KOMMENTAR
Vorab: Es gab mehrere fragwürdige Personalentscheidungen von Mircea Lucescu in seinem ersten Spiel als türkischer Nationaltrainer. Warum Tolga Cigerci, der bei Galatasaray zwar einen guten Saisonstart hatte, seine Tore aber gegen Teams - bei allem Respekt - wie Kayseri, Sivas oder Osmanlispor erzielte und in der Nationalelf noch nie eine echte Duftmarke setzte, statt Emre Mor oder Arda Turan spielen lassen? Warum mit Hakan Calhanoglu und Cengiz Ünder nur zwei Kreativspieler auf dem Platz? Warum Mehmet Topal und nicht Freiburgs Caglar Söyüncü im Abwehrzentrum?
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Fragen über Fragen, die von einer, der vielleicht entscheidenden, überragt wurden. Statt des in Dortmund zu Saisonbeginn herausragenden Nuri Sahin, der die kompletten 90 Minuten auf der Bank verbrachte, vertraute Lucescu am Sonntag beim 0:2 in der Ukraine auf der Doppelsechs auf Emre Belözoglu und Ozan Tufan.
Ozan war eine Schwachstelle im türkischen Spiel
Auf einen 36-Jährigen, dem es merklich an Spritzigkeit fehlte. Und einen Ozan, der bei den türkischen Fans nach mehreren unglücklichen Auftritten beinahe jeglichen Kredit verspielt hat, der selbst bei seinem Heimatklub Fenerbahce mittlerweile bei den eigenen Anhängern unten durch ist. Der in zwei der ersten drei Süper-Lig-Partien dieser Saison auf der Bank verharren musste, der mehr und mehr auf dem Weg zum ewigen Talent ist, den nächsten Entwicklungsschritt bisher verpasst hat. Und dementsprechend verunsichert agierte. Besonders, dass er den Vorzug vor Sahin erhielt, verwunderte doch sehr.
Nun war Ozan nicht alleine für die schwache Leistung in der Ukraine verantwortlich. Aber bereit, diese ins Gegenteil umzukehren, war er bei weitem nicht, leistete sich unnötige Fehlpässe, verlor wichtige Zweikämpfe viel zu einfach. Deshalb ist klar: Im so extrem bedeutsamen Spiel gegen Kroatien am Dienstagabend muss Nuri Sahin anstelle von Ozan spielen! (den Kracher zwischen der Türkei und Kroatien gibt es ab 20.45 Uhr im LIVESTREAM auf DAZN - alle Infos HIER)

Der 28-Jährige steht für Spielkultur, sauberes Passspiel, strategisches Wirken im Mittelfeldzentrum und die Erfahrung, in den richtigen Momenten auch mal resolut dazwischenzuhauen, die Zweikämpfe anzunehmen. Alles Attribute, die den Türken beim blutleeren Auftritt in der Ukraine fehlten.
Den Gastgebern war es ein leichtes, das Mittelfeld zu kontrollieren. Und wenn die Türken mal den Ball hatten, war er allzu schnell wieder weg. Weil es weder Ozan noch Emre verstanden, das Geschehen strukturiert anzukurbeln. Stattdessen sah man reihenweise lange Bälle in die Spitze, die mal um mal verpufften.
Die Türkei braucht einen wie Nuri Sahin
Einen wie Sahin hätte Lucescus Elf daher unbedingt gebraucht. Und sie braucht den Dortmunder gegen die Kroaten, die mit Luka Modric oder Mateo Kovacic im Mittelfeld qualitativ noch einmal eine ganz andere Nummer als die Ukrainer sind.
Sahin erlebt beim BVB unter Neu-Trainer Peter Bosz derzeit ein Revival. In allen vier bisherigen Pflichtspielen war er von Beginn an dabei, glänzte zuletzt gegen Hertha sogar mit Tor und Assist. Im Spiel nach vorne hatte Dortmund einen klaren Plan, im Spiel nach hinten stand man weitgehend sicher. Und das lag auch und vor allem am einzigen klaren Sechser Sahin.
Selbstvertrauen hat Sahin nach den positiven letzten Wochen zur Genüge. Zudem ist er in der Mannschaft angesehen, verfügt über riesige Erfahrung. Er könnte das Team mitreißen, seinen Mitspielern die Verunsicherung nehmen. Der Druck ist immens, ein Sieg Pflicht, um den Traum von der ersten WM-Teilnahme seit 2002 nicht vielleicht schon ad acta legen zu müssen. Und Pflicht für Lucescu muss daher sein: Nuri Sahin in die Startelf!
