HINTERGRUND
Den WM-Pokal fest in der Hand, ein breites Grinsen auf den Lippen und den linken Daumen nach oben gestreckt: Frankreichs N'Golo Kante posierte nach dem gewonnenen Weltmeisterschaftsendspiel gegen Kroatien 2018 auf dem Rasen des Luschniki-Stadions in Moskau stolz für ein Siegerfoto.
Der Mittelfeldspieler krönte nach den Erfolgen in der Premier League (jeweils einmal Meister mit Leicester und Chelsea) seine bisherig eindrucksvolle Karriere mit dem goldenen Pokal - das Größte, was ein Fußballer auf internationaler Ebene gewinnen kann.
Dabei sah es beim heute 29-Jährigen lange Zeit nicht nach einer erfolgreichen Karriere als Profi aus. Im Gegenteil: Kante verfolgte ursprünglich ein ganz anderes Ziel - weit abseits des Glanzes und Glamours des Fußballgeschäfts.
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Absage nach Absage und zweites Standbein: Kantes Traum drohte zu platzen
Seine ersten Schritte mit dem runden Leder absolvierte der gebürtige Pariser beim Amateurklub JS Suresnes, zwölf Kilometer von seiner Heimatstadt entfernt. Dort meldete sich Kante im Alter von zehn Jahren an, nachdem ihm sein Schullehrer geraten hatte, sich wegen seines sportlichen Talents im Fußball zu versuchen. Bei Suresnes spielte er bis 2010, aber nie regelmäßig in der drittklassigen ersten Mannschaft.
Kante hatte es schwer, sich in einem Profiteam zu etablieren. Von Amiens, Sochaux, Rennes, Lorient hagelte es reihenweise Absagen. 2012 verpflichtete ihn schließlich die US Boulogne für die zweite Mannschaft, die in der sechsten Liga aktiv war. Dort schaffte auch einst Ex-Bayern-Star Franck Ribery den Sprung aus der Jugend in den Herrenbereich. Es sollte der erste Schritt in die ersehnte Richtung sein.
Er verhalf Boulognes Reserve zum Aufstieg, an einen Profivertrag dachte er zum damaligen Zeitpunkt jedoch nicht. Kante wollte sich stattdessen ein solides Standbein aufbauen. "Ich spielte erst in der sechsten, dann in der fünften Liga, also war ich kein Profi", erinnerte sich Kante vor vier Jahren an seine Anfänge: "Also machte ich eine Lehre zum Buchhalter, weil ich mir nicht sicher war, ob ich als Fußballer meinen Lebensunterhalt verdienen könnte."
Erst mit dem Aufstieg in die damals in der Ligue 2 spielende erste Mannschaft wendete sich das Blatt. "Mit 18 Jahren habe ich mein [französisches] Abitur gemacht und meine Lehre zwei weitere Jahre fortgesetzt", erklärte Kante: "Als ich in die erste Mannschaft aufstieg, wurde ich Profi. Ich hatte zwar meinen Abschluss als Buchhalter bereits erhalten, aber ich wollte mich lieber auf Fußball konzentrieren."
Am 18. Mai 2012 war es dann endlich soweit: Der Franzose feierte am letzten Ligaspieltag sein Profidebüt gegen die AS Monaco. Boulogne stand zwar bereits als Absteiger in die Drittklassigkeit fest, doch Kante packte die Gelegenheit beim Schopf.
In der Folgesaison verpasste er nur eines von 38 Ligapartien, entwickelte sich zum absoluten Leistungsträger und erntete 2013 als Verdienst einen Vertrag beim Zweitligisten Caen.
In zwei Jahren von Null auf Hundert: Kantes eindrucksvoller Aufstieg
Mit dem Klub aus der Normandie stieg der Rechtsfuß nicht nur direkt in die französische Eliteliga auf, sondern hielt im darauffolgenden Jahr sogar die Klasse.
Innerhalb von zwei Jahren schaffte der als bodenständig und schüchtern geltende Kante also den beeindruckenden Sprung von der sechsten in die erste Liga.
2015 folgte der Schritt in die große Premier League zu Leicester City. Der Rest ist bekannt. Heute zählt der gelernte Buchhalter zu den besten Spielern weltweit, gewann fünf große Titel und wurde 2017 zu Frankreichs Fußballer des Jahres gewählt.
