MIXED-ZONE-INTERVIEW
Spiel eins nach dem katastrophalen WM-Ausscheiden vor zwei Monaten: Gegen Weltmeister Frankreich wirkte die deutsche Auswahl in der Münchner Allianz Arena deutlich engagierter und leidenschaftlicher als in Russland und hätte mit etwas mehr Fortune mehr als ein 0:0-Unentschieden mitnehmen können.
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Im Anschluss an die Begegnung mit der Equipe Tricolore stellte sich ein sichtlich gelöster Mats Hummels den Fragen der zahlreichen Journalisten. Der Innenverteidiger des FC Bayern sprach über die Leistung des Teams, seine eigene Darbietung und erklärte, dass der Modus der neugeschaffenen Nations League gar nicht so leicht zu verstehen ist. Zudem verriet er, worauf es im Fußball wirklich ankommt.
Mats, wie fühlt sich dieses 0:0 zum Neubeginn an?
Mats Hummels: Wir können heute zufrieden mit uns sein. Wir haben gegen den – das muss man ja leider sagen – amtierenden Weltmeister ein gutes Spiel hingelegt. Wir haben heute anders gespielt als in den letzten Jahren und eine gute Leistung auf den Platz gebracht, leider haben wir nicht das entscheidende Tor gemacht.
Also ein guter Grundstein für die Zukunft?
Hummels: Definitiv.
War Frankreich der richtige Gegner nach dieser verkorksten WM?
Hummels: Das könnte tatsächlich gut gewesen sein. Besser als ein Freundschaftsspiel, in das wir als Favorit gehen.
Mit vier gelernten Innenverteidigern hat der Bundestrainer etwas Neues gewagt. Was hat er vor dem Spiel zu seiner personellen Veränderung gesagt?
Hummels: Zunächst einmal hat er die Sinne geschärft. Er hat gesagt, dass wir immer aufmerksam sein müssen und auf die Absicherung achten. Wir hatten mit Gini (Matthias Ginter, Anm. d. Red.) und Toni (Antonio Rüdiger, Anm. d. Red.) zwei defensiv ausgerichtete Außenverteidiger, die trotzdem ihre Anteile im Angriffsspiel hatten. Zusätzlich hat Joshua Kimmich hinter Toni Kroos noch abgesichert. Das hat unserem Spiel gutgetan und ich glaube, dass das in Zukunft gegen die großen Nationen so aussehen kann.

Sie haben Joshua Kimmich bereits angesprochen. Er ist ja eigentlich Sechser, in der Nationalmannschaft hat er dort aber noch nicht gespielt. Wie hat er sich geschlagen?
Hummels: Er wurde ja als defensiver Mittelfeldspieler ausgebildet, deshalb war ich mir sicher, dass er das kann. Josh ist enorm laufstark und ein toller Fußballer. Es gibt relativ wenige Eigenschaften die er nicht mitbringt, um dort zu spielen. Den kannst Du gefühlt überall hinstellen und es kommt immer etwas Gutes dabei raus.
Nagt es trotzdem an der Mannschaft, dass vorne wieder kein Tor erzielt wurde?
Hummels: Nein, das wichtigste ist, dass man sich die Situationen herausspielt. Areola hat vor allem den Kopfball von Matthias Ginter hervorragend gehalten, auch den Schuss von Marco (Reus, Anm. d. Red.) hat er klasse pariert. Es ist ja nicht so, dass wir schlecht abgeschlossen hätten. Aber, wenn der gegnerische Torwart so gut aufgelegt ist wie heute, dann kann es auch mal passieren, dass man nicht trifft. Wir hätten vielleicht beim einen oder anderen Konter etwas dynamischer umschalten können, aber im Großen und Ganzen können wir wirklich zufrieden sein.
Wäre ein Tor dann quasi das i-Tüpfelchen gewesen?
Hummels: Wir waren ja auch nicht haushoch überlegen. Deshalb kann man mit dem Ergebnis auch gut leben.

Auch Sie haben ein gutes Spiel gezeigt. Wie schätzen Sie selbst Ihre Leistung ein?
Hummels: Wir haben alle ein gutes Spiel gemacht – wir wurden auch in den letzten Monaten alle schlechter gemacht als wir sind. Wir sind alle heiß darauf, einigen Leuten zu zeigen, wie falsch sie liegen.
War es wichtig, endlich mal wieder die Null hinten zu halten?
Hummels: Auf jeden Fall. Das ist die Basis, es gibt im Fußball gewisse Grundtugenden, die immer da sein müssen – und die sind recht einfach. Man kann natürlich nicht immer ohne Gegentor bleiben, aber um erfolgreich zu sein, braucht man zumindest eine gewisse defensive Grundstabilität. Das ist die Voraussetzung für jede Mannschaft auf der Welt. Die Weisheit 'die Offensive gewinnt Spiele, die Defensive gewinnt Titel‘, kommt nicht von ungefähr.
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Haben Sie beim Bundestrainer eine Veränderung bezüglich seines Verhaltens festgestellt?
Hummels: Darauf achte ich nicht, das ist auch nicht meine Aufgabe. Der Fokus lag klar darauf, dass wir Einsatz und Mentalität zeigen. Wir wollten den Fans zeigen, dass wir Gas geben und keine Bälle verlorengeben. Wir wollen die Leute wieder für uns begeistern. Ich glaube, das war ein Schritt in die richtige Richtung. Jeder Fan sieht gerne, wenn man nach einem verlorenen Ball hinterhergeht. Fußball ist am Ende auch immer ein Stück weit Unterhaltung für die Fans, wenn das nicht funktioniert, ist man fehl am Platz.
Hat man sich innerhalb der Mannschaft im Vorfeld über den Modus in der Nations League unterhalten?
Hummels: Wir haben uns damit befasst, weil wir das auch nicht alles verstanden haben. Das Ziel ist natürlich, in dieses Final Four einzuziehen, aber auf diesem Niveau ist das nicht so einfach. Das haben wir immer noch in der eigenen Hand. Wir wollen diese Gruppe gewinnen.
Am Sonntag steht das Freundschaftsspiel gegen Peru an. Da wird die Erwartungshaltung etwas höher sein, oder?
Hummels: Das denke ich auch. Da wird sicherlich erwartet, dass wir deutlich dominanter sind, mehr Chancen herausspielen. Auch da muss die Grundstabilität, von der ich gesprochen habe, wieder stimmen. Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass wir das auch am Sonntag sehen werden, weil alle jetzt kapiert haben, wie wichtig das ist.
