HINTERGRUND
Andalusische Hochstimmung im Herbst 1987: Der Traditionsverein FC Granada hatte soeben den Aufstieg von der dritten in die zweite spanische Liga perfekt gemacht. Euphorie durchflutete die Fangemeinde und die Hoffnung auf eine rosige Zukunft schien grenzenlos. Vereinspräsident Alfonso Suarez war all das jedoch nicht genug, er wollte seinem Klub mit aller Macht einen größeren Bekanntheitsgrad verleihen.
Und was machte man in den späten Achtzigern, um das zu erreichen? Man verpflichtet einfach mal den berühmtesten Namen der Fußballwelt: Maradona.
Zuungusten des frischgebackenen Zweitligisten befand sich Diego damals jedoch auf dem Zenit seiner Karriere: 1986 triumphierte er mit der Albiceleste bei der WM in Mexiko, in der Saison 1986/87 folgte das Double aus Meisterschaft und Pokalsieg mit der SSC Neapel.

Da die Verpflichtung der argentinischen Ikone mindestens utopisch erschien, verpflichtete Suarez kurzerhand dessen kleinen Bruder. Raul, besser bekannt als "Lalo", stand zum damaligen Zeitpunkt bei Boca Juniors unter Vertrag und hatte zuvor bereits für die U17-Nationalmannschaft auf dem Platz gestanden.
Lalo Maradona laut Diego "der Beste der drei" Brüder
Der Wechsel nach Granada, der den Klub rund 25 Millionen spanische Pesetas gekostet haben soll (heute umgerechnet ca. 120.000 Euro), sollte in erster Linie Aufmerksamkeit erzeugen. Gleichermaßen bestand jedoch die Hoffnung, dass Lalo den Verein auch sportlich vorantreiben könne. Zwar hatte er nicht ansatzweise die technischen Fähigkeiten oder die physische Beschaffenheit seines sechs Jahre älteren Bruders, ein begnadeter linker Fuß wurde ihm trotzdem nachgesagt.
Zudem hatte Diego bereits vor Lalos Boca-Debüt gegenüber der argentinischen Presse versichert, Lalo sei "der Beste der drei" Maradona-Brüder. Allein diese Vorschusslorbeeren – gepaart mit dem klangvollen Namen – machten den damals 20-Jährigen wertvoll.
Ein Bestandteil der Transfereinigung zwischen Lalo und seinem neuen Arbeitgeber war es, dass Diego ein Freundschaftsspiel für den andalusischen Klub absolvieren würde - ein riesiger Coup für alle, die es mit Granada hielten. Um die Fußball-Romanze zu komplettieren, wurde zudem noch der dritte Maradona-Bruder, der 18-Jährige Hugo, mit ins Boot geholt.
Diego Maradona über Granada-Testspiel: "Eine wunderbare Idee"
Am 15. November 1987 war es dann soweit. Warum Granada sich für dieses Spektakel ausgerechnet den schwedischen Meister Malmö FF als Kontrahenten ausgesucht hatte, erschloss sich nicht in Gänze. Der Gegner war an diesem Tag aber ohnehin nur zweitrangig.
"Die wunderbare Idee von Granada, mich mit meinen Brüdern zusammenzubringen, ist ein Traum, den ich schon immer verwirklichen wollte. Es wird das erste Mal sein, dass wir alle in einem offiziellen Spiel zusammen spielen", ließ Diego vor der Begegnung freudig verlauten.
ASDer ganze Maradona-Clan war in die Stadt gereist und wurde am Flughafen von einer ekstatischen Menschenmenge mitsamt Feuerwerk empfangen. Das Estadio Los Carmenes platzte aus allen Nähten, die Einheimischen drängten sich in jede Ecke, um einen Blick auf den argentinischen Superstar zu erhaschen, während dieser sein ikonisch-lässiges Aufwärmprogramm abspulte.
Die Partie entwickelte sich in der Folge ziemlich genauso, wie sich die Zuschauer es erträumt hatten. Nachdem Malmö in Führung gegangen war, setzte Diego seinen Bruder nach einer Brustannahme perfekt in Szene, Lalo schob zum Ausgleich ein. Nach einer erneuten Malmö-Führung verwandelte Diego in der zweiten Hälfte kurzerhand einen Freistoß zum 2:2 – gefolgt von einem ausgiebigen Jubelsprint. Den Schlusspunkt setzte Lalos neuer Teamkollege Manolo. Granada gewann schließlich mit 3:2 und "El Pibe de Oro" hatte den Fans geliefert, wonach sie sich gesehnt hatten.
Die durch das Spiel und den Lalo-Transfer ausgelöste Euphorie rund um Granada sollte jedoch allmählich abebben. Der Klub verabschiedete sich nach der Saison wieder in die dritte Liga und Lalo nach 19 Spielen und zwei Toren Richtung Japan.
Diese magische Novembernacht, in der alle Maradona-Brüder gemeinsam auf dem Platz standen, dürfte sowohl der Familie als auch den einheimischen Andalusiern dennoch auf ewig in Erinnerung bleiben.


