KOMMENTAR
Er sollte eigentlich der Thronfolger von Lionel Messi werden. Geholt wurde er, um an der Seite des weltbesten Spielers aufzulaufen - und ihn dann irgendwann abzulösen: Neymar sollte Barcelonas nächster Superstar werden. Nun aber verlässt er den Klub in Richtung Paris Saint-Germain. Für 222 Millionen Euro. Als teuerster Spieler aller Zeiten. Aber auch als neuer Luis Figo.
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Obwohl er mit seinem Können noch nicht am Ende seiner Entwicklung angekommen ist, muss Neymar als einer der besten Fußballer gelten, die jemals das Trikot der Blaugrana getragen haben. Und gerade deshalb sind die Fans der Katalanen so wütend, dass er sich nun in Richtung Paris aus dem Staub gemacht hat. Auch Figo glänzte als Barca-Spieler - aber heutzutage ist er im Camp Nou eine unerwünschte Person.
Als Barcelona 2015 ins Finale der Champions League kam, wurde Figo von der UEFA ausgewählt, um in einem Legenden-Match vor dem großen Endspiel gegen Juventus in Berlin im Barca-Trikot zu spielen. Die Katalanen erhoben jedoch Einspruch und forderten, dass der Portugiese nicht für sie auflaufen dürfe - und sie setzten sich mit dieser nachdrücklichen Bitte durch.
Im Finale selbst traf Neymar in der 97. Minute und machte den 3:1-Sieg Barcelonas und damit das aus Meisterschaft, Pokal und Königsklasse bestehende Triple für den Klub perfekt. Er war Teil dieses Vereins geworden und Teil einer Angriffsreihe mit Lionel Messi und Luis Suarez, die Barca-Trainer Luis Enrique als "die beste der Fußball-Geschichte" bezeichnete.
Diese Nummer bekommt Neymar bei PSG
Jetzt aber geht er, angestachelt vom Geld (er wird 30 Millionen Euro pro Jahr verdienen und bekommt als Handgeld für den Transfer jetzt schon 40 Millionen Euro) oder dem Wunsch, dem Schatten des allgegenwärtigen Lionel Messi zu entfliehen. Es sind jedenfalls fragwürdige Umstände, unter denen er sich zu Paris Saint-Germain verabschiedet.

Figos Abschied war allerdings noch schlimmer. Der Flügelspieler aus Portugal war Barcas bester Mann und auch der Kapitän des Teams, als die Mannschaft noch nicht so erfolgreich wie die aktuelle war. Sein Abschied wurde in Barcelona als Verrat empfunden; er ging 2000 zu Real Madrid.
Barca bekam im Gegenzug die damalige Rekordablösesumme von 60 Millionen Euro, aber Figo vergaben die Barca-Fans nie. Sie warfen ihm bei seiner Rückkehr ins Camp Nou den Kopf eines Ferkels vor die Füße.
Kein Wort zur sportlichen Zukunft
Neymar geht zwar nicht zum Erzrivalen nach Madrid, aber sein Verhalten in diesem Sommer hat seinen Ruf in Barcelona für immer beschädigt. Nur wenige Monate, nachdem er einen neuen, lukrativen Vertrag unterschrieben hatte, entschied sich der Brasilianer für noch mehr Geld und, wie in Spanien berichtet wird, einen weiteren Mega-Bonus, der bei 40 Millionen Euro liegen soll, für seinen Vater und ihn.
Neymar selbst ist für Barca in den Testspielen aufgelaufen und hat beim International Champions Cup in den USA geglänzt. Er hat sich mit der Sängerin Demi Lovato und Boxer Floyd Mayweather fotografieren lassen und ist dem großen Scheinwerferlicht keinesfalls ausgewichen. Aber er hat sich in diesen Wochen einfach nicht zu seiner sportlichen Zukunft geäußert und damit die Fans gegen sich aufgebracht.
Getty ImagesIronischerweise hat Figo vor kurzer Zeit noch das Verhalten Neymars verteidigt. Der Portugiese unterstützte den Brasilianer, nachdem dessen provozierende Spielweise im Oktober gegen Valencia für Diskussionen gesorgt hatte. "So spielt er nun mal. Wenn das jemandem auf die Nerven geht, ist das deren Problem", sagte Figo.
Auch viele Barca-Fans haben Neymar seit Jahren gegen jegliche Anschuldigungen verteidigt: dass er Schwalben macht, dass er die Gegner mit unnötigen Tricks provoziert oder dass er nicht genug Tore erzielt.
Insgesamt war Neymar auf dem Platz eine beeindruckende Figur. Er erzielte seit seiner Ankunft im Jahr 2013 mehr als 100 Tore für Barca, lieferte 59 Vorlagen. Aktuell gibt es allerdings nur noch wenige Anhänger in Barcelona, die sich für ihn einsetzen. Schlimmer noch: In Barcelona tauchten rund um das Camp Nou in dieser Woche Plakate auf, auf denen stand: "Gesucht: Verräter! Söldner, raus aus Barcelona. Nur Spieler, die das Trikot lieben."
Die teuersten Brasilianer aller Zeiten
Barcelonas Ex-Präsident Joan Gaspart, der sich mit den Folgen von Figos Abschied bei seiner Amtsübernahme 2000 herumschlagen musste, sagte am Mittwoch: "Ich kenne diese Situationen. Neymar gehört in das Figo-Kapitel. Dort stand er ganz alleine drin, jetzt kommt Neymar dazu."
Der aktuelle Barca-Vorstand hatte dem Brasilianer bei einem der umstrittensten Transfers der Fußball-Geschichte vertraut. Bei einem Wechsel, der wegen Korruptionsvorwürfen vor Gericht kam und zur Verhaftung von Präsident Sandro Rosell führte. Und der nun dazu führte, dass der Spieler vier Jahre später den Verein verlässt, weil er noch mehr Geld verdienen will.
Zwar schließt sich Neymar nicht wie Figo einem direkten Rivalen an, aber er muss damit leben, dass er in Barcelona nun in einem Atemzug mit dem Portugiesen genannt wird - und nicht in einem Atemzug mit Messi, dessen Nachfolger er eigentlich werden sollte. Es ist das traurige Ende einer Geschichte, die eigentlich ein Happy End haben sollte. Und die Weltrekordablösesumme in Höhe von 222 Millionen Euro ist dabei nur ein schwacher Trost.




