Marco van Ginkel GFXGetty Images

"Es ging nur darum, ob ich wieder laufen kann": PSV-Profi Marco van Ginkel über seine 983-tägige Leidenszeit


HINTERGRUND

13. Januar 2021: Es läuft gerade die 87. Spielminute der Partie der PSV Eindhoven gegen AZ Alkmaar im Philips Stadion, als beim Spielstand von 1:2 an der Seitenlinie die Nummer 14 auf der Anzeigetafel grün aufleuchtet. Marco van Ginkel betritt den Rasen und erlebt hautnah mit, wie die Gäste das Ergebnis auf 3:1 schrauben und damit das Spitzenspiel der Eredivisie für sich entscheiden.

Eine bittere Niederlage im Titelrennen für das Team von Chefcoach Roger Schmidt. Van Ginkel, der derzeit vom FC Chelsea an die Niederländer ausgeliehen ist, bleibt jener Mittwochabend jedoch auf ewig positiv in Erinnerung, denn der 28-Jährige feierte nach einer schier endlosen und qualvollen Verletzungspause sein Comeback. Sage und schreibe 983 (!) Tage hatte der Mittelfeldspieler gefehlt. "Wir haben das Spiel verloren, aber ich habe es trotzdem mit meiner Familie gefeiert", erzählt er rückblickend im Gespräch mit Goal und SPOX: "Es fühlte sich ein bisschen wie mein Debüt an, es war ein großer Erfolg für mich."

Ein Erfolg, der über zweieinhalb Jahre lang nahezu unerreichbar schien, denn es deutete wenig darauf hin, dass van Ginkel jemals wieder auf den Platz zurückkehrt.

"Nur bei einem von 200 Fällen": Der Beginn von van Ginkels Höllenritt

Im Sommer 2018 erlitt van Ginkel bei den Blues einen Riss des vorderen Kreuzbandes und unterzog sich in der Folge einer Operation. Ein routinemäßiger Eingriff - eigentlich.

Wie sich herausstellte, hatte sich der Rechtsfuß nur wenige Wochen nach dem Eingriff eine Infektion zugezogen. "Die Infektion, die sechs Wochen nach meiner Operation auftrat, hat mein Knie ein wenig beschädigt, deshalb hat es so lange gedauert. Sowohl mein Knie als auch mein Kreuzband waren betroffen", erinnert er sich: "Es war eine sehr harte Zeit."

Van Ginkel musste sich anschließend innerhalb von sechs Tagen drei weiteren Operationen unterziehen. Es folgten drei Monate mit Antibiotika sowie weiteren kleinen operativen Eingriffen. "Man hat mir erklärt, dass so etwas manchmal passieren kann, aber nur bei einem von 200 Fällen nach einer Operation. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass man es bekommt. Ich war einer von ihnen und es war ziemlich schlimm", schildert der achtfache niederländische Nationalspieler.

Nach einer Woche war nicht einmal klar, "was die Infektion im Gelenk angerichtet hat", sogar ein Karriereende drohte. Ohnehin war zur damaligen Zeit nicht an Fußballspielen zu denken, der Sport rückte in den Hintergrund. "Ich wusste, dass es eine lange und harte Zeit werden würde, bis ich wieder auf Top-Level bin", sagt van Ginkel: "Fußball war zweitrangig. In diesem Moment ging es mehr darum, ob ich wieder laufen kann."

Van Ginkel über Verletzung: "Emotional und mental sehr schwer"

Van Ginkel macht keine Hehl daraus, wie sehr ihn die Situation belastete. "Emotional und mental war es sehr schwer", betont er: "Aber ich bin ein positiver Mensch und das hat mich am Leben gehalten."

Die meiste Zeit verbrachte er auf dem Trainingsgelände der Londoner. In der Zwischenzeit investierte er in Immobilien und verlobte sich mit seiner langjährigen Freundin.

Marco van Ginkel PSV 2017-18Getty Images
Bild: Getty Images

Einer langer und harter Kampf zurück ins Geschehen wurde mit der Partie gegen Alkmaar gekrönt. In Eindhoven, wo van Ginkel bereits zum dritten Mal auf Leihbasis spielt, will er seine Karriere wieder ankurbeln. Chelsea unterstützte ihn in der gesamten Zeit und verlängerte seinen Vertrag bis zum kommenden Sommer.

Wie es danach weitergeht, das vermag er vor allem nach seiner Leidenszeit nicht zu beurteilen: "Wenn ich wieder auf mein Niveau komme, dann weiß ich um meine Qualitäten. Aber im Moment konzentriere ich mich nur auf PSV und mich selbst. Ich möchte in den nächsten Spielen noch ein paar Minuten absolvieren."

Van Ginkel weiß wovon er spricht, dass er wieder auf dem Rasen steht ist alles andere als selbstverständlich. "Ich bin einfach nur glücklich, wieder ein Fußballer zu sein."

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