Reus Dortmund 2018-19Getty

"Kann das bis heute nicht verstehen": Als Marco Reus den BVB verlassen musste


HINTERGRUND

FC Barcelona, Real Madrid oder auch der FC Bayern – es gibt kaum einen Top-Klub auf der Welt, dem im Laufe der Jahre nicht ein Interesse an Marco Reus nachgesagt wurde. Im März 2018 setzte er den ganzen Spekulationen um einen Wechsel jedoch jäh ein Ende und verlängerte seinen Vertrag bei Borussia Dortmund bis 2023.

"Aus tiefster Überzeugung möchte ich mit dieser Unterschrift ein Zeichen setzen", sagte der mittlerweile 31-Jährige damals. "Dortmund ist meine Heimat, der BVB ist mein Verein. Seit meiner Kindheit habe ich davon geträumt, in Schwarz und Gelb aufzulaufen", schob er zu diesem Zeitpunkt hinterher.

Knapp 15 Jahre vorher sah die Welt aus Reus' Sicht allerdings komplett anders aus. Als Teenager sah er sich nämlich gezwungen, seinen Herzensverein zu verlassen, um sich den Traum vom Profifußball verwirklichen zu können.

Marco Reus verließ den BVB in der U17: "Initiative kam von mir"

In seiner Zeit als B-Jugend-Spieler fand er sich in der Saison 2004/05 regelmäßig auf der Bank wieder. "Ich hatte im Sommer eine gute Vorbereitung gespielt und mir schon etwas ausgemalt. Am ersten Spieltag wurde ich noch eingewechselt – als rechter Verteidiger. Das war natürlich nicht zufriedenstellend", erinnerte sich Reus im Gespräch mit Goal und SPOX zurück. Anschließend sei er ein paar Spiele gar nicht zum Einsatz gekommen, ergänzte er. "Da wurde mir relativ schnell klar, dass es in dieser Saison schwierig werden würde", so Reus.

Beim Auswärtsspiel in Ahlen ging sein Vater schließlich auf deren Jugendkoordinator zu und fragte nach einem Probetraining, kurze Zeit später schnürte er seine Schuhe für Rot Weiss. Er sei beim BVB damals nicht ausgemustert worden, sondern sah keine Perspektive mehr, betonte Reus. "Es war so, dass die Initiative von mir kam."

Von seinem damaligen Trainer Peter Wazinski wurde er als "zu klein und schmächtig" angesehen, einen Groll hegt Reus heute diesbezüglich nicht mehr gegen ihn, auch wenn "ich das bis heute nicht verstehen kann", erklärte er, schließlich sollte die Qualität seiner Meinung nach immer an erster Stelle stehen.

Marco Reus und Kevin Großkreutz steigen mit Ahlen in die 2. Bundesliga auf

Also ging Reus nach Ahlen, wo er wie zuvor mit der Borussia in der Junioren-Bundesliga sein Können unter Beweis stellen konnte – nur dieses Mal mit ausreichend Spielpraxis. Auch später in der U19 konnte sich der Offensivspieler in der Bundesliga entwickeln, ehe er im September 2007 sein Profidebüt in der Regionalliga Nord und sieben Monate später den Aufstieg in die 2. Bundesliga feiern durfte.

Ein gewisser Kevin Großkreutz hatte bei Rot Weiss ein Jahr zuvor ebenfalls den Sprung zu den Profis geschafft, sodass die beiden gebürtigen Dortmunder eine Fahrgemeinschaft bildeten. "Es war schon amüsant, dass da Tag für Tag zwei Dortmunder Jungs mit dem Zug zusammen nach Ahlen gefahren sind und sich ein paar Jahre später beim richtigen Klub wiedergesehen haben", erinnerte sich Reus gerne zurück.

GER ONLY Kevin Großkreutz Marco Reus Ahlen

Denn wie er packte es auch Großkreutz nicht auf Anhieb beim BVB und landete erst 2009 über den siebenjährigen Karriereumweg beim heutigen Oberligisten wieder bei seiner großen Liebe.

Reus, der sich selbst als Fan von Kontinuität bezeichnet, benötigte hingegen für eine Rückkehr nach Dortmund einen weiteren Zwischenschritt. Borussia Mönchengladbach holte ihn 2009 in die Bundesliga, obwohl er selbst davon erst einmal überzeugt werden musste.

"Ich wollte eigentlich noch ein Jahr in Ahlen bleiben, denn ich hatte das Gefühl, dass es für den nächsten Schritt noch zu früh ist", gestand Reus. Fohlen-Sportdirektor Max Eberl habe sich jedoch so sehr um ihn bemüht, dass er ins Überlegen kam. "Trotzdem mussten mein Papa und mein Berater kämpfen, damit ich den Schritt gehe", führte er aus.

Wechsel aus Gladbach: Marco Reus kostete den BVB mehr als 17 Millionen Euro

In Gladbach wurde Reus auf Anhieb Stammspieler und hatte nach 109 Einsätzen in drei Spielzeiten beeindruckende 41 Tore und 28 Vorlagen vorzuweisen. Für Borussia Dortmund Grund genug, 2012 mehr als 17 Millionen Euro für den verlorenen Sohn hinzublättern.

"Wir hätten ihn gern schon verpflichtet, bevor er seinen Vertrag in Gladbach verlängert hat, aber wir konnten die damalige Ablösesumme noch nicht zahlen", sagte Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke der FAZ damals, angesprochen auf die hohe Ablösesumme für ein einstiges Talent aus dem eigenen Haus. "Die Entwicklung eines Jugendlichen verläuft manchmal sprunghaft. Dortmund hat Marco damals nicht weggeschickt, aber der Schritt nach Ahlen war wohl richtig." Auch der anschließende Wechsel nach Gladbach sei vernünftig gewesen, so Watzke 2012.

Doch so selbstverständlich war eine Rückkehr für Reus zu diesem Zeitpunkt gar nicht. "Ich strebe immer nach Kontinuität", klärte Reus auf. Außerdem habe er das Gefühl gehabt, in Gladbach eine Mannschaft aufbauen zu können, die bald wieder international auflaufen würde. "In der Folge habe ich viel nachgedacht, mir eine Pro-und-Contra-Liste erstellt", verriet er. Sein Herz habe sich letztlich für Dortmund entschieden.

Beim BVB erst gescheitert: Marco Reus "kann inzwischen darüber lachen"

Dort gehört er seit Jahren zu den besten Spielern der Bundesliga, ist mittlerweile Kapitän und stand trotz zahlreicher Verletzungen in 266 Pflichtspielen auf dem Platz. Nur zwei Spieler (Robert Lewandowski mit 245 und Thomas Müller mit 180) haben laut Opta seit Reus' Rückkehr nach Dortmund in der Bundesliga mehr Torbeteiligungen (138) aufzuweisen.

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

➕3 Gute Arbeit vom Team 💪 #heimsieg #together #win #team

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Seit Jahren ist Reus Herz und Gehirn der BVB-Offensive. Erst seit der Leistungsexplosion von Jadon Sancho sieht es so aus, als wäre ein Ausfall des Spielführers über einen längeren Zeitraum zu kompensieren, auch wenn es zuvor immer wieder Spieler wie beispielsweise Pierre-Emerick Aubameyang gab, die für ihn vorübergehend in die Bresche sprangen.

"Ich kann inzwischen darüber lachen", versicherte Reus 2019 angesprochen auf seine bitteren Erfahrungen als Jugendspieler beim achtfachen Deutschen Meister, ehe er ergänzte: "Aber in dem Moment war es unheimlich schwer nachzuvollziehen." Das große Missverständnis wurde sieben Jahre später aus BVB-Sicht glücklicherweise doch noch ausgeräumt.

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