Es war ein Gefühl, das Edson Arantes do Nascimento nicht kannte. Dem Mann, der unter dem Namen "Pele" als der vielleicht beste Fußballer aller Zeiten Geschichte schreiben sollte, der Generationen prägte und bis heute in seiner brasilianischen Heimat wie ein Heiliger verehrt wird, gelang plötzlich nichts mehr. Gerade er, dem der Ball blind zu gehorchen schien, hatte etwas, das für einen Spieler seines Könnens undenkbar schien: ein Formtief.
Es war in einer Phase Mitte der 60er Jahre, als sowohl seine Kollegen beim FC Santos als auch die Fans und die Journalisten ratlos zuschauten, wie der Beste der Besten plötzlich wie ein Fremdkörper auf dem Rasen wirkte.
Pele stand unter Druck, denn bei ihm war das Spektakuläre längst Routine geworden, man erwartete es einfach von ihm.
Getty ImagesIn seiner Verzweiflung überlegte der Superstar, ob in seinem Umfeld vielleicht etwas anders war als zuvor. Was ihm dann schlagartig einfiel, belegt, dass auch die größten Sportler Halt in Ritualen und Aberglauben suchen. Denn es hatte sich tatsächlich etwas geändert: Pele hatte vor kurzem das Trikot gewechselt. Das Shirt, das er lange getragen hatte, hatte er einem Fan geschenkt und sich ein neues geben lassen.
Santos: Pele ließ regelrecht nach seinem "Glückstrikot" fahnden
Für den damals bereits zweimaligen Weltmeister war die Sache klar: Das "Glückstrikot" musste zurück - und zwar so schnell wie möglich. Was genau er nun tat, ist nicht eindeutig überliefert. Manche berichten, Pele habe einen Freund mit der Suche beauftragt, andere sprechen davon, dass er gar einen Privatdetektiv engagiert habe.
Fest steht, so berichten es zahlreiche Medien: Es war der Nummer zehn des FC Santos so wichtig, das Shirt so schnell wie möglich zurückzubekommen, dass er regelrecht danach fahnden ließ.
GettyEine Woche später dann die Erlösung: Das Trikot war gefunden worden, Pele konnte wieder im gewohnten Zwirn auflaufen. Auf einen Schlag war alles wieder da, spektakuläre Dribblings wurden wie gewohnt mit einer Vielzahl an Toren garniert. Der alte Pele war zurück und nicht nur der FC Santos, sondern ganz Brasilien atmete auf.
Peles Glückstrikot: Nur ein Placebo
Ist die Story von Peles "Glückstrikot" also ein Beweis für die Wirksamkeit von Ritualen? Wohl nur im Sinne des Placebo-Effekts. Denn wie sich Jahre später herausstellte, hatte das Ganze einen Haken. Der Finder hatte das echte Trikot nämlich gar nicht gefunden, sondern dem Superstar stattdessen einfach ein erst vor kurzem getragenes Shirt untergejubelt.
Pele, der nichts davon wusste, spielte jedenfalls auch ohne "Glückstrikot" überragend und war fortan wieder jener dominante Spieler, als der er dann in die Geschichte einging.


