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Klopp-Schreck, Tuchel-Lehrling, U21 mit Kovacic: Das ist Türkgücü-Neuzugang Petar Sliskovic


HINTERGRUND

Ein lauer Frühjahrsabend im März 2011, Flutlichtambiente im Signal Iduna Park. Es läuft die 88. Minute der Bundesliga-Partie zwischen dem angehenden Meister Borussia Dortmund und dem 1. FSV Mainz 05, als die Gäste beim Stand von 0:1 auf dem rechten Flügel durchbrechen. Während BVB-Verteidiger Neven Subotic aufgrund eines Treffers in den Unterleib schmerzgeplagt auf dem Boden liegt, ignorieren die Nullfünfer jegliche Forderungen, den Ball ins Aus zu befördern. Wenige Sekunden später schlägt Marcel Risse eine Flanke in die unsortierte Dortmunder Abwehr und der kurz zuvor eingewechselte Petar Sliskovic netzt zum 1:1-Endstand.

"Dieses Tor vor 80.000 Leuten macht mich sprachlos", sagte der damals 20-Jährige anschließend über den vermeintlich bedeutendsten Treffer seiner Profi-Karriere. Während Sliskovic, der in der Spielzeit 2020/21 den Drittliga-Aufsteiger Türkgücü München bei der Mission Klassenerhalt unterstützen soll, seinen Ausgleichstreffer feierte, lieferten sich der damalige BVB-Coach Jürgen Klopp und Mainz-Trainer Thomas Tuchel angesichts der umstrittenen Entstehung eine verbale Fehde bei Sky.

"Für mich ist der ganze Jubel, und dass Ihr draußen überhaupt nichts gesehen haben wollt, das Problem. Ich wäre leicht beschämt gewesen in dieser Situation. Ganz bestimmt", schimpfte ein angefressener Klopp. Tuchel entgegnete: "Ich finde es Quatsch, den Moralischen zu geben, wenn ein Spieler von dir den Ball in den Unterleib bekommt. Das ist kein Foulspiel, und es liegt keine gesundheitliche Gefährdung vor. Ich finde es nicht okay, dass Du sagst, wir müssen uns dafür schämen."

GER ONLY Petar Sliskovic Andre Schürrle Mainz 19-03-2011imago images / Sven SimonQuelle: imago images / Sven Simon

Petar Sliskovic über Lehrmeister Thomas Tuchel: "Bin ihm sehr dankbar"

Sliskovic dürfte die Kontroverse herzlich egal gewesen sein, markierte der Treffer doch den nächsten Schritt seiner verheißungsvollen Entwicklung. Anderthalb Jahre zuvor brillierte der Angreifer bereits an der Seite von Andre Schürrle und Jan Kirchhoff in der Mainzer U19, die mit Thomas Tuchel - damals in der Funktion des Jugendtrainers - in der Saison 2008/09 die A-Juniorenmeisterschaft gewann.

Ein Jahr darauf folgte für Sliskovic die Beförderung in die zweite Mannschaft, weitere sechs Monate später wurde er dann im Januar 2011 von seinem ehemaligen Jugendcoach Tuchel in den Profikader berufen. "Ich hatte ihn insgesamt fünf Jahre als Trainer. Ich bin ihm sehr dankbar. Durch ihn habe ich einen anderen Blick auf den Fußball bekommen. Ich habe einiges mitgenommen aus dieser Zeit", sagte Sliskovic im Interview mit Zebra-TV über seinen Lehrmeister.

Im selben Jahr durfte der aus Sarajevo stammende Stürmer zudem fünfmal für die kroatische U21-Nationalmannschaft ran, wo er unter anderem mit Mateo Kovacic (heute Chelsea) und Marcelo Brozovic (heute Inter Mailand) auf dem Platz stand.

GER ONLY Petar Sliskovic Thomas Tuchel Mainz 16-08-2012imago images / Martin HoffmannQuelle:imago images / Martin Hoffmann

Dass sich der Kroate trotz seines Treffers im besagten BVB-Spiel anschließend nicht in der Mainzer Stammformation festspielen konnte, war unter anderem auch der Konkurrenz im Angriff geschuldet: An Sami Allagui und Adam Szalai war zu dieser Zeit nicht vorbeizukommen. Zudem häuften sich über die Jahre die verletzungsbedingten Pausen, die Sliskovic vermehrt zusetzten: "Ich hatte sehr viele Rückschläge in meiner Karriere, insgesamt sieben Operationen." Auch deshalb blieb es für ihn bis heute bei 15 Einsätzen in der höchsten deutschen Spielklasse.

Petar Sliskovic: "Meine Einstellung hat mich immer weitergebracht"

In der Saison 2011/12 (St. Pauli) sowie der Hinrunde 2012/13 (Dynamo Dresden) wurde Sliskovic leihweise abgegeben, allerdings brachte er es in anderthalb Jahren in der 2. Liga lediglich auf 19 Einsätze und er blieb dabei torlos. Anschließend gelang es ihm kaum, Rhythmus zu erlangen, was vor allem auf die zahlreichen Verletzungen und ständigen Wechsel zurückzuführen ist. Zwischen 2015 und 2019 war der Mittelstürmer für sechs verschiedene Klubs tätig. Trotzdem sagt er bis heute: "Meine Einstellung hat mich immer weitergebracht."

In der Rückrunde der Saison 2018/19 spielte sich der Kroate, der in der Winterpause von Viktoria Berlin zum VfR Aalen wechselte, wieder in den Fokus. Zwar konnte er mit Aalen den Abstieg aus der 3. Liga nicht verhindern, seine persönliche Bilanz von sechs Toren in 16 Spielen waren dem MSV Duisburg aber genug, den Kroaten zu verpflichten. 

GER ONLY Petar Sliskovic MSV Duisburg 01-02-2020imago images / MaBoSportQuelle: imago images / MaBoSport

Bei den Zebras war Sliskovic in der vergangenen Spielzeit gesetzt, absolvierte 26 Spiele für den Drittligisten und brachte es dabei auf fünf Torbeteiligungen (vier Tore, ein Assist). Eigentlich plante man beim MSV auch in der kommenden Saison mit dem mittlerweile 29-Jährigen: "Für uns war sein Verbleib bei uns nach dem vergangenen Samstag eigentlich klar", sagte Sportdirektor Ivica Grlic, schob allerdings nach: "In den vergangenen vier, fünf Tagen ist dann aber mit einem erneuten Angebot noch einmal Bewegung in die Sache gekommen, und wir haben uns dann nach vielen und intensiven internen Gesprächen entschieden, Petar abzugeben."

Türkgücü München verkündet "Wunschtransfer" von Petar Sliskovic

Besagtes Angebot erreichte die Duisburger aus München vom Drittliga-Aufsteiger Türkgücü, der Sliskovic von einem Transfer überzeugen konnte. "Türkgücü München hat sich sehr um mich bemüht und ich bin gespannt, was mich erwarten wird. Die Verantwortlichen haben bei mir einen sehr positiven Eindruck hinterlassen und wirken sehr hartnäckig und extrem motiviert. Ich möchte die in mich gesetzten Erwartungen erfüllen und mithelfen, dass wir uns als Aufsteiger in der starken dritten Liga schnell akklimatisieren und unsere Ziele erreichen", so Sliskovic über seinen neuen Arbeitgeber.

Auch wenn Sliskovic nach seinem fulminanten Einstand in der Bundesliga der große Durchbruch stets verwehrt blieb, dürfen sich Fans und Verantwortliche von Türkgücü auf einen vielversprechenden Neuzugang freuen. "Petar ist ein erfahrener Profi, der die Qualität in unserem Kader anheben und das Offensivspiel beleben soll. Wir sind sehr froh, dass wir diesen Wunschtransfer durchsetzen konnten", ließ Kaderplaner Roman Plesche auf der vereinseigenen Homepage verlauten.

Wer bereits den Zorn von Jürgen Klopp verspürt und ein Pfeifkonzert im Signal Iduna Park hautnah miterlebt hat, der dürfte allemal gestanden genug sein, um das ambitionierte Projekt des Münchner Klubs voranzutreiben.

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