GER ONLY PSG 2020Imago Images / Xinhua

PSG - Paris Saint-Germain in der Kaderanalyse: Irgendeiner schmollt immer


HINTERGRUND

Tanguy Nianzous Wechsel zum FC Bayern war ein schwerer Schlag für Thomas Tuchel. Der PSG-Trainer ist vor allem mit seiner Abwehr nicht zufrieden. Die Ära der deutschen Spieler beim französischen Serienmeister neigt sich dem Ende entgegen, Julian Draxler hat keine Zukunft mehr in Paris. Im Sturm geht es für Tuchel weiter darum, die Superstars zufriedenzustellen.

Tor

Personal: Alphonse Areola (Vertrag bis 2023), Keylor Navas (bis 2023), Marcin Bulka (bis 2021), Garrisone Innocent (bis 2023), Denis Franchi (bis 2022).

Fragezeichen: Areola, Innocent, Marcin Bulka.

Kandidaten: -

Situation: 

Alphonse Areola wird nach dem Champions-League-Turnier und nach einem - eigentlich erwartungsgemäß - enttäuschenden Jahr bei Real Madrid zurück nach Paris kehren. Vergangenen Sommer war er Leidtragender des Torwarttauschs zwischen PSG und Real Madrid geworden: Paris hatte Stammkeeper Areola an Real verliehen und im Gegenzug Keylor Navas verpflichtet. Der wiederum hatte keine Lust gehabt, bei Real die Nummer 2 hinter Neuzugang Thibaut Courtois zu sein. Das übernahm dann gezwungenermaßen Areola.

Neun Pflichtspiele für die Königlichen in der abgelaufenen Saison, dazu noch drei für PSG vor seiner Ausleihe, dürften aber weder den eigenen Ansprüchen genügen, noch dem 27-Jährigen bei seinen Nationalmannschaftsambitionen helfen.

Alphonse Areola Real Madrid 2019-20Getty ImagesQuelle: Getty Images

An der Torhüter-Hierarchie bei PSG sollte sich aber auch nach Areolas Rückkehr nichts ändern: Keylor Navas ließ sich wenig zu Schulden kommen in der vergangenen Saison, er ist weiter die Nummer 1. Areola kann bei einem entsprechende Angebot gehen. Allein: Der Markt dürfte für den Schützling von Berater Mino Raiola nicht sehr groß sein, zumindest wenn er weiter bei einem absoluten Top-Klub unter Vertrag stehen möchte.

ABWEHR:

Personal: Marquinhos (bis 2024), Prensel Kimpembe (bis 2024), Abdou Diallo (bis 2024), Loic Mbe Soh (bis 2021), Timothee Pembele (bis 2021), Juan Bernat (bis 2021), Layvin Kurzawa (bis 2024), Mitchel Bakker (bis 2023), Thilo Kehrer (bis 2023), Colin Dagba (bis 2024).

Fragezeichen: Thiago Silva (Sein Vertrag läuft 31.8. aus, was danach ist, steht in den Sternen), Diallo, Bernat.

Kandidaten: Milan Skriniar (Inter), David Alaba (Bayern), Nordi Mukiele (Leipzig), Evan N'Dicka (Frankfurt), Lucas Hernandez (FC Bayern)

Situation: 

Obwohl zuletzt vor allem das uninspirierte Offensivspiel der Pariser beim französischen Pokal- und Ligapokalfinale in der Kritik stand, ist wie bei vielen anderen europäischen Top-Vereinen auch bei PSG in diesem Sommer die Defensive die größte Baustelle.

Thiago Silvas Ära wird nach acht Jahren Paris zu Ende gehen. PSG soll dem Vernehmen nach nicht vorhaben, den Vertrag noch einmal zu verlängern. Die Leistungen des Brasilianers ließen zwar auch in seiner letzten Saison nicht nach, jedoch wird er im September 36. PSG würde das Abwehrzentrum lieber Jüngeren anvertrauen. Nur, falls keine echte Verstärkung gefunden wird, könnte er noch einmal einen stark leistungsbezogenen Einjahresvertrag erhalten.

So richtig glücklich ist Trainer Thomas Tuchel mit keinem seiner Innenverteidiger. Dass sich Tanguy Nianzou zum Wechsel zum FC Bayern entschieden hat, war ein schwerer Schlag für Tuchel: das Eigengewächs war als Stammspieler vorgesehen. Jedoch drängen noch Thimothee Pembele (17) und Loic Mbe Soh (19) aus der eigenen Akademie in den Kader.

Thilo Kehrer PSGGettyQuelle: Getty Images

Am ehesten Chancen auf einen echten Stammplatz in der Innenverteidigung dürfte Presnel Kimpembe haben. Der 24-Jährige ist spielintelligent und technisch stark, aber immer wieder für einen Fehler gut. Marquinhos sieht Tuchel eher im defensiven Mittelfeld als in der Innenverteidigung. Der Ex-Dortmunder Abdou Diallo konnte bis zu seiner Verletzung auch nicht immer überzeugen. PSG sucht daher nach mindestens einem, eher zwei Innenverteidigern. Inters Milan Skriniar ist momentan der aussichtsreichste Kandidat, Bayerns Lucas Hernandez und David Alaba dürften Wunschträume bleiben.

Auch auf den Außenverteidigerpositionen ist PSG nicht ideal aufgestellt. Links wird es hinter Juan Bernat, den seit Monaten Wadenprobleme plagen, dünn. "Seine Rückkehr ist absolut notwendig. Er ist in der Lage, Lösungen zu finden und mit dem Ball Pressingsituationen aufzulösen. Er ist ein außergewöhnlicher Spieler", sagte Tuchel nach dem Sieg im Ligapokal gegen Lyon vergangenen Freitag (6:5 im Elfmeterschießen). Jedoch wird der Ex-Bayer laut übereinstimmenden spanischen Medienberichten mit Klubs aus der Heimat in Verbindung gebracht.

Rechts reißt Thomas Meuniers Abgang nach Dortmund eine große Lücke. Der frühere Schalker Thilo Kehrer war erst lange verletzt und spielte danach auch keine Hauptrolle mehr. Er dürfte in der kommenden Saison, wenn Paris Julian Draxler verkauft bekommt, dennoch der einzige verbliebene deutsche Spieler (von einstmals vieren) bei PSG sein.

Zuletzt spielte der eigentliche Linksverteidiger Layvin Kurzawa rechts. Bizarr - und ein Zeichen für die Nöte der Pariser: Sportdirektor Leonardo hatte Anfang Juni schon den Abschied des 27-Jährigen verkündet. Keine zwei Wochen später - und nach dem Scheitern der Vertragsverhandlungen mit Alex Telles vom FC Porto - verlängerte Kurzawa um weitere vier Jahre. Als Neuzugang für hinten rechts sind unter anderem Leipzigs Nordi Mukiele und Brügges Krepien Diatta im Gespräch. Von Bayerns Benjamin Pavard mag PSG träumen, mehr wird da nicht draus werden.

MITTELFELD

Personal: Idrissa Gueye (bis 2023), Leandro Paredes (bis 2023), Marco Veratti (bis 2024), Ander Herrera (bis 2024), Kays Ruiz-Atil (bis 2021), Julian Draxler (bis 2021).

Fragezeichen: Draxler

Kandidaten: Matteo Guendouzi (Arsenal), Sergej Milinkovic-Savic (Lazio), Thiago (FC Bayern)

Situation: 

Seit 2012 ist Marco Verratti (27) bei PSG, der Italiener war einer der ersten Transfers mit Weitblick in der katarischen Ära des Klubs und ist auf dem besten Weg zum Rekordspieler. Egal, wer gerade PSG-Trainer war und egal, wie PSG gerade spielte, der zentrale Mittelfeldspieler Verratti stand eigentlich immer auf dem Platz. Daran wird sich nichts ändern.

Mit Marquinhos (26), eigentlich Innenverteidiger, Idrissa Gueye (30), Leandro Paredes (26) und Verratti hat Tuchel für seine offensive 4-3-3-Grundordnung vier ungemein effektive, spielintelligente und passsichere, jedoch recht defensiv agierende Mittelfeldspieler, die keinen internationalen Vergleich zu scheuen brauchen. Lediglich ein wenig mehr Kreativität könnte dem Pariser Mittelfeld gut tun.

Bayerns Thiago, Arsenals Jungstar Matteo Guendouzi (21) und Lazios Sergej Milinkovic-Savic (25), die als Zugänge gehandelt werden, könnten dieses Element hinzufügen. Jedoch ist der Konkurrenzkampf der Zentralen jetzt schon groß, vor allem Gueye beschwerte sich schon über seine Einsatzzeiten.

Matteo Guendouzi Arsenal 2019-20Getty ImagesQuelle: Getty Images

Hauptaufgabe des PSG-Mittelfelds bleibt aber, den drei bis vier Stürmern auf dem Platz die Räume freuzuspielen und die Rücken zu sichern. Was nicht bei allen Kommentatoren in Frankreich gut ankommt. Die Kritik: Sobald die Stürmer nicht richtig funktionieren, fehle es PSG zu oft an Lösungsideen.

Julian Draxlers Tage bei PSG scheinen gezählt, im 4-3-3 ist für den Ex-Schalker kaum Platz im System und selbst in der 4-4-2-Grundordnung, der zweiten PSG-Standardformation, spielten meist andere auf den Flügeln. Draxler darf bei entsprechendem Angebot gehen, noch hat Hertha BSC aber nicht den entscheidenden Schritt gewagt.

STURM:

Personal: Neymar (bis 2022), Jese (bis 2021), Angel di Maria (bis 2021), Pablo Sarabia (bis 2024), Kylian Mbappe (bis 2022), Mauro Icardi (bis 20024), Arnaud Kalimuendo (bis 2022).

Fragezeichen: -

Kandidaten: Matheus Cunha (Hertha), Marcus Rashford (United), Douglas Costa (Juventus)

Situation: 

Kylian Mbappe, Mauro Icardi, Neymar, Angel di Maria, Pablo Sarabia und bis Ende Juni noch Edison Cavani bei Laune zu halten, dürfte für keinen Trainer dieser Welt einfach sein. Alle PSG-Stürmer sind auf ihre Art genial, alle sind nicht ganz pflegeleicht. Irgendeiner von ihnen schmollt eigentlich immer - und oft auch unabhängig davon, ob er spielt oder nicht.

Cavanis Vertrag wurde nicht verlängert. Eine Sorge weniger für Tuchel. Zudem wirkt Neymar, die größte Diva unter den Pariser Stürmerdiven, immerhin seit ein paar Wochen für seine Verhältnisse recht ausgeglichen und ganz glücklich in Paris. Womöglich hat auch er verstanden, dass er in diesem Coronasommer ganz sicher nicht zurück zum FC Barcelona wechseln wird.

Das eigentliche Herz des Pariser Sturms ist aber Kylian Mbappe. Dass er wegen seiner Knöchelverletzung auch noch mindestens das Champions-League-Viertelfinalspiel gegen Atalanta Bergamo verpassen wird, schmerzt Tuchel besonders.

2019-04-21-tuchel-mbappe(C)Getty ImagesQuelle: Getty Images

Sollte Rechtsaußen Sarabia (28) den Klub verlassen - er schmollte vor dem Lockdown auffallend laut - könnte Ex-Bayer Douglas Costa noch einmal ein Thema werden für PSG.

Tuchel setzt, je nach Grundordnung, mindestens drei, oft auch vier der oben genannten Stürmer ein, der Ex-Bundesligaspieler Eric Maxim Choupo-Moting durfte in der noch laufenden Saison wettbewerbsübergreifend immerhin noch neun Spiele machen, sein auslaufender Vertrag wird nicht verlängert.

Dass Herthas Matheus Cunha (21) auf dem Pariser Wunschzettel gelandet sein soll, ist angesichts von Cunhas Fähigkeiten am Ball nachvollziehbar. Angesichts des Konkurrenzkampfs in Paris sollte sich Cunha aber genau überlegen, ob er in Berlin nicht lieber weiter als Marcelinho der Neuzeit gefeiert werden möchte.

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