Jens TodtGetty Images

Kühne erhöht den Druck: Wann knickt der HSV-Aufsichtsrat ein?


HINTERGRUND

Der letzte Spieltag der Bundesliga -Saison ist zwar erst knapp vier Wochen her. Dennoch läuft bei vielen Klubs die Vorbereitung auf die neue Spielzeit bereits auf Hochtouren. Einige stehen mit ihrer Kaderplanung sogar kurz vor dem Abschluss. Nur beim Hamburger SV tat sich bislang kaum etwas. Jens Todt, seit Januar Sportchef bei den Rothosen und für die Zusammenstellung der Mannschaft verantwortlich, ist um seine Aufgabe in der Hansestadt wirklich nicht zu beneiden. Mit der Vorgabe des Aufsichtsrates, Personalkosten zu senken, und einer leeren Vereinskasse im Hintergrund lautet Todts Auftrag, quasi ohne Geld ein konkurrenzfähiges Team für die kommende Spielzeit zu formen. An diesem Auftrag sind vor ihm bereits mehrere Sportchefs gescheitert.

Erlebe die Bundesliga-Highlights auf DAZN. Hol' Dir jetzt Deinen Gratismonat!

HSV wird Großverdiener nicht los

Weil unter der Regie des Ex-Vorstandsbosses Dietmar Beiersdorfer Gehälter, Verluste und die Verschuldung maßlos in die Höhe getrieben wurden, steckt der Bundesliga-Dino vor der Saison 2017/18 in einer nicht ungefährlichen Ausgangslage. Trotz der Zusage des Investors Klaus-Michael Kühne, neues Geld für Transfers zur Verfügung zu stellen, haben die Aufsichtsräte des HSV ihr anfängliches Einverständnis für einen Deal mit dem 80-jährigen Unternehmer nach einem Treffen vor etwa zwei Wochen nach Goal -Informationen zurückgezogen. Einer von mehreren Gründen für diese Maßnahme: Kühne stellt nur Darlehen für Ablösesummen zur Verfügung, Gehälter muss der HSV selbst bezahlen. Und das kann er nicht.

Dem Vernehmen nach darf sich Todt nur innerhalb eines Budgets von 48 Millionen Euro bewegen. Aktuell liegen die Kosten für den Spielerkader aber knapp darüber. Heißt: Will Todt neue Verträge abschließen oder bestehende verlängern, zum Beispiel mit Stürmer Bobby Wood, muss er zunächst einige Großverdiener los werden. Dazu zählen unter anderem Lewis Holtby, Aaron Hunt oder Pierre-Michel Lasogga. Einen Markt gibt es für diese Spieler in Anbetracht ihrer enormen Jahresgehälter derzeit nicht. Erst kurz vor dem Ende der Transferperiode - also in etwas mehr als zwei Monaten - könnten einige Klubs aufgrund schlechter Ergebnisse zu Panikkäufen tendieren und Last-Minute-Angebote abgeben, prognostizieren Insider. So lang wird der HSV aber nicht warten können. Chefcoach Markus Gisdol steht mit Mergim Mavraj Stand jetzt nur ein einziger Innenverteidiger zur Verfügung.

Kühne: "Bewegt euch ein bisschen schneller"

Der Druck auf die Verantwortlichen wird mit jedem weiteren verlorenen Tag größer. Insbesondere auf den Aufsichtsrat, der in der Öffentlichkeit und in Fankreisen für den Transfer-Stop verantwortlich gemacht wird. Auch Investor Kühne scheint immer unruhiger zu werden. In einem Interview mit dem TV-Sender SAT1 sagt er: "Es ist ein bisschen spät. Man sieht es bei den anderen Vereinen. Da werden täglich Meldungen von Neuverpflichtungen von sehr interessanten Spielern veröffentlicht. Beim HSV gab es bisher keinen einzigen." Für die kommenden Wochen fordert er, dass das Konzept des Trainers von seinen Vorgesetzten umgesetzt wird. "Ich glaube, das wird jetzt geschehen. Es ist dringend notwendig. Wenn das Konzept des Trainers voll akzeptiert wird, bin ich bereit, weiterhin zu helfen", so der 80-Jährige. Beim HSV fehle ihm die Dynamik, die Zusammenarbeit verlaufe zu langsam. Seine Botschaft ist deutlich: "Ich versuche zu ermahnen: Bewegt euch mal ein bisschen schneller."

Dass öffentliche Statements des wichtigsten Geldgebers des Klubs Wirkung entfalten, war in den vergangenen Jahren immer wieder gut zu beobachten. Auch in diesem Fall ist eine Reaktion nur eine Frage der Zeit. Es hängt am Aufsichtsrat, Kühnes Bedingungen zuzustimmen und Todt mit frischem Geld auf große Shopping-Tour zu schicken. Eine Liste mit Wünschen habe Gisdol ihm bereits vor Wochen überreicht. Abarbeiten kann der Sportchef sie ohne Geld allerdings nicht. Klar ist allen Beteiligten: Mit diesem Kader, der in der abgelaufenen Saison nur mit großer Mühe die Klasse hielt, wird es in Anbetracht der gut aufgestellten Aufsteiger VfB Stuttgart und Hannover 96 noch mal deutlicher schwerer, in der Bundesliga zu bestehen. Die Notwendigkeit für Erneuerungen auf mehreren Positionen war unübersehbar. Dieser Sichtweise widerspricht der Aufsichtsrat nicht. Jedoch steht die Mehrheit der Kontrolleure neuen Kühne-Darlehen zurückhaltend gegenüber. Nur wie lange noch?

Werbung

ENJOYED THIS STORY?

Add GOAL.com as a preferred source on Google to see more of our reporting

0