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Bale und die Brüder: Wales ist zurück

Als die Qualifikation für die Europameisterschaft in Frankreich durch einen Sieg gegen Andorra geschafft war, kannte die Freude bei den Spielern von Wales keine Grenzen mehr. Mit der Flagge ihres Landes drehten sie eine Ehrenrunde durch das Stadion und hatten zum seltenen Anlass ein spezielles T-Shirt parat: "Diolch" stand in großen Buchstaben darauf – "Danke" auf walisisch. Darunter versteckte sich dann ein Hashtag, der das Team beim Turnier zum Erfolg führen soll: "Together stronger"

"Gemeinsam stärker" – das will Wales bei der EM sein. Und doch ist das eher ein großer Wunsch, denn egal, wie sehr die Mannschaft ihre Einheit betont, so sticht doch ein Spieler aus dem Kollektiv heraus: Gareth Bale ist der Superstar der Truppe, der Mann vom Champions-League-Sieger Real Madrid, der Spieler, der 100 Millionen Euro Ablöse bei seinem Wechsel nach Spanien gekostet hat. An seinen Status kommt bei den walisischen Spielern niemand auch nur annähernd heran – und deswegen wird vor allem Gareth Bale in den Duellen in Frankreich im Mittelpunkt des Interesses stehen.

Traum vom Titel

Vom Superstar werden auch Super-Leistungen erwartet. Und doch wird es viel eher darauf ankommen, wie sich die anderen zehn Spieler neben Bale präsentieren, wenn das erste große Turnier der Waliser seit der Teilnahme an der Weltmeisterschaft 1958 in Schweden ein Erfolg werden soll.

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Was wäre für Wales, das in seiner Vorrunden-Gruppe gegen England, Russland und die Slowakei ran muss, ein Erfolg? Gareth Bale beantwortet diese Frage äußerst selbstbewusst: "Wir sind nicht dort, um nur das Teilnehmerfeld aufzufüllen. Wir wollen jedes Spiel gewinnen", sagte er der BBC. Und in der Euphorie des Champions-League-Sieges mit Real Madrid begann er sogar zu träumen: "Zwei Titel innerhalb von nur wenigen Monaten", erklärte er lachend seinen Anspruch und sorgte damit auch bei seinem Nationaltrainer Chris Coleman für Heiterkeit.

"Jetzt ist das Halbfinale nicht mal mehr genug", grinste der Coach bei der Bekanntgabe seines 23 Mann starken Kaders für das Turnier. Coleman selbst dürfte das Ganze etwas realistischer als Bale einschätzen, obwohl er den Ansatz seines Superstars gut findet: "Das ist die Einstellung, die wir sehen wollen. Wenn man jemandem im Kader hat, den die anderen als Messlatte nehmen können", sagte Coleman. "Spieler wie Gareth schrecken vor keiner Herausforderung zurück. Sie denken, dass sie immer gewinnen. Das ist die Einstellung, mit der man etwas erreicht", fügte er hinzu.

Mit dem Titelgewinn in Frankreich dürfte es – ehrlich gesagt, auch wenn Bale das anders sieht – nichts werden und auch das Erreichen des Viertelfinales wird für Wales sehr, sehr schwer. Mit 80:1 beziffern die Buchmacher vor dem Turnierstart die Siegchancen der Waliser und ordnen das Team damit dem Kreis der Außenseiter zu. Das liegt natürlich nicht an Gareth Bale, sondern eher an seinen Mitspielern, die sich bis auf wenige Ausnahmen international noch keinen Namen haben machen können.

Sturm als Problemzone

Der Zweit-Bekannteste des Kaders ist noch Arsenals Aaron Ramsey, der im zentralen Mittelfeld die Fäden ziehen soll. Bale selbst ist im Nationalteam auch eher in der Mitte zuhause und nicht wie bei Real auf dem rechten Flügel, damit er besser ins Spiel einbezogen werden kann und mehr Bälle bekommt. In der Abwehr spielt Ashley Williams (Swansea) solide und im Mittelfeld stehen mit Joe Allen (Liverpool) und Andy King (Leicester) zwei erfahrene Leute zur Verfügung, die in ihren Klubs allerdings meistens nur Ersatz sind.

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Das große Problem der Waliser wurde auch schon in der Qualifikation deutlich – es ist der Sturm. Mit sieben Treffern war Gareth Bale der erfolgreichste Torschütze des Teams, kein anderer Spieler traf sonst mehr als zweimal. Denn die Angreifer Hal Robson-Kanu, Sam Vokes und Simon Church spielten allesamt in der vergangenen Saison in der zweiten englischen Liga – und damit weit vom bei einem großen internationalen Turnier geforderten Niveau entfernt.

"Wir alle kämpfen für den anderen auf dem Platz. Wir sind wie Brüder. Wir arbeiten für den anderen und würden wirklich buchstäblich alles geben für den Teamkollegen", erklärte Gareth Bale. "Together stronger" also. Aber am Ende wird es doch darauf hinauslaufen, dass aus der viel beschworenen Einheit der Waliser ein Spieler herausragt. Und wie der heißt, ist schon jetzt allen Beteiligten klar.

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