HINTERGRUND
"Es war Perfektion." Claudio Pizarro schien sichtlich Gefallen an dem bunten Treiben gefunden zu haben, das sich ringsherum um ihn an diesem Samstag abgespielt hatte. "Es war etwas, das er niemals wieder vergessen wird", konstatierte der Peruaner circa eine Dreiviertelstunde, nachdem Per Mertesacker unter Tränen und Slaughterhouse-Klängen seine allerletzte Abschiedsrunde durch die Hannoveraner HDI Arena gezogen hatte.
Erlebe Europas Top-Ligen live und auf Abruf auf DAZN. Jetzt Gratismonat sichern!
Hier hatte Mertesackers Profikarriere so richtig begonnen, als er 2004 unter Trainer Ralf Rangnick und später unter Ewald Lienen zum Stammspieler bei Hannover 96 wurde.
Knapp zwei Stunden bevor sich Mertesacker zu seinem letzten Gang durch das Hannoveraner Rund aufmachte, übergab der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil dem ehemaligen Nationalspieler und Weltmeister kurz vor dem Anpfiff seines "Homecoming" die niedersächsische Sportmedaille. Explizit erwähnte Weil dabei, dass Mertesacker diese Auszeichnung nicht nur aufgrund seiner Verdienste auf, sondern gerade aufgrund derer neben dem Platz verdiene.
Wenger: "Was Mertesacker geleistet hat, ist hervorragend"
"Was er geleistet hat, ist hervorragend", sagte Trainerlegende Arsene Wenger deshalb und war mit seinen Lobeshymnen im Anschluss an das Abschiedsspiel zwischen Mertes 96-Freunden und Mertes Weltauswahl bei weitem nicht der Einzige. Jener Wenger sorgte in der 89. Minute für den Gänsehautmoment des Tages.
Als in dieser Minute ein letztes Mal die Auswechseltafel des Linienrichters in die Höhe schnellte, war auch dem Letzten der 40.096 Zuschauer klar: Hier geht ein ganz Großer - und das nicht nur bezogen auf das Gardemaß von 1,98 Meter des in Hannover geborenen Innenverteidigers. Wenger brachte Mertesackers Vater und Sohn Per verließ unter Standing Ovations das Feld.
Arsenal-Weggefährten und Michael Ballack bleiben Mertesacker-Abschied fern
Tatsächlich erinnerte vieles an diesem Samstag an "Perfektion", wie es Pizarro ausdrückte. Und das, obwohl zahlreiche zuvor angekündigte Weggefährten Mertesackers besonders aus dessen Zeit beim FC Arsenal nicht erschienen waren. Hector Bellerin, Laurent Koscielny und Santi Cazorla blieben der Veranstaltung ebenso fern wie Michael Ballack, der mit Mertesacker lange Jahre gemeinsam in der Nationalmannschaft gespielt hatte.
Während es durchaus üblich ist, dass aktive Profis trotz einer Länderspielpause etwaigen Spaßveranstaltungen fernbleiben, so überraschte dennoch die Abwesenheit des ehemaligen Nationalmannschaftskapitäns.
ImagoDieser hatte nur Tage zuvor durch ein Interview mit der Deutschen Welle auf sich aufmerksam gemacht, in dem er öffentlich seine Überraschung darüber kundtat, dass Bundestrainer Joachim Löw trotz des historisch schlechten Abschneidens bei der WM 2018 in Russland weiter im Amt bleiben durfte.
Nicht wenige witterten eine Retourkutsche, eine Art Revanche für die Vorgänge im Frühjahr 2011, als Philipp Lahm trotz der Wiedergenesung des einstigen "Capitanos" die Binde des Nationalmannschaftskapitäns behalten durfte. Ebenso hegten manche Anwesende den Verdacht, dass die kurzfristige Unpässlichkeit Ballacks unmittelbar mit dem DW -Interview zusammenhängen könnte.
Auch Ex-Nationalspieler Miroslav Klose blieb dem Abschiedsspiel fern und zog einen Kurzurlaub vor. Das Fehlen der beiden langjährigen Weggefährten fühlte sich für den 104-maligen Nationalspieler wie ein übler Tiefschlag an.
Mertes Homecoming: Kieran Gibbs und die Weisheit des Tages
Doch wie Kieran Gibbs, der als einziger aktiver ehemalige Arsenal-Spieler anwesend war, zurecht feststellte, spielten diese Wermutstropfen an diesem Tag keine Rolle. Zumal die Abwesenheit von Cazorla (Rückkehr zu Villarreal nach zweijähriger Verletzungspause) und Koscielny (Rückkehr ins Training nach Achillessehnenriss) nur mehr als verständlich war.
"Es geht an diesem besonderen Tag nicht um sie, sondern darum, die Karriere von Per gebührend zu feiern", sagte der 29 Jahre alte Linksverteidiger, der die Gunners noch während der aktiven Zeit von Mertesacker nach zehn Jahren verließ und mittlerweile für West Brom in der zweiten englischen Liga spielt.
Der Medienrummel rund um beispielsweise Wenger, der sich zur Verpflichtung von Thierry Henry als Trainer der AS Monaco oder zum angeblichen PSG-Interesse an seiner Person äußern sollte, ließ zwar anderes vermuten. Doch Gibbs traf den Nagel auf den Kopf.
