gereicht, um alle Jugendspieler einmal mit einem kompletten Trikotsatz auszustatten.

Für Ben Yedder ging es anschließend im Profibereich immer weiter aufwärts. Zwei Jahre Anlaufzeit benötigte er beim Erstligisten Toulouse, dann startete er so richtig durch. Vier Saisons nacheinander traf er zweistellig, dann folgte der Wechsel zum FC Sevilla. Dort machte er sich dann auch in der Champions League einen Namen. In der Saison 2017/18 traf er in zehn Spielen achtmal, unter anderem doppelt im Achtelfinale gegen Manchester United. Und dort kam auch seine Futsal-Ausbildung wieder zum Vorschein.

"Das erste Tor gegen Manchester United war typisch für Futsal", sagte Esteves dem Bleacher Report und erklärte: "Eine Ballberührung, um den Ball zu kontrollieren. Dann eine Bewegung in Richtung des Tores und dann der Schuss. In engen Räumen nutzt er immer noch seine Futsaltechnik."

In dieser Hinsicht erinnere Ben Yedder Esteves an einen ganz Großen seiner Zunft. "Romario hat sich im Strafraum auch nicht viel bewegt, aber auf diesen zwei, drei Quadratmetern war er ein Killer. Wir haben Ben Yedder immer Romario genannt. Er hat einfach nie aufgehört, Tore zu schießen", sagte er.

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