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Einst brachte er Özil und Co. zur Verzweiflung: Der verglühte Stern des Sotiris Ninis


HINTERGRUND

Knapp sieben Jahre später waren sie ganz oben, stemmten den WM-Pokal in die Höhe. Doch an jenem Tag Ende Juli 2007 platzte für Mesut Özil, Jerome Boateng und Benedikt Höwedes ein ganz großer Traum. Der Hauptverantwortliche dafür: ein gewisser Sotiris Ninis.

Obwohl zwei Jahre jünger als die meisten seiner Gegenspieler, wirbelte der damals 17-jährige Grieche die deutsche Auswahl im Halbfinale der U19-EM komplett durcheinander. Eiskalt schloss er zum 1:1 ab, legte per Kopfball-Geistesblitz zum 2:1 auf und war mit seiner Ecke auch Wegbereiter zum 3:2-Endstand für Griechenland kurz vor Schluss. Dank Ninis zogen die Hellenen ins Endspiel ein, Özil und Co. mussten die Heimreise antreten.

Zwölfeinhalb Jahre ist das jetzt her. Und eigentlich sollte Ninis heute, mit 29 im besten Fußballer-Alter, bei Real Madrid, bei Juventus Turin oder Bayern München eine Hauptrolle spielen. Stattdessen spielt der Mittelfeldmann aktuell gar keine Rolle mehr. Seit letzten Sommer ist er vereinslos, nachdem es beim israelischen Zweitligisten Hapoel Ashkelon nicht mehr weiter ging.

Ninis wurde in Albanien geboren, in einer Kleinstadt namens Himara, die traditionell viele Griechen beheimatet. So auch Ninis' Eltern, die allerdings bald in ihre Heimat zurückkehrten, wo der junge Sotiris in Athen zunächst für den kleinen Klub Apollon Smyrnis spielte. Mit 14 Jahren entdeckte ihn Panathinaikos, fortan wurde das Mega-Talent in der Akademie des 20-maligen griechischen Meisters ausgebildet.

Sotiris Ninis: Derbyheld mit 16

Und dort verlief der Ninis-Aufstieg rasant. Anfang 2007, gerade mal 16 Jahre alt, debütierte er bei den Profis, wurde sogar sofort Stammspieler. Besser noch: Nur einige Wochen nach seiner Premiere, immer noch mit 16, glänzte er beim 4:1-Sieg im Derby gegen AEK mit einem wunderschönen Volley-Tor und zwei Assists, darunter ein 40-Meter-Traumpass auf Andreas Ivanschitz. Ganz Europa sprach plötzlich vom "Next Big Thing" im europäischen Fußball, vom Wunderkind aus Athen.

Die Top-Klubs standen Schlange, vor allem das damals noch weitaus erfolgreichere Manchester United soll intensiv um Ninis geworben haben. Er wirkte immer ein bisschen so wie Lionel Messi, wenn er mit seinen flinken Haken und der perfekten Technik seine Kontrahenten stehen ließ wie Slalomstangen. Ja, er sah dabei sogar irgendwie so aus wie der Argentinier, dessen Stern beim FC Barcelona seinerzeit gerade richtig aufging.

ONLY GERMANY Sotiris Ninis Greece U19

Bei der U19-EM 2007 bestätigte Ninis den zahlreich für ihn erschienenen Scouts, dass er wirklich so gut war, wie sie gehört hatten. Obwohl der 3:2-Erfolg über Deutschland im Halbfinale der Höhepunkt blieb und die Griechen das Endspiel gegen Spanien mit 0:1 verloren, wurde Ninis zum besten Spieler des Turniers gewählt - wohlgemerkt als 90er-Jahrgang in einem Turnier, bei dem hauptsächlich Akteure aus dem 88er-Jahrgang kickten.

Doch Ninis entschied sich dagegen, jetzt schon zu einem ganz großen Verein zu wechseln, blieb in Athen. Rückblickend wahrscheinlich ein Fehler. Denn der neue Panathinaikos-Trainer Jose Peseiro, der im Sommer 2007 von Ninis-Förderer Victor Munoz übernahm, setzte nicht mehr auf den kleinen Wirbelwind. 

Sotiris Ninis: Erste Rückschläge

Ninis machte 2007/08 nur acht Spiele in der ersten Mannschaft, die meisten davon als Joker. Zwar debütierte er im Mai 2008 unter Otto Rehhagel für die A-Nationalmannschaft - statt zur EM in Österreich und der Schweiz, für die er ein Jahr zuvor noch als Griechenlands großer Hoffnungsträger auserkoren worden war, fuhr er wenig später aber nur zur U19-EM. Die erste große Enttäuschung in Ninis' Karriere.

Doch er rappelte sich auf, bei Panathinaikos lief es unter Trainer Henk ten Cate wieder deutlich besser. Und die Saison 2009/10 sollte Ninis' beste werden, er führte Panathinaikos zur Meisterschaft, glänzte auch international. Djibril Cisse, der 2009 aus Marseille nach Athen gekommen war und zuvor immerhin unter anderem zwei Jahre lang beim FC Liverpool gespielt hatte, bezeichnete Ninis als besten Spieler, mit dem er je zusammengespielt hatte. 

Und nachdem Ninis im Rückspiel der Europa-League-Zwischenrunde die Roma mit einem Tor und zwei Assists quasi im Alleingang erledigt hatte, lobte Cisse: "Er ist fantastisch. Heute hat er gezeigt, warum er die Zukunft des griechischen Fußballs ist." Ninis war damals immer noch erst 19, wieder standen ihm vermeintlich alle Türen offen. 

Doch nachdem er zur WM 2010 zwar mit durfte, diese mit zwei Kurzeinsätzen und dem Vorrunden-Aus aber enttäuschend verlief, kam Ninis nie wieder so richtig auf die Beine. Auch Verletzungen warfen ihn zurück, in der Saison 2010/11 war er bei Panathinaikos kein Stammspieler mehr. Im Jahr danach lief es noch schlechter, vielleicht mehr aus der Verzweiflung heraus entschied sich Ninis 2012 dann doch für einen Wechsel in eine große europäische Liga. Auch in Parma blieb ihm der Durchbruch aber verwehrt.

Seit dem Abschied aus Parma im Sommer 2013 entwickelte sich Ninis nur noch zum meist erfolglosen Wandervogel: PAOK Saloniki, vereinslos, Rückkehr zu Panathinaikos, Charleroi, Mechelen, Maccabi Petah Tikva, schließlich Hapoel Ashkelon. Nirgendwo klappte es so richtig.

Seit letzten Sommer steht der mittlerweile 29-Jährige nun ohne Verein da. Mesut Özil, Jerome Boateng und Benedikt Höwedes werden sich wahrscheinlich noch dunkel an diesen überragenden Kicker erinnern, der sie bei der U19-EM zur Verzweiflung brachte. Was aus ihm geworden ist, werden sie aber kaum wissen.

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