HINTERGRUND
Damit ein Vereinswechsel für einen Spieler ein Erfolg wird, muss alles stimmen. Es muss der richtige Zeitpunkt sein, der richtige Verein und der richtige Trainer, der auf den Neuzugang baut. Als Philippe Coutinho 2010 zu Inter Mailand ging, war es für den Brasilianer der falsche Zeitpunkt, der falsche Verein und auch der falsche Trainer. Keine große Überraschung also, dass das Engagement in Italien zwar lehrreich für Coutinho, aber sportlich gesehen ein Reinfall war. "Die Dinge liefen einfach nicht für mich. Aber es war trotzdem eine sehr, sehr wichtige Zeit für mich", sagte er 2015 CNN.
Schon 2008 hatte sich Inter die Dienste des damals gerade 16-Jährigen für rund vier Millionen Euro gesichert. Coutinho sollte sich aber noch zwei weitere Jahre bei seinem Klub Vasco da Gama entwickeln, bevor es 2010 für den Teenager nach Italien ging. Mit Jose Mourinho hatte sich dort der Trainer, der sich für Coutinho ausgesprochen hatte, gerade von den Nerazzurri verabschiedet. Im Moment seines großen Triumphes, dem Champions-League-Finalsieg gegen Bayern München, machte der Portugiese Schluss - und damit war der erste Fürsprecher Coutinhos schon weg, bevor der Offensivspieler auch nur eine Minute für die Nerazzurri gespielt hatte.
imago images / Sven SimonBild: imago images / Sven Simon
Mourinhos Nachfolger wurde Rafa Benitez. Der Spanier vertraute den gestandenen Spielern, die erst vor wenigen Wochen die Königsklasse gewonnen hatten. Coutinho musste sich mit Größen wie Wesley Sneijder und Goran Pandev um die Einsatzzeiten streiten und zog dabei regelmäßig den Kürzeren. "Ich hatte dann einige Verletzungen und wenig Spielpraxis", erinnerte er sich. Im Winter war er durch eine Knieblessur lange außen vor und kam in seiner Premieren-Saison insgesamt nur auf 20 Pflichtspieleinsätze, in denen er drei Scorerpunkte sammelte.
Die Eltern wollen schnell wieder zurück
Zu den Problemen im sportlichen Bereich kamen die privaten. Um Coutinho die Eingewöhnung in Italien zu erleichtern, zog nicht nur seine damalige Freundin und jetzige Frau Aine mit nach Mailand, sondern auch seine Eltern. Die gut gemeinte Aktion ging allerdings nach hinten los: "Es war schwer für meine Eltern. Sie waren schon älter, deshalb war es schwer für sie, eine neue Sprache zu lernen und sich an die neue Kultur zu gewöhnen", sagte Coutinho. "Mein Vater hat seinen Job aufgegeben, was ihn sehr geschmerzt hat, denn er muss einfach beschäftigt sein", ergänzte er.
Coutinhos Eltern zogen schließlich die Reißleine und wieder nach Brasilien zurück. "Das war die schlimmste Phase meiner Karriere, denn ich war zum ersten Mal von Zuhause weg und musste mich wieder ganz neu beweisen", blickte Coutinho zurück. In der Saison 2011/12 lief es für ihn nicht besser als in der vorherigen Spielzeit. Nur bei einer halbjährigen Ausleihe zu Espanyol in der Rückrunde zeigte der Brasilianer, was er leisten kann, wenn ein Trainer ihm alle Freiheiten schenkt. Nach seiner Rückkehr zu Inter, wo Andrea Stramaccioni der neue Coach war, machte er dort jedoch wieder keine Fortschritte.
imago images / InsidefotoBild: imago images / Insidefoto
In der Winterpause hatte Inter schließlich genug gesehen. Als sich der FC Liverpool meldete und Interesse an Coutinho bekundete, willigten die Italiener schnell ein und verkauften ihn für 13 Millionen Euro nach England. Aus Inter-Sicht war das ein gutes Geschäft: Mit einem wenig überzeugenden Ersatzspieler machten sie ein Plus in Höhe von neun Millionen Euro. Dass Liverpool fünf Jahre später Coutinho für mehr als das Zehnfache an den FC Barcelona verkaufen würde, konnten die Mailänder damals noch nicht ahnen.
"Wir hatten keine Geduld mit ihm und haben uns entschieden, ihn zu verkaufen", sagte Inter-Sportdirektor Piero Ausilio 2015 bei Sky Italia. Im Nachhinein gesehen zahlte sich die Ungeduld der Italiener für Liverpool aus. Für Inter Mailand und den FC Barcelona sind die Transfers von Philippe Coutinho hingegen rückblickend keine Erfolgsgeschichten.




