MIXED-ZONE-INTERVIEW
Keine 24 Stunden nach einem verübten Anschlag auf die Mannschaft von Borussia Dortmund mussten die Spieler im Champions-League-Viertelfinale gegen die AS Monaco antreten. Am Ende verlor der BVB zwar mit 2:3 im heimischen Stadion. Doch die Dortmunder können sicherlich stolz auf sich sein, diese Partie so bestritten zu haben.
Denn sportlich präsentierte sich die Elf von Thomas Tuchel ausgesprochen gefestigt auf dem Rasen, dominierte Monaco fast die komplette zweite Hälfte. Wie es aber wirklich in den Spielern aussah, erzählte BVB-Kapitän Marcel Schmelzer nach dem Spiel.
Marcel Schmelzer, Sie waren vor dem Spiel skeptisch, dass die Mannschaft mental alles geordnet bekommt. Wie ist Ihr Eindruck nach dem Spiel?
Marcel Schmelzer: Ich denke immer noch, dass die Zeit viel zu kurz war, um das Geschehene zu verarbeiten. Es ist für Außenstehende vielleicht nicht so schnell zu begreifen gewesen, was da passiert ist. Wir haben heute erst im Laufe des Tages erfahren. Wir müssen von Glück sprechen, dass bis auf Marc Bartra alle unverletzt daraus gekommen sind. Es war eine sehr kurze Zeit und ich glaube, dass wir das erst in den nächsten Tagen aufarbeiten werden. Wir wissen aber auch, was Champions League bedeutet und wir spielen mussten. Es waren nicht die besten Voraussetzungen.
Haben Sie Verständnis dafür, dass gespielt wurde?




Schmelzer: Nein. Es ist festgesetzt worden, dass wir spielen mussten. Wir hätten uns sehr, sehr, sehr darüber gefreut, wenn das an einem anderen Tag hätte stattfinden können. Wir wissen, dass das nicht geht aber man darf nicht vergessen, dass wir bei aller Größe des Wettbewerbs Menschen sind. Das ist und das darf nichts Normales werden. Man darf nicht einfach zur Tagesordnung übergehen.
Haben Sie im Laufe des Tages versucht, sich von den Informationen abzunabeln? Es kam ja immer mehr heraus.
Schmelzer: Das Schlimmste war als rauskam, dass Metallstifte im Bus eingeschlagen sind. Jeder von uns hat jede Pressekonferenz abgewartet. Freunde und Familie haben immer wieder gesagt, wir sollen uns das nicht anschauen. Aber man will wissen, was passiert ist. Wir haben unfassbar Glück gehabt - wir wissen das alle. Wir mussten heute spielen und haben noch das Beste daraus gemacht. Das Stadion, die Fans haben uns unfassbar unterstützt. Jetzt müssen wir versuchen, dass aufzuarbeiten.
Wurden Sie als Kapitän gefragt, ob Sie überhaupt spielen wollen?
Schmelzer: Nein. Wir wären alle gerne gefragt worden, weil es uns passiert ist und nicht den Leuten, die das in einem Büro entschieden haben, dass gespielt wird. Wir können das auf der einen Seite nachvollziehen, dass es terminbedingt kaum anders machbar gewesen wäre. Aber von der menschlichen Seite ist das unfassbar und ich glaube, dass kann jeder nachvollziehen.
Wie haben Sie denn versucht, sich auf dieses Spiel vorzubereiten?
Schmelzer: Es ist ganz schwierig gewesen. Es war kein normaler Tagesablauf und wir waren den Tag über zu Hause. Wir haben uns erst kurz vorher am Trainingsgelände getroffen. Jeder hat es anders versucht. Obwohl du dich aufs Spiel vorbereiten willst, redest du nach einer Besprechung trotzdem immer nur über das Thema mit deinen Mannschaftskollegen und Freunden. Man versucht es zu begreifen und die Frage stellt sich, warum so etwas passieren muss. Es ist wirklich eine sehr, sehr traurige Situation.
Haben Sie sich auch über politische Dimensionen Gedanken gemacht?
Schmelzer: Nein, soweit nicht. Wir warten darauf, dass herausgefunden wird, was dahinter steckt. Das würde es uns einen Tick einfacher machen, dass zu verarbeiten.
Sie haben gesagt, die Stadion hätte Ihnen geholfen. Wie muss man sich das vorstellen? Ist man auf dem Platz etwas "befreiter", wenn man das so sagen kann?
Schmelzer: Ich habe gehofft, dass es der Fall ist. Für mich war es trotzdem nicht das gleiche Champions-League-Gefühl wie sonst. Als wir eingelaufen sind und die Choreo gesehen haben, war es schon etwas besonders und es hat mir ein gutes Gefühl gegeben. Dennoch war es einfach was ganz anderes heute.
