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PSG - Fragen und Antworten nach dem Champions-League-Aus gegen Real Madrid: Vom eigenen Dämon geschlagen

Paris Saint-Germain ist gegen Real Madrid auch im zehnten Versuch seit dem Einstieg der Investoren aus Katar daran gescheitert, die Champions League zu gewinnen. Das Aus im Achtelfinale wird Spuren bei PSG hinterlassen. Die Fragen und Antworten.

PSG nach CL-Aus: Droht Paris nun ein personeller Aderlass?

Nachdem in den vorherigen Wochen viele Gerüchte aus unterschiedlichen Ländern mehrfach darauf hindeuteten, dass PSG im Sommer ein größerer Umbruch bevorsteht, dürfte das Aus im Santiago Bernabeu dahingehend nun für endgültige Klarheit gesorgt haben. Auch im zehnten Versuch seit dem Einstieg der Investoren aus Katar ist es den Parisern nicht gelungen, die über allem stehende Champions League zu gewinnen.

Nachdem er in den vergangenen Monaten ein klares Bekenntnis zu PSG vermieden hat, wird ein Abgang von Kylian Mbappe beispielsweise unumgänglich geworden sein. In seinen fünf Jahren in der französischen Hauptstadt ist der Stürmer nun dreimal bereits im Achtelfinale der Königsklasse ausgeschieden.

Es ist extrem schwer vorstellbar, dass sich der 23-Jährige mit dieser Bilanz zufrieden geben wird - nachdem er im Sommer 2021 ohnehin gerne zu Real Madrid gewechselt wäre. Doch PSG schlug die Offerte der Königlichen, die dem Vernehmen nach 170 Millionen Euro plus zehn Millionen an Bonus schwer war, auch mit der internen Begründung aus, dass die Chance auf den CL-Sieg mit Mbappe größer sei. Mbappe wird nach der Art und Weise des Ausscheidens gegen seinen präferierten nächsten Arbeitgeber nicht vor Überzeugung strotzen, dass das sportliche Projekt der Pariser in naher Zukunft seinen Ambitionen noch gerecht werden kann.

Dazu haben weitere Stars eine unklare Perspektive. Vor allem die Ü30-Fraktion um Spieler wie Angel Di Maria (34), dessen im Sommer auslaufender Vertrag nicht verlängert werden soll, Torwart Keylor Navas (35), Idrissa Gueye (32) oder Sergio Ramos (35) steht auf der Kippe.

Sergio Ramos PSGGetty Images

PSG: Zukunft von Sergio Ramos ungewiss

Besonders das Kapitel Ramos ist ein dunkles, denn der langjährige Kapitän von Real Madrid kam aufgrund zahlreicher Verletzungen erst auf 283 Pflichtspielminuten für PSG. "Als wir ihn unter Vertrag genommen haben, war Ramos körperlich fit. Leider ist das, was wir wollten, nicht eingetreten. Aber abwarten - die Saison ist noch nicht vorbei", sagte Sportdirektor Leonardo kürzlich der L'Equipe. "An dem Tag, an dem wir sagen, dass er nicht mehr spielen kann, herrscht für alle Seiten Klarheit. Das ist nicht der Fall. Wenn er nicht spielen kann, wird es für ihn schwierig, ein Anführer zu sein."

Man wolle bei Ramos zwar weiter abwarten, "bevor wir Schlussfolgerungen ziehen", doch nach einer Saison ohne Spielpraxis und echte Integration ins Team steht der Spanier, bis 2023 unter Vertrag, nicht für einen Neuanfang.

Neymar hat erst im Februar die 30 Jahre geknackt, der Punch in wichtigen Spielen ist dem Brasilianer aber schon zuvor immer mehr abgegangen. Er hat an Tempo verloren, seine Dribblings sind weniger effektiv geworden und dazu bleibt sein Defensivverhalten weiterhin ein Graus. Gegen Real war er es, der vor dem 1:2 den Ball verlor.

PSG nach CL-Aus: Weiter mit einem Bling-Bling-Kader

"Ich habe nicht mehr die mentale Stärke, um im Fußball weiterzumachen", sagte Neymar bereits in einem Interview mit DAZN und erklärte darin, dass die WM in Katar wohl seine letzte werde. Außerdem liebäugelte er öffentlich mit einem Wechsel in die MLS, da man dort drei Monate Urlaub im Jahr habe.

Am Ende wird es auf die Entscheider aus Katar ankommen, ob sie strategisch weiterhin mit einem Bling-Bling-Kader aus zahlreichen hochdekorierten Individualisten vorankommen möchten oder erstmals weniger auf Namen schauen, um eine erfolgreiche Mannschaft zu bauen. Es wäre längst Zeit für ein Umdenken.

PSG nach CL-Aus: Wie geht es mit Mauricio Pochettino weiter?

Im Gegensatz zu einer möglichen neuen Kaderstruktur wird relativ sicher sein, dass Mauricio Pochettino in der neuen Saison nicht mehr PSG-Trainer sein wird. Der Argentinier hat nun das Aus in der Champions League sowie im Pokal zu verantworten, alle anderen möglichen Titel sind in Paris zu nicht mehr als Stückwerk verkommen. Damit wird sich Pochettino nicht retten können.

Doch das will er auch gar nicht. Nach Informationen von GOAL und SPOX würde Pochettino gerne neuer Trainer von Manchester United werden, wo er auch Wunschkandidat ist. Sein Vertrag in Paris ist noch bis 2023 datiert, als möglicher Nachfolger ist mit Zinedine Zidane zwar erneut ein schillernder Name im Gespräch, aber auch ein Coach, der mit Real dreimal in Folge die Königsklasse gewann (2016 bis 2018).

Dass Pochettino selbst bei einem Weiterkommen in der CL wohl keine Zukunft an der Seine gehabt hätte, bringt mal wieder Leonardo ins Spiel. Der mächtige Sportdirektor ist nach seiner Rückkehr zu PSG im Sommer 2019 bereits mit Thomas Tuchel aneinander geraten. Selbiges soll auch mit Pochettino geschehen sein, besonders Unstimmigkeiten in der Transferpolitik spielen dabei eine große Rolle.

"Wir sollten nicht alles in die Tonne kloppen. Wir sollten nicht nach jeder Niederlage wieder bei Null anfangen", sagte Leonardo am Mittwochabend in Madrid. "Unser Ziel ist es, die Champions League zu gewinnen, und bis zur Halbzeit waren wir gut dabei. Wir müssen versuchen, diese Mannschaft zu verbessern und die Moral zu bewahren, um die Saison gut zu beenden." Mit Blick auf den Trainer äußerte Leonardo: "Wir sollten zusammenbleiben. Pochettino ist immer noch Teil des Projekts für diese Saison. Es ist nicht die Zeit, darüber nachzudenken."

PSG wird vom Dämon Champions-League-Sieg geschlagen

Die drei vielsagenden Worte "für diese Saison" dürften dabei der entscheidende Hinweis sein, wie es um Pochettinos Zukunft bestellt ist. Allerdings müssen auch Leonardo und die Bosse stark hinterfragen, ob der sture Blick auf den CL-Gewinn nicht mittlerweile ein zu großer Hemmschuh für die Mannschaft geworden ist.

Real war in beiden Partien lange Zeit nicht das bessere Team oder hat PSG gar auseinander gespielt. Vielmehr wurde nicht zum ersten Mal deutlich, dass die Pariser eher vom über ihnen schwebenden Dämon Champions-League-Sieg geschlagen wurden. Dieser wirkt dabei mit jedem weiteren Versuch immer stärker auf die Truppe ein, so dass es fast schon egal zu sein scheint, wer ihr Trainer ist.

Als die Madrilenen nach dem Ausgleich aufkamen, waren unmittelbar Intensität und Leidenschaft bei PSG weg. Stattdessen schlichen sich eine Unsicherheit und Fassungslosigkeit über das Geschehene ein, die die Spieler vollkommen zu lähmen schienen. Paris hatte im Grunde schon zu einem Zeitpunkt kapituliert, als Karim Benzema sein drittes Tor noch gar nicht geschossen hatte.

Gianluigi Donnarumma Real Madrid PSG Champions LeagueGetty

PSG nach CL-Aus: Wie reagieren nun die Bosse aus Katar?

Für die Pariser Investoren von Qatar Sports Investments ist 2022 ein enorm bedeutsames Jahr. Seit dem 2. Dezember 2010 steht fest, dass im kommenden Winter die WM in Katar ausgetragen wird. Alle Unternehmungen der Kataris hatten dieses Jahr als Ziel, um das Land und die Marke Katar rechtzeitig zum Turnier in einem positiven Licht erscheinen zu lassen.

Dass nun ausgerechnet das erneute Scheitern in der Champions League im Vordergrund steht und bald wohl auch Kylian Mbappe dem Verein - oder besser gesagt, dem Unternehmen - den Rücken kehrt, dürfte für die Scheichs nicht weit von einem Super-GAU entfernt sein. Zumal es auch eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt, dass das abermals vorzeitige Aus in der Königsklasse mehr Häme und Spott in der Fußballwelt auslöste als jedwede andere Emotion.

Sollten sich darüber hinaus die schweren Vorwürfe hinsichtlich des Verhaltens von PSG-Boss Nasser Al-Khelaifi und Leonardo nach der Partie in Madrid bestätigen, dürften ihnen weitreichende Sperren drohen und das PR-Desaster nicht geringer werden lassen. Leonardo beispielsweise wurde bereits 2013 während seiner ersten Amtszeit in Paris vom französischen Fußballverband für neun Monate gesperrt, weil er nach einer Begegnung gegen Valenciennes den Schiedsrichter in den Katakomben angerempelt hatte.

Ist die Illusion für den Emir von Katar nun geplatzt?

Al-Khelaifi, noch dazu Mitglied des UEFA-Exekutivkomitees, steht ohnehin im Fokus Schweizer Ermittlungsbehörden und der Staatsanwaltschaft. Die will im schon zweiten Anlauf eine Haftstrafe für ihn erwirken. Dabei geht es um Al-Khelaifis Rolle rund um die TV-Rechte-Vergabe für die Weltmeisterschaften 2018 bis 2030. Nachdem Al-Khelaifi vor anderthalb Jahren von einem 2017 angestrengten Strafverfahren frei gesprochen wurde, drohe ihm nun laut L'Equipe wegen "Anstiftung zu schwerer untreuer Geschäftsführung" 28 Monate Haft.

Die Urteile bleiben für den Moment genauso abzuwarten wie die Antwort auf die Frage, ob für Scheich Tamim bin Hamad al-Thani, den Emir von Katar, nun endgültig die Illusion geplatzt ist, sich sportliche Erfolge erkaufen zu können. Das sollte man allerdings stark bezweifeln.

Im Idealfall sieht man bezogen auf PSG ein, dass das Projekt gescheitert ist, mit einer ausschließlich nach Namen zusammengekauften Mannschaft siegreich sein zu wollen. Was Paris stattdessen benötigt, ist ein fußballerisch funktionierendes Gebilde, das kontinuierlich eine vorgegebene Identität und weiche Werte wie Teamgeist, Leidenschaft und Gier ausstrahlt - denn dies haben andere Vereine den Parisern, gerade in den K.o.-Spielen, meist voraus.

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