HINTERGRUND
"Ich bin hier der, der in der niedrigsten Liga spielt", sagt Constantin Tschernig bei DAZN. Er ist 17, kickt in der Jugend des FT Starnberg. An eine Profikarriere auf herkömmlichem Wege glaubt er nicht mehr so recht. Vielleicht schafft er es über einen Umweg aber doch noch. Über den Umweg USA.
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Soccerships bietet unter anderem ihm die entsprechende Perspektive. Das Unternehmen, das Jan Driessen, einst Torhüter im Nachwuchs von Schalke 04, im Jahr 2010 gegründet hat, bietet jungen Spielern die Möglichkeit, an einen Studienplatz an einem College oder einer Universität in den USA zu kommen, finanziert durch das von Soccerships organisierte Fußball-Stipendium.
"Nirgendwo kann man Studieren und Sport so gut verbinden wie an einem US-College", sagt Dermot McGrane, einer der Coaches, die vor einigen Wochen aus den USA nach München eingeflogen waren, um am jährlichen Sichtungstag die fußballerische Eignung der Anwärter um Constantin Tschernig zu testen. Es gibt sportliche Leistungstests und ein Spiel, das sogenannte "Showcase", aber auch akademische Tests, bei denen die Persönlichkeit der Jungs unter die Lupe genommen wird. Die College-Eignung über entsprechende Zeugnisse ist ohnehin Pflichtprogramm.
"Beim American Football schauen teilweise über 115.000 Menschen bei einem College-Spiel zu. Das ist vergleichbar mit Profisport", führt McGrane aus, der am Canisius College in Buffalo trainiert. Aussichten, die reizen - wenngleich die Dimensionen beim Fußball sicher nicht ganz so groß sind wie beim American Football.
Manuel Neuer unterstützt Soccerships als Markenbotschafter
Doch neben der sportlichen Säule des Stipendiums winkt eben auch die Auslandserfahrung in den USA, Dinge wie Persönlichkeitsentwicklung und natürlich auch Bildung stehen ebenso im Vordergrund. Das betont auch McGrane: "Deine Karriere als Sportler ist kurz, danach hast du wahrscheinlich noch 30 oder 35 Arbeitsjahre vor dir. Deinen College-Abschluss wirst du also irgendwann nutzen, der ist niemals umsonst."

Manuel Neuer ist am Tag des "Showcase" auch im Hans-Bayer-Stadion in Unterschleißheim bei München. Der deutsche Nationalkeeper vom FC Bayern ist Markenbotschafter von Soccerships, kennt Gründer und CEO Driessen aus gemeinsamen Tagen in der Jugend von S04.
Er hält viel von der Idee hinter Soccerships: "Ich habe früher viele Kollegen und Freunde gehabt, die die Schule abgebrochen haben und habe gesehen, wo der eine oder andere davon später gelandet ist. Zu früh alles auf den Fußball zu setzen, ist nicht immer der beste Weg. Daher denke ich, dass so eine Möglichkeit für so Manchen genau das Richtige ist", sagte Neuer zu DAZN.
Viele der Jungs, die sich über Soccerships für ein Fußball-Stipendium empfehlen wollen, spielen in der Junioren-Bundesliga, haben aber wenig Aussicht, es auf Anhieb in den Profibereich zu schaffen. So wie Torge Witteborg etwa, der Anfang 2018 aus dem Nachwuchs des BVB zur U19 von Rot-Weiß Essen wechselte. In Deutschland würde er künftig wohl in der Ober- oder Regionalliga spielen. Vom sportlichen Niveau her ist der College-Fußball in den USA ähnlich einzustufen.
Über das College in die MLS
"Für mich war klar: Für die erste Liga ist mein Talent und auch das, was ich dafür gegeben habe, einfach zu wenig", sagt der 19-Jährige selbstreflektiert. Auch Witteborg hat die US-Profiliga im Hinterkopf: "Wenn es gut läuft, kann man in den MLS Draft kommen - und dann mal schauen. Es gibt ja genügend Beispiele dafür, dass dieser Weg möglich ist."
Das bekannteste Beispiel der jüngeren Vergangenheit ist Julian Gressel. Der 25-Jährige spielte in der Jugend lange bei Greuther Fürth, wurde dort mit 15 aber aussortiert und kickte dann bis zum Abitur bei unterklassigen Vereinen. Nach einem Jahr Regionalliga bei Eintracht Bamberg ging er 2013 zum Studieren in die USA, spielte am Providence College in Rhode Island Fußball, erhielt Anfang 2017 schließlich einen Vertrag bei Atlanta United, wurde Stammspieler - und gewann vergangenes Jahr unter Ex-Barca-Coach Tata Martino den MLS-Titel.
Einen ähnlichen Weg würde Constantin Tschernig sicherlich auch gerne einschlagen. Aus den ländlichen Nachwuchsligen Bayerns in den Profifußball. "Ich hoffe, über Soccerships erst einmal auf eine gute Ausbildung", sagt er und fügt etwas schüchtern an: "Der Funke Hoffnung, es in den MLS Draft zu schaffen, ist aber schon da."
