HINTERGRUND
Der Transfer von Leroy Sane zum FC Bayern München steht nach einer über einjährigen Odyssee kurz vor dem Abschluss. Einen neuen Vertrag bei Manchester City hatte der Nationalspieler mehrfach abgelehnt. Warum Teammanager Pep Guardiola Sane nicht halten konnte.
Bereits im vergangenen Sommer hatte der deutsche Rekordmeister den 24-Jährigen zum Transferziel Nummer eins auserkoren, ehe sich Sane das Kreuzband riss und ein Wechsel in weite Ferne rückte. Der Vorteil: Die Münchner haben die damaligen Forderungen der Skyblues von 120 Millionen Euro auf nun kolportierte 49 Millionen Euro (plus Boni von bis zu elf Millionen Euro) praktisch halbiert.
Eine angemessene Summe für einen Spieler, dessen Vertrag nach der kommenden Saison abgelaufen wäre - aber insbesondere angesichts der Marktunsicherheit, die durch den Ausbruch der Corona-Pandemie und der damit verbundenen Zwangspause verursacht wurde.
Jedoch bleiben einige Fragen unbeantwortet, wenn man bedenkt, dass Sane noch die besten Jahre seiner Profi-Karriere vor sich hat und von einem englischen Spitzenteam mit großen Zielen für eine - trotz der besonderen Ausgangslage - im Vergleich niedrige Summe in die Bundesliga wechselt. Der eigentliche Elefant im Raum ist aber: Was hätte Sane noch alles mit City erreichen können?
Pep Guardiola wollte Leroy Sane halten: "Ich liebe ihn so sehr"
Der ehemalige FCB-Trainer Guardiola hielt große Stücke auf den Flügelspieler und wollte, dass Sane auch künftig im Etihad Stadium spielt. Pep glaubte sogar zwischenzeitlich, dass er den Ex-Schalker von einem Verbleib überzeugt hatte und jener einen neuen Vertrag unterzeichnet. Dass die Bayern offensiv um die Dienste von Sane baggerten und alle, vom damaligen Münchner Trainer Niko Kovac bis zum Bundestrainer Joachim Löw, offen über die Vorteile eines Wechsels an die Isar sprachen, verdrehten dem Pep-Liebling schließlich den Kopf.
Getty Images"Wenn wir ein Angebot machen, dann weil wir ihn wollen. Er hat eine besondere Qualität, die schwer zu finden ist", sagte Guardiola nach der Wiederaufnahme des Spielbetriebs der Premier League: "Wir haben es vor der Verletzung und auch danach versucht, aber er hat das Angebot abgelehnt." Trotz der persönlichen Niederlage, seinen Schützling nicht umgestimmt zu haben, zeigte sich der City-Coach versöhnlich: "Er hat andere Wünsche und das verstehe ich. Wir wollen Spieler, die sich verpflichten und unsere Ziele erreichen wollen. Ich liebe ihn so sehr, er ist unglaublich. Ich habe nichts gegen ihn - er will nur ein weiteres Abenteuer."
Sane hatte sein Spiel unter Guardiola nach dem Wechsel von Schalke 04 auf ein neues Level gehoben. In Sachen Geschwindigkeit mit Ball, Zug zum Tor und in der Rückwärtsbewegung entwickelte sich der Angreifer unter dem Spanier nach anfänglichen Schwierigkeiten beinahe im Wochentakt weiter.
Sane-Wechsel: Nicht-Nominierung für WM-Kader der erste Auslöser
Doch erste Zweifel waren in Sane schon nach dem Saisonende 2017/18 aufgekommen, als er völlig überraschend aus dem Kader der Nationalmannschaft für die WM 2018 in Russland gestrichen wurde. Ein Schock für den damals 22-Jährigen. Das Turnier hätte seine herausragende Saison veredelt. Sane überzeugte mit seinen schnellen Dribblings sowie seiner Torgefahr auf ganzer Linie und hatte großen Anteil am Gewinn der Premier League und dem Ligapokal. Obendrein räumte er noch die Auszeichnung des besten Nachwuchsspielers der Saison ab. Dennoch war Sane nie unumstrittener Stammspieler unter Guardiola.
Löw ließ nach der WM insgeheim durchblicken, dass er Sane gerne wieder in der Bundesliga sehen wollen würde. "Wenn ein Spieler wie er in die Bundesliga zurückkehrt, ist das für alle doch sehr erfreulich. Er hat viele Besonderheiten, eine ganz andere Spielweise", sagte der Bundestrainer im Dezember vergangenen Jahres und schob schmeichelnd nach: "Er wäre eine Attraktion für die Bundesliga."
FC Bayern die richtige Adresse für Sanes DFB-Zukunft
Löws Aussagen waren ein zusätzlicher Anstoß für eine Rückkehr nach Deutschland. Insbesondere, weil die Europameisterschaft um ein Jahr verschoben wurde und die WM in Katar dann bereits in den Startlöchern steht, ist der Schritt an die Isar der perfekte Zeitpunkt für Sane und seine Chancen im DFB-Team. In München hat er die Möglichkeit, in einer Mannschaft zu glänzen, die die eigene Liga seit nunmehr acht Jahren in Folge nach Belieben dominiert und auch in der Champions League große Ziele hat. Außerdem trifft Sane auf Nationalmannschaftskollege Serge Gnabry, mit dem er die künftige Flügelzange sowohl im Verein als auch für Deutschland bilden könnte.
Die letztliche Entscheidung, Manchester den Rücken zu kehren, fiel vermutlich, als sich Sane dazu entschied, seine schwere Knieverletzung Bayern Münchens Chefarzt Dr. Müller-Wohlfahrt und nicht Guardiolas bevorzugten Chirurgen Dr. Ramon Cugat anzuvertrauen.
Auch Bayern Münchens Ehrenpräsident Uli Hoeneß "freut sich sehr" über den anstehenden Wechsel und kann es kaum abwarten, Sane im FCB-Trikot in der Allianz Arena spielen zu sehen. "Dieser Transfer wird die Attraktivität dieser Mannschaft nochmal verstärken. Das haben die Verantwortlichen gut gemacht", sagte er im Interview mit Sport 1.
Am Ende ist es also ein Deal, mit dem alle Parteien leben können. Die Bayern haben ihren Wunschtransfer, dem sie eine Karriere als Weltstar zutrauen - wenn auch mit einer fürstlichen Entlohnung von 22 Millionen Euro im Jahr. Und City generiert für einen bereits designierten Abgang noch Ablöse, die die Skyblues im Ringen mit dem Financial Fair Play in jedem Fall gebrauchen können.




