Martin Braithwaite Barcelona 2019-20Getty Images

FC Barcelona - der Wechsel von Martin Braithwaite aus drei Perspektiven: Leganes ist der weinende Dritte


HINTERGRUND

Der Wechsel von Martin Braithwaite zum FC Barcelona führt den Wettbewerbsgedanken im spanischen Fußball ad absurdum. Als echter Sieger geht niemand aus dem Deal hervor, es gibt nur einen haushohen Verlierer.

Der Transfer aus drei Perspektiven.


Braithwaite zum FC Barcelona: Die Perspektive von Barca


An sich ist es ganz einfach: Mit Luis Suarez verletzte sich Anfang Januar der einzig nominelle Mittelstürmer der Katalanen. Aus den Wunschlösungen wie Pierre-Emerick Aubameyang, Rodrigo oder Wissam Ben Yedder wurde nichts.

Dann verletzte sich Ousmane Dembele Anfang Februar. Nach überstandener Oberschenkelverletzung zog er sich im Training einen Muskelriss im rechten Oberschenkel zu. Er fällt voraussichtlich bis August aus. Bittere Neuigkeiten für Barca, doch gleichzeitig eine Chance.

In Spanien macht es eine Ausnahmeregelung möglich, Transfers auch nach Ablauf der Frist zu tätigen, wenn ein Spieler verletzungsbedingt länger als fünf Monate ausfällt, was bei Dembele der Fall ist. Einem entsprechenden Antrag Barcas stimmte der spanische Verband zu.

Barca hatte 15 Tage Zeit, um einen Ersatz von einem anderen spanischen Klub zu verpflichten. Der spanische Meister einigte sich mit Braithwaite auf einen Vierjahresvertrag und zahlte die in der Ausstiegsklausel festgeschriebene Ablösesumme von 18 Millionen Euro.

Auch zur Debatte stand offenbar eine Verpflichtung von Angel Rodriguez. Braithwaite (28 Jahre) aber lässt sich im Sommer besser wieder verkaufen als der vier Jahre ältere Getafe-Stürmer. Braithwaite ist dänischer Nationalspieler, kann seinen Wert also während der EM noch steigern. Denn klar ist: Braithwaite ist passend zur Not-Regel nur Notnagel und keine Dauerlösung.

Braithwaite BarcelonaGetty Images

Viele Startelfeinsätze wird er wohl nicht bekommen. Braithwaite kann nicht nur im Sturmzentrum spielen, sondern kann auch über die Flügel kommen und erfüllt damit die Anforderung von Barca: Entlastung von Lionel Messi, Antoine Griezmann und Ansu Fati. Zumindest in der Liga, denn in der Champions League ist Braithwaite nicht spielberechtigt. Die Frist für die Nachnominierung lief am 3. Februar ab.

Trotz seiner Qualitäten macht Braithwaite ein gutes Barca nicht zwingend besser, er ist vielmehr Mittel zur Belastungssteuerung.


Braithwaite zu Barca: Die Perspektive Braithwaites


Für Braithwaite ist der Wechsel zum FC Barcelona nach eigenen Aussagen "ein wahrgewordener Traum". Schließlich träume jeder Fußballer, eines Tages für einen Klub wie Barca spielen zu dürfen. Auch Lionel Messi sei Anreiz gewesen, zu den Blaugrana zu wechseln: "Messi ist der beste Fußballer aller Zeiten. Es ist ein großer Moment für mich, mit ihm zu spielen."

Der Wechsel nach Katalonien ist sicherlich das bisherige Highlight in der Karriere des Dänen. Allerdings dürfte auch Braithwaite klar sein, dass er wohl keine große Rolle bei Barca einnehmen wird. Er ist hinter Messi, Griezmann und Fati vorerst die Nummer vier in Barcas Angriff. Barca-Präsident Josep Maria Bartomeu bezeichnete den Neuzugang bei dessen Vorstellung ganz klar als "Backup".

Möglicherweise wird er im Sommer wieder verkauft oder verliehen. Auf die Frage, ob Barca auch über den Sommer hinaus mit Braithwaite plane, zählte Bartomeu lediglich die Fakten auf: "Er kommt hierher, um der Mannschaft zu helfen und hat bis 2024 unterschrieben." Ein Wink mit dem Zaunpfahl? Im Sommer kehren Dembele und Suarez von ihren Verletzungen zurück und Barca holt möglicherweise noch den einen oder anderen Neuzugang für die Offensive - im Optimalfall einen Nachfolger für den 33 Jahre alten Suarez.

Obwohl Braithwaite seinen Klub im Abstiegskampf im Stich lässt und seine Entscheidung aus moralischer Sicht fragwürdig ist, ist sie doch nachvollziehbar: Top-Klub, Weltklasse-Mitspieler, die Chance auf Titel. Er sieht diese Chance als Belohnung für die harte Arbeit der vergangenen Jahre.


Braithwaite zu Barca: Die Perspektive von Leganes


Wenn zwei sich einig sind, weint der Dritte. Leganes geht aus dem Deal als der große Verlierer hervor. Der Klub wollte Braithwaite nicht abgeben. Er war unumstrittener Stammspieler, Hoffnungsträger des gesamten Klubs.

Kein Spieler absolvierte in dieser Saison mehr Minuten als der Däne, keiner schoss mehr Tore als er (6). Leganes steckt mitten im Abstiegskampf. Mit 19 Punkten sind ‎Los Pepineros gleichauf mit Schlusslicht Espanyol Barcelona.

Für Barca ist Braithwaite eine nette Ergänzung, für Leganes ist der Abgang des wichtigsten Spielers aber der Super-GAU, geht es doch gegen den Abstieg und die damit verbundene finanzielle Zäsur. Es entsteht eine Situation, "die einen irreparablen Schaden verursacht", sagte Leganes-Boss Martin Ortega am Donnerstag.

Baca ist dabei gar kein Vorwurf zu machen, der Klub agiert in eigenem Interesse und verstößt gegen keine Regel. Doch genau darin liegt das Problem: das Regelwerk. Die Regel nutzt letzten Endes nur den finanzstärkeren Klubs, die es sich leisten können, diese Ausnahme überhaupt in Betracht zu ziehen. So führt sie den Wettbewerbsgedanken im spanischen Fußball ad absurdum. "Wir können nicht nachvollziehen, dass der Verein, der eine Langzeitverletzung hat, sein Problem einfach auf eigene Faust auf einen anderen Verein übertragen kann", sagte Ortega.

Martin Braithwaite, BarcelonaGoal

Leganes will nun seine "Stimme erheben". Doch ändern wird das vermutlich nichts. Der spanische Liga-Verband wird erst Änderungen diskutieren, wenn der Druck durch die Vereine wächst. Doch dafür ist der Einfluss der Pepineros einfach zu gering, so bitter das auch klingen mag. Selbst aus der Hauptstadt, von Barcas Erzrivalen und ärgstem Titelkonkurrenten Real Madrid, sind keine Proteste zu vernehmen. Nicht einmal die Real-freundliche Presse prangert die Regel an. Ganz einfach, weil die Königlichen an Barcas Stelle genauso gehandelt hätten.

Zudem kommt ein solcher Fall zu selten vor, um es auf die Agenda des Verbands zu schaffen. Der letzte "prominente" Wechsel außerhalb des Transferfensters war der des Brasilianers Cleo zum FC Barcelona im Jahr 1981. Damals war Bernd Schuster der Langzeitverletzte.

Klubs wie Leganes sind also die Hände gebunden. Einen Antrag der Pepineros, ähnlich wie Barca auf den langfristigen Verlust eines Spielers reagieren zu dürfen, lehnte der spanische Verband bereits ab. Schließlich sei kein Spieler verletzt.

Leganes bleibt nichts anderes übrig, als auf eine Jetzt-erst-recht-Mentalität zu setzen. Passend dazu sagte Ortega auf seiner PK abschließend: "Niemand soll denken, dass wir jetzt schon abgestiegen sind. Wir werden bis zum letzten Tropfen schwitzen."

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