HINTERGRUND
Die sensationelle Geschichte des Robin Gosens vom 18-jährigen Hobbykicker, der in der A-Jugend trotz reichlich Restalkohol von einem Scout entdeckt wird, doch noch den Sprung zum Fußballprofi schafft und inzwischen deutscher Nationalspieler ist, ist mittlerweile hinlänglich bekannt. Im Frühjahr 2017 ging der damals 22-jährige Außenbahnspieler den wohl entscheidenden Schritt auf diesem Weg.
Rund um den Jahreswechsel von 2016 auf 2017 hatte der seinerzeit beim niederländischen Erstligisten Heracles Almelo angestellte Gosens von seinem damaligen Berater erfahren, dass Atalanta Bergamo Interesse an ihm anmeldet. Zwar standen die Leitungen dann knapp ein halbes Jahr still, aber "plötzlich riefen die Italiener wieder an, also schickte ich meinen Berater nach Bergamo", erzählte Gosens einst im Interview mit 11 Freunde. "Die Serie A, das klang wie ein Märchen!"
Sein Berater reiste also nach Italien, während Gosens selbst mit der Mannschaft von Heracles auf Saison-Abschlussfahrt nach Mallorca flog. In seiner dritten Eredivisie-Spielzeit hatte er zuvor 28 Spiele auf der linken Abwehrseite absolviert, unter anderem mit zwei Toren und fünf Vorlagen dazu beigetragen, dass Almelo auf einem soliden zehnten Platz landete.
Robin Gosens: "Ich hatte noch mit niemandem aus Bergamo gesprochen"
Den Urlaub auf Mallorca mit den Jungs hatte er sich also redlich verdient. "Am zweiten Tag stand ich in Badehose am Strand, plötzlich klingelte mein Telefon. Mein Berater sagte: 'Du musst jetzt sofort unterschreiben!'", erklärt Gosens. Er konnte es kaum glauben, war vollkommen verdutzt: "Ich selber hatte noch mit niemandem aus Bergamo gesprochen. Nicht mit dem Trainer, nicht mit dem Manager. Ich kannte die Stadt nicht, hatte das Trainingsgelände nicht gesehen."
Er war davon ausgegangen, dass sich sein Berater in Bergamo lediglich informieren würde, ob das Interesse Atalantas tatsächlich seriös sei und ob man ihm dort eine gute Perspektive bieten könnte. "Doch er wollte den Transfer unbedingt sofort eintüten. Wahrscheinlich hatte er eine nette Prämie für sich ausgehandelt.“
Getty ImagesGosens legte zunächst einfach auf und reagierte gar nicht auf die Ansage seines damaligen Agenten. "Eine Minute später rief mich der Sportchef von Almelo zu sich rüber, er war mit uns Spielern auf Malle. Ich stapfte zu ihm durch den Sand, er guckte mich verwundert an und sagte: 'Robin, wir sind uns mit Atalanta einig, du kannst unterschreiben!‘“ Mit diesem Moment wurde Gosens klar: "Ich bin für die meisten in diesem Geschäft nur ein Objekt, mit dem sich Geld verdienen lässt. Der Verein wollte auch nur die Ablösesumme kassieren.“
Gosens: "Ich ging ran und hörte 'Ciaaaoo Robin!'"
Gosens machte sich daraufhin rar und trennte sich nach der Rückkehr aus Mallorca umgehend von seinem Berater, hakte den Wechsel zu Atalanta zudem eigentlich schon ab. Bis ihn ein paar Tage später wieder ein Anruf erreichte, von einer italienischen Nummer: "Ich ging ran und hörte: 'Ciaaaoo Robin!‘ Danach sprach ein Mann auf Italienisch, ich verstand kein Wort. Irgendwann merkte er, dass ich ihm nicht folgen konnte, also sagte er: 'I give you wife!‘ Und dann telefonierte ich mit der englisch sprechenden Frau von Atalantas Sportchef. Der hatte mich persönlich angerufen, weil er von meinem Berater nichts mehr gehört hatte.“
Der Sportchef und dessen Frau überzeugten Gosens letztlich also doch noch davon, sich die Sache mit Atalanta noch einmal genauer anzuschauen, luden ihn nach Bergamo ein. "Also flog ich zusammen mit meinem Vater zum letzten Meisterschaftsspiel nach Bergamo und hatte dort ein wunderschönes Wochenende."
So wunderschön, dass Gosens einen Vertrag bei Atalanta unterschrieb - und sich nach Startschwierigkeiten im ersten Jahr längst zu einem der Schlüsselspieler des Teams entwickelt hat, kommende Saison zum dritten Mal in Folge Champions League mit Bergamo spielen wird. Gut also, dass Atalantas Sportchef damals seine Frau ans Telefon holte.


