HINTERGRUND
Mit dem ersten Kontakt ließ Nuri Sahin seinen Gegenspieler auf der linken Außenbahn alt aussehen, ehe er am Strafraumeck mit seinem linken Innenrist unnachahmlich den Ball geschmeidig in Richtung gegnerisches Tor chippte. Das Spielgerät war lange in der Luft und senkte sich schließlich über Brasiliens Keeper Felipe Garcia hinweg ins Netz. Nur Augenblicke später fand sich Sahin inmitten einer Jubeltraube wieder.
Der Jubel im Estadio Mansiche im peruanischen Trujillo kannte keine Grenzen. Der 17-Jährige, seinerzeit Nachwuchshoffnung von Borussia Dortmund, hatte soeben im Halbfinale der U17-Weltmeisterschaft 2005 die Türkei nach einem schier aussichtslosen Rückstand zum Ausgleich geschossen. Dabei hatten Celsinho sowie die späteren Champions-League-Sieger Anderson (unter anderem bei Manchester United) und Marcelo (später bei Real Madrid) vor der Pause eigentlich schon alles klar gemacht und die Selecao mit 3:0 in Front geschossen.
Der türkische Traum vom Finale in Lima, er lebte aber nach Sahins tollem Tor mehr denn je. Doch Anderson zerstörte ihn in der 90. Minute, als er im Strafraum zwei Gegenspieler abschüttelte und mustergültig für Igor Siqueira servierte. 3:4 - die Türkei war raus.
Am Ende reichte es für die jungen Türken gegen die Niederlande nur zu Platz vier, den goldenen Pokal sicherte sich Mexikos Nachwuchs im Endspiel gegen Brasilien. Die Enttäuschung war selbstverständlich groß und dennoch konnten die Junioren auf ein gleichermaßen ereignisreiches wie erfolgreiches Jahr zurückblicken. Angeführt von zwei der größten Talente ihres Landes - Sahin und Caner Erkin.
Europameister 2005 und das größte Talent Europas: Die goldene U17 der Türkei
Nur wenige Monate vor dem turbulenten WM-Halbfinale hatte sich der türkische Nachwuchs in Italien gegen die Auswahl der Niederlande die europäische Krone aufgesetzt. Sahin wurde dabei zum Spieler des Turniers gekürt. Neben ihm zählte Erkin in beiden Turnieren zu den hervorstechendsten Akteuren des Jahrgangs 1988, auch Ex-Bayern-Talent Deniz Yilmaz war mit von der Partie.
Ohnehin war Sahin in besagtem Jahr das größte europäische Talent, feierte im Oktober gegen Deutschland sein Debüt in der A-Nationalmannschaft - und traf prompt drei Minuten nach seiner Einwechslung. Im August schrieb er bereits im Alter von 16 Jahren, 11 Monaten und einem Tag als damals jüngster Bundesligaspieler aller Zeiten Geschichte. Den Rekord hielt er knapp 15 Jahre, ehe BVB-Juwel Youssoufa Moukoko ihn am vergangenen Samstag ablöste.
Bei den Westfalen entwickelte sich Sahin zum absoluten Führungsspieler, holte die deutsche Meisterschaft sowie den DFB-Pokal. Zwischen 2011 und 2013 versuchte er sich bei Real Madrid und dem FC Liverpool, allerdings ohne Erfolg, ehe er zu seinem Herzensklub zurückkehrte. 2017 trat er aus der Nationalmannschaft zurück. Heute schnürt er seine Fußballschuhe für Antalyaspor.
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Caner Erkin wurde im Mai 2006 schließlich mit 17 Jahren für die Ay-Yildizlilar nominiert. Vor allem bei Fenerbahce machte er sich später einen Namen, lief zudem unter anderem für deren Rivalen Galatasaray auf. Ein Engagement beim italienischen Spitzenklub Inter Mailand erwies sich als enttäuschend.
Auch Erkin ist heute noch aktiv. Mittlerweile ist der 32-Jährige wieder bei Fener angekommen. Auch für die Nationalmannschaft läuft der Linksfuß noch auf, der im Laufe seiner Karriere unter anderem drei türkische Meisterschaften feierte.
