Von wegen Rocky Balboa! Sylvester Stallone war einst Torhüter

Wer an Sylvester Stallone denkt, der denkt sofort an Rocky Balboa. Der Hollywoodstar ist so eng mit seiner berühmtesten Filmfigur verknüpft wie kaum ein anderer Leinwandheld. Rocky ist eine Legende, Zeitgeschichte und Kultfigur. Nicht wenige halten den fiktiven Kämpfer aus einfachen Verhältnissen in Philadelphia gar für den größten Boxer überhaupt. Für Stallone bedeutete seine Paraderolle nicht nur Ruhm, Auszeichnungen und Reichtum, sondern auch den Durchbruch als Schauspieler.

Der im wahrsten Sinne des Wortes schlagkräftige US-Amerikaner flimmerte allerdings nicht nur als Boxer über die Kinobildschirme, sondern war einst auch als Fußballer in einem Blockbuster unterwegs: Als Stallone 35 Jahre alt und gerade ein Weltstar ist, spielt er erneut eine Figur aus der Welt des Sports: den Fußballer Robert Hatch. Ein Name, der vielen auf den ersten Blick wenig sagt, aber in Wirklichkeit die Hauptfigur in einem der bekanntesten Fußballfilme der Geschichte ist - "Escape for Victory" ("Flucht oder Sieg").

Sylvester Stallone spielte an der Seite Pelés

Unter der Regie des großen John Huston (der freimütig zugab, dass er nichts über Fußball wusste und das Projekt nur annahm, weil ihm eine hohe Gage garantiert worden war) kam der Film 1981 in die Kinos.

Inspiriert vom "Spiel des Todes", einer Partie, die während des zweiten Weltkriegs am 9. August 1942 in Kiew zwischen Spielern von Lokomotiv und Dinamo und einer Mannschaft deutscher Luftwaffenoffiziere ausgetragen wurde, erzählt er von einem Duell zwischen einer Gruppe alliierter Gefangener und einer deutschen Auswahlmannschaft. Ein Spiel, das von Major von Steiner (gespielt von Max von Sydow), einem ehemaligen Fußballspieler, geplant und von seinen Nazi-Vorgesetzten gefördert wurde, die darin eine außergewöhnliche Gelegenheit für Propaganda sahen.

Angeführt wird die alliierte Mannschaft von Kapitän John Colby (gespielt von Michael Caine), einem ehemaligen Fußballspieler von West Ham und der englischen Nationalmannschaft. Um die Aufnahmen des Spiels so authentisch wie möglich zu gestalten, versammelt Regisseur Huston das Who-is-Who der Fußballszene. Am Filmset tummeln sich unter anderem Brasiliens Legende Pelé, Bobby Moore (Kapitän der englischen Weltmeistermannschaft von 1966), Osvaldo Ardiles (Weltmeister von 1978), Paul Van Himst (Belgiens Ikone) und Kazimierz Deyna (einer der stärksten polnischen Spieler überhaupt).

Viele andere Profis sind mit dabei, von denen einige von Bobby Robsons Ipswich Town "ausgeliehen" waren. Sie sind die Hauptdarsteller einer Mannschaft, die von Michael Caine und Sylvester Stallone, den beiden einzigen echten Schauspielern, begleitet wird.

Sylvester Stallone sollte eigentlich neben Pelé stürmen

Stallone kann nicht kicken, wird aber als Robert Hatch in die Mannschaft aufgenommen, da er die eigentlich für die Halbzeitpause geplante Flucht der Kriegsgefangenen durch die Kanalisation organisiert. Fun Fact: Stallone wird als Sturmpartner Pelés gecastet. Schnell wird aber allen Beteiligten klar, dass die fußballerischen Fähigkeiten des Schauspielers dafür zu limitiert sind. Also wird er ins Tor versetzt.

"Torhüter war die einzige Rolle, die ich glaubwürdig spielen konnte", erinnerte sich Stallone später. "Ich weiß nicht, ob ich hätte lernen können, Stürmer zu sein oder auf anderen Positionen zu spielen. Vor allem, wenn ich Leute wie Bobby Moore oder Pelé vor mir hatte. Das ist etwas, das einen einschüchtert, weil man nicht mit einem Team von Kindern spielt, sondern mit den besten Spielern der Welt".

Für den Erfolg des Films soll nichts dem Zufall überlassen werden und so bekommt Stallone Unterstützung von Gordon Banks, einem der größten Torhüter der Geschichte. Die Aufgabe des Weltmeisters von 1966 ist klar: Er muss einem Schauspieler, der absolut nichts über Fußball weiß, die Grundlagen der Rolle beibringen.

Banks wird Stallones spezieller Coach am Set und darüber hinaus, aber von Anfang an gibt es ein Problem: Sly, der Star des Films, beschließt nach ein paar Tagen, dass er keinen Tutor mehr braucht. Er ist der Meinung, dass er gelernt hat, was er lernen muss, dass er verstanden hat, wie er sich am realistischsten positionieren und bewegen kann.

Der englische Ex-Nationalspieler Kevin Beattie meinte dazu: "Er beschloss nach zwei Tagen, darauf (Banks' Hilfe, d. Red.) zu verzichten, weil er überzeugt war, dass er es allein schaffen würde. Das war arrogant." Ipswichs Torwart Paul Cooper, der Stallone in einigen Szenen doubelte, bestätigte: "Nach einem halben Tag dachte er schon, er wüsste mehr als ich."

So ganz passt Stallones Selbsteinschätzung aber dann doch nicht. Er bricht sich während der Dreharbeiten unter anderem einen Finger und zwei Rippen. Dazu kugelt er sich die Schulter aus und erleidet mehrere Muskelverletzungen. Außerdem soll er oft (zu) spät bei den Dreharbeiten aufgekreuzt sein. Ob es daran lag, dass er parallel am Drehbuch zu Rocky II arbeitete?

Sylvester Stallone und Co. gelingt die Flucht

Stallone erklärte: "Um einen Boxer zu spielen, habe ich viele Monate lang allein und nicht unter den Augen der Besten der Welt gearbeitet. Hier ist es wie beim ersten Training gegen Muhammad Ali: es ist zu viel. Aber ich weiß es zu schätzen, dass sie mir so sehr geholfen haben."

Das Ergebnis kann sich dennoch sehen lassen. Das Spiel zwischen den Kriegsgefangenen und Deutschen steht zur Halbzeit 1:4, Stallone und Co. verzichten auf die geplante Flucht, um das Spiel noch zu drehen. Spektakulär und gegen viele Widerstände erkämpfen sie sich im Stadion von Colombes ein 4:4. Stallone wird kurz vor dem Abpfiff zum Helden, als er einen Strafstoß des deutschen Kapitäns (gespielt von Werner Roth, ehemaliger Mittelfeldmann von New York Cosmos) pariert. Angeblich waren 34 Versuche nötig, bis Stallone den Ball abwehrte...

Die frenetisch jubelnden französischen Zuschauer stimmen die Marseillaise an und stürmen das Spielfeld. Im Trubel haben die Kriegsgefangenen doch noch die Chance zur Flucht – und ergreifen sie.

Kommerziell ist der Film ein Erfolg: Er spielt bei einem Budget von zwölf Millionen Dollar knapp 28 Millionen Dollar ein. Und er bewirkt, dass Sylvester Stallone nach und nach einen ganz anderen Eindruck vom Fußball gewinnt.

Pelé, der ihm mit einem harten Schuss den kleinen Finger der rechten Hand gebrochen hatte, meinte zum Beispiel, Stallone sei im Laufe der Dreharbeiten zu einem "guten Torwart "geworden.

Stallones Fazit lautete: "Ich habe geboxt und auch viel American Football gespielt. Mit diesem Film bin ich auf einen Sport gestoßen, der so universell ist und von allen verstanden wird, der aber praktisch alles erfordert. Um Fußball zu spielen, braucht man Intelligenz, Durchhaltevermögen und Mut".