HINTERGRUND
Geld oder Moral - der ewige Zwiespalt des globalen Profifußballs ist zumindest in England sogar während der Corona-Zwangspause aktueller denn je. Denn nun schickt sich auch noch der letzte arabische Global Player Saudi-Arabien an, in der Premier League mitzumischen, und steht bei Newcastle United zur Übernahme der Mehrheit bereit.
Kronprinz Mohammed bin Salman ist es wohl schon länger ein Dorn im Auge, dass sich sein politischer Erzrivale Katar mit Paris St. Germain und auch die Vereinigten Arabischen Emirate mit Manchester City im Glanze des Erfolges sonnen können und damit ihr Image immer positiver beeinflussen. Und will sich daher den Deal knapp 340 Millionen Euro kosten lassen.
Newcastle United: Übernahmepläne des saudischen Kronprinzen sorgen für Aufschrei
Sollte die Ligaführung diesem Angebot zustimmen, wäre das für Amnesty International (AI) ein verheerendes Signal. Im Falle einer Genehmigung, heißt es in einem Brief der Menschenrechtsorganisation an Ligaboss Richard Masters, riskiere die Liga, "zum Handlanger eines diktatorischen Regimes zu werden, das seine katastrophale Menschenrechtsbilanz durch Sport reinwaschen will".
Doch der junge Monarch hat mit dem sogenannten "Sportwashing" längst begonnen, "Vision 2030" heißt dieses Projekt etwas euphemistisch. In den vergangenen Monaten fanden in der Hauptstadt Dschidda bereits das Finale um den spanischen Supercup, ein ATP-Tennisturnier und eine Box-Weltmeisterschaft im Schwergewicht statt.
Spektakuläre Events, deren Strahlkraft die Verfolgung von politischen und sexuellen Minderheiten im Wüsten- und Ölstaat ebenso überdecken soll wie auch die nahezu weltweit geächtete Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi. Nach einer AI-Statistik richteten die Saudis 2019 184 Menschen hin, ein trauriger Todes-Weltrekord.
Übernahme von Newcastle United könnte am Veto von katarischem TV-Sender scheitern
Aber während die Proteste von Menschenrechtlern eher ungehört verhallen dürften, könnte das Geschäft zwischen dem saudischen Staatsfond und dem aktuellen Klubbesitzer Mike Ashley durchaus noch am Veto von beIN SPORTS scheitern. Denn dem Pay-TV-Sender aus Katar ist durch den Piratensender beoutQ, der dank Unterstützung aus Saudi-Arabien illegal Partien der Premier League kostenfrei und unverschlüsselt im arabischen Raum verbreitet, ein höchst unerwünschter Rivale in die Quere gekommen.
"Es ist keine Übertreibung zu sagen, dass so das zukünftige wirtschaftliche Modell des Fußballs auf dem Spiel steht", erklärte Großbritanniens BeIn-SPORTS-Geschäftsführer Yousef al-Obaidly. Untersuchungen seitens der FIFA und der UEFA bestätigen mittlerweile das illegale Geschäftsgebaren von beoutQ.
Premier League: Newcastle-Anhänger träumen von der lang ersehnten Meisterschaft
Nur die Anhängerschaft des umworbenen Klubs, der seit fast einem Jahrzehnt in der Liga über die Rolle einer grauen Maus nicht hinauskommt und 2015 sogar für ein Jahr abstieg, ist gespalten. Zahlreiche Fans träumen von den Saudi-Millionen und der ersehnten Meisterschaft, die die "Magpies" (Elstern) zuletzt 1927 in den Norden Englands holten.
Aber auch die Vorbehalte gegenüber Ashley waren und sind groß. Denn dem Sportartikel-Milliardär gelang es binnen 13 Jahren nicht, den viermaligen englischen Meister an vergangene Erfolge anknüpfen zu lassen. Dazu passt der aktuelle Tabellenplatz: Rang 13, Mittelmaß pur.


