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Kroatien jubelt: Dem Ritterschlag folgt das Reife-Zeugnis

Vicente del Bosque wusste ganz genau, was Spanien im letzten EM-Gruppenspiel erwartet. "Kroatien ist eines der besten Teams, die ich bisher gesehen habe", adelte der Coach des amtierenden Europameisters auf der abschließenden Pressekonferenz den kommenden Gegner.

Und alle, die dahinter lediglich das Starkreden des Kontrahenten vermuteten, sahen sich allerspätestens nach den 90 Minuten am Dienstagabend getäuscht. 2:1 hieß es am Ende. Nicht für Spanien, sondern für die Kroaten, die die Iberer damit überholten und die Gruppe D als Erster beenden.

Vorausgegangen war eines der niveauvollsten Spiele des bisherigen Turniers. Eines, das Tempo, das Technik, das schöne Ballstafetten, rassige Zweikämpfe und einige Wendungen zu bieten hatte.

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Das erste Zeichen setzten dabei die Spanier. Ein traumhafter Pass von David Silva schnitt die kroatische Abwehr auf, schließlich war Alvaro Morata zur Stelle. Führung für La Roja. Und schon das dritte Turnier-Tor des Mannes, der kommende Saison wieder für Real Madrid spielen wird.

Spanien erwischt besseren Start

Del Bosques Elf hatte fortan weiterhin Oberwasser. Das Passpiel im Mittelfeld um Andres Iniesta, Cesc Fabregas und Sergio Busquets funktionierte exzellent. Dass der Coach trotz des bereits feststehenden Achtelfinal-Einzugs seine beste Elf aufbot, zahlte sich aus.

Die Kroaten waren zwar sehr bemüht, hielten gut dagegen, taten sich in dieser Phase noch schwer, Torgefahr zu erzeugen. Lediglich eine Unachtsamkeit von David De Gea ließ es vor dem spanischen Kasten einmal brenzlig werden. Dennoch war spürbar, dass die Mannen vom Balkan - wie es del Bosque prophezeite - durchaus ebenbürtig sein können.

Einer stach dabei besonders hervor: Ivan Perisic. Wie schon in den ersten beiden Vorrunden-Partien gegen die Türkei und Tschechien lieferte der frühere Bundesliga-Profi eine hervorragende Leistung ab. Spritzig, schnell, stark im Dribbling, trickreich - die Qualitäten des 26-Jährigen waren nicht nur schön anzuschauen, sie sorgten letztlich auch für den entscheidenden Punch.

Perisic' Gala-Auftritte

Den Treffer zum 1:1 kurz vor dem Pausenpfiff bereitete Perisic wundervoll vor. Juanfran, europaweit derzeit einer der besten Rechtsverteidiger, ließ er aussehen wie einen Schuljunge. Die anschließende Flanke war perfekt getimed für Nikola Kalinic, der De Gea per Hacke überwand.

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Nicht nur offensiv, auch im Defensivspiel gefiel Perisic. Mit deren 17 bestritt er die meisten Zweikämpfe bei den Kroaten, gewann davon mehr als die Hälfte. Auch dank ihm wurde Kroatien im zweiten Abschnitt immer stärker, hatte plötzlich das Heft des Handelns in der Hand.

Von den Spaniern kam indes nur noch wenig. Und doch schienen sie plötzlich wieder auf die Siegerstraße einzubiegen, als Sime Vrsaljko im Strafraum Silva leicht berührte und Schiedsrichter Björn Kuipers umstrittenerweise auf den Elfmeterpunkt zeigte. Sergio Ramos jedoch verschoss - und ebnete damit unfreiwillig den Weg für Perisic' ganz großen Auftritt.

Jetzt Titelfavorit?

Als die 22 Mann auf dem Rasen von Bordeaux bereits müde wirkten, schickte Kalinic den Inter-Star auf die Reise. Perisic zog in den Strafraum ein, zog aufs kurze Eck ab - und überwand damit de Gea, der keine gute Figur machte (87.). Für Kroatien war einer der bedeutendsten Siege der jungen eigenständigen Historie des Landes damit eingetütet. Und ganz nebenbei der Gruppensieg, der aufhorchen lässt.

"Fantastich! Wir haben ein Spiel wie dieses, einen Sieg wie diesen verdient", jubilierte Ivan Rakitic. "Wir haben gegen das beste Team der Welt gespielt, das seine stärkste Elf aufgeboten hat. Das zeigt, dass sie Respekt vor uns hatten."

Dem Ritterschlag durch Europameister-Trainer del Bosque ließen die Südosteuropäer jedenfalls ein Reife-Zeugnis folgen. Eines, mit dem sie sich nun berechtigterweise zumindest auf die Rolle als Mitfavorit auf den EM-Titel bewerben dürfen.

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