Kaum ein Jugendspieler in Europa ist aktuell so heiß gehandelt wie Christian Pulisic von Borussia Dortmund. Folgerichtig belegt er in Goals NxGn-Liste der 50 besten Talenten, die nach dem 1. Januar 1998 geboren wurden, den dritten Platz.
Thomas Tuchel schwärmte erst kürzlich von dem US-Boy. "Christian ist abgezockt und ein Spieler mit großem Selbstvertrauen. Er kann auch oder besonders unter Druck sein Potenzial immer abrufen", sagte Tuchel und ergänzte: "Es macht ihn besonders, was er in dem Alter abliefern kann."
Einer, der diese Entwicklung schon immer vorausgeahnt hat, war Vater Mark Pulisic. Im Goal-Interview spricht er über die Entwicklung seines Sohnes, dessen Liebe zu Borussia Dortmund und warum er sich damals für den BVB entschieden hat.
Herr Pulisic, niemand kennt Christian so gut wie Sie. Waren Sie immer sicher, dass er irgendwann einmal Profifußballer wird?
Mark Pulisic: Man darf sich nie sicher sein, selbst wenn man es denkt, wenn sein Kind jung ist. Man könnte am Ende enttäuscht werden. Deswegen haben wir sein Lachen und seine Entwicklung immer genossen.
Wie haben Sie Christian in jungen Jahren unterstützt?
Pulisic: Ich war sein Trainer - aber vor allem sein Vater. Ich wollte sicherstellen, dass er das Fußballspielen genießt.
Sie waren in den USA selbst Fußballer und später Trainer. Christian hatte also gar keine andere Wahl als Fußball zu spielen, oder?
Pulisic: Christian hatte vielfältige Interessen und hat viele Sportarten in diversen Vereinen ausprobiert. Ich wollte, dass er alles ausprobieren kann. Er war auch in vielen Sportarten gut.
Getty ImagesChristian hat einmal gesagt, es war immer ein Ball in seiner Nähe. Der Schlüssel zum Erfolg?
Pulisic: Natürlich. Wenn du eine Sportart wirklich gerne machst, kannst du nie genug bekommen. Und er hatte wirklich immer einen Ball dabei - im Haus oder draußen.
Wer war früher sein Vorbild?
Pulisic: Ich habe ihn immer Figo genannt, als er noch klein war. Wir haben damals oft Spiele von Real Madrid gesehen. Er mochte die Art, wie Figo spielte, sehr gerne. Ich habe ihm deshalb sogar ein Trikot mit Figos Namen und Nummer gekauft.
Mit welchem Spieler würden Sie Christian heute vergleichen?
Pulisic: Schwer zu sagen! Aber ich sehe in ihm mehr einen zentralen Spieler, der die Defensive immer mit Geschwindigkeit anläuft, um dann selbst schnell vor das gegnerische Tor zu kommen. Da gibt es einige Spieler.
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Wo sehen Sie heute seine größten Stärken?
Pulisic: Seine größten Stärken sind seine Athletik, seine Geschwindigkeit und vor allem seine Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen.
Mit dem Ball am Fuß ist er ebenfalls enorm stark...
Pulisic: Das ist natürliche Begabung, gepaart mit Training. Ganz viel Training, das können Sie mir glauben!
Worin muss er sich noch verbessern?
Pulisic: In allen Belangen. Er ist immer noch sehr jung und muss sich weiterentwickeln.
Was haben Sie versucht, Christian besonders einzubläuen?
Pulisic: Dass er demütig sein muss!
Christian belegt in der NxGn-Liste den dritten Platz. Hätten Sie erwartet, dass Ihr Sohn einmal so viel Aufmerksamkeit bekommen würde in diesem jungen Alter?
Pulisic: Nein. Es ist ein Ergebnis des Glaubens an sich selbst, Selbstvertrauens und Willens, seine Heimat in einem jungen Alter zu verlassen, um seinen Traum zu erfüllen.
Christian ist 2015 nach Deutschland gekommen, als er gerade einmal 17 Jahre alt war. Haben Sie immer gedacht, dass es eine gute Idee ist?
Pulisic: Er war wirklich sehr jung. Es war keine einfache Entscheidung, ihn gehen zu lassen. Meine Frau und ich waren natürlich besorgt. Dass ich mitgekommen bin, hat die ganze Sache aber für uns alle leichter gemacht. Es hat uns geholfen.
Warum ist es Borussia Dortmund geworden? Christian hatte Probetrainings bei einigen Klubs in Europa.
Pulisic: Christian hat sich schon beim ersten Besuch in Dortmund sehr willkommen gefühlt. Lars Ricken (BVB-Nachwuchskoordinator, Anm. d. Red.) und Eddi Boekamp (Leiter des BVB-Nachwuchsleistungszentrums, Anm. d. Red.) haben die Entscheidung pro BVB sehr beeinflusst. Aber den wichtigsten Anteil hatte der damalige Jugendtrainer Hannes Wolf, der inzwischen den VfB Stuttgart trainiert. Er hat Christian sehr dabei geholfen, sich in seinem neuen Leben zurechtzufinden - als Trainer und Freund - auf und neben dem Platz.

Und welchen Einfluss hatte Jürgen Klopp, der damals die Profis trainiert hat?
Pulisic: Jürgen war großartig für meinen Sohn, weil er ihm die Möglichkeit gegeben hat, mit gerade einmal 17 Jahren bei den Profis mitzutrainieren. Diese Erfahrung hat ihm in seiner Entwicklung sehr geholfen und hat ihn selbstbewusster gemacht.
War es einfach für Christian, sich in Dortmund und der Mannschaft einzuleben?
Pulisic: Es hat etwas gedauert. Aber ich denke, es ist normal in einem solch jungen Alter in einem fremden Land. Christian ist heute voll integriert und er hat wirklich gute Freunde in der Mannschaft und wird von allen respektiert. Er genießt die Erfahrungen, die er sammeln kann.
Sie sind damals mit nach Dortmund gezogen und haben für den BVB gearbeitet. Eine Win-Win-Situation, oder?
Pulisic: Christian brauchte damals jemand, der bei ihm ist. Für mich war es natürlich klasse, dass ich ein Teil des Jugend-Trainer-Teams sein durfte.
Christian brauchte einen kroatischen Pass, um für den BVB zu spielen. Warum war immer klar, dass er für das US-Nationalteam spielen würde?
Pulisic: Ganz einfach: Er ist in den USA geboren und aufgewachsen. Er ist Amerikaner. Für uns war es nie eine Frage, für welches Land er spielt.
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Seitdem hat er viel erlebt, einige Rekorde gebrochen. Wie haben Sie seine Entwicklung seit dem Wechsel zum BVB wahrgenommen?
Pulisic: Wir müssen immer bedenken, dass Christian immer noch wächst und sich physisch weiterentwickelt. Er ist gerade erst 18 Jahre alt geworden. Deswegen ist es großartig zu sehen, dass die Kurve für ihn steil nach oben geht. Diese Entwicklung hat er dem BVB zu verdanken. Sie sind den richtigen Weg mit ihm gegangen, damit er bereit war, die Schritte in Richtung Profiteam zu absolvieren.
Wohin wird sich seine Karriere in den kommenden Jahren entwickeln?
Pulisic: Niemand weiß das. Demut ist das wichtigste Kriterium für einen Profi, um seine Entwicklung voranzutreiben. Harte Arbeit, der Glaube an sich selbst und ein bisschen Glück - das ist das, was Christian braucht, um weiter erfolgreich zu sein.
Wie wichtig ist Thomas Tuchel für diese Entwicklung?
Pulisic: Christian respektiert den Trainer sehr und ist extrem dankbar, dass dieser in seine Fähigkeiten vertraut und ihn in seinem jungen Alter die Möglichkeit gibt, regelmäßig zu spielen. Er ist glücklich, dass er zum Teamerfolg beitragen kann.
Ist er der perfekte Trainer für Christian?
Pulisic: In diesem Moment passt es für Christian einfach sehr gut. Deshalb wollte er in Dortmund bleiben
Würden Sie ihm deshalb raten, langfristig in Dortmund zu bleiben?
Pulisic: Dortmund hat sehr viele, sehr gute junge Spieler. Er hat gerade erst seinen Vertrag beim BVB verlängert. Er glaubt, dass es hier am besten passt. Borussia Dortmund ist der perfekte Verein für ihn. Er liebt den BVB.


