KOMMENTAR
Eine Woche ist es her, da wunderte man sich bei Schalke 04 etwas schadenfroh über den Reviernachbarn Borussia Dortmund. Denn während beim BVB eine öffentliche Trainerdiskussion entfachte, die im Rauswurf von Thomas Tuchel gipfelte, blieb es in Gelsenkirchen, trotz Albtraum-Saison ruhig – eine trügerische Ruhe, wie wir seit Freitag wissen.
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Inzwischen ist diese Ruhe dahin und es scheint auf Schalke alles beim Alten: Königsblau setzt den Trainer vor die Tür – wie in gefühlt jedem Jahr. Nach Andre Breitenreiter 2016 heißt der Buhmann in dieser Saison Markus Weinzierl. Ohnehin schaffte es seit Mirko Slomka kein Coach, mehr als zwei Jahre im Amt zu bleiben. Man ist also geneigt zu sagen "typisch Schalke".
Dabei sollte alles viel besser werden. Der negativ konnotierte Begriff "typisch Schalke" sollte mit Amtsantritt von Sportvorstand Christian Heidel künftig nur noch in einem komplett anderen Zusammenhang fallen. Dabei helfen sollte Wunschtrainer Weinzierl, für den Heidel bereit war, tief in die Tasche zu greifen. Ein Fehler.
"Der nächste Nagelsmann" als Heilsbringer
Denn das Fazit nach elf Monaten Weinzierl fällt verehrend aus. Sportliche Weiterentwicklung? Fehlanzeige. Statt im oberen Tabellendrittel ist man im grauen Mittelfeld der Liga angekommen. Dass selbst Heidel zuletzt öffentlich zugab, ein "klar erkennbares taktisches Konzept" vermisst zu haben, war eine schallende Ohrfeige für den Trainer.
Doch nicht nur auf dem Rasen scheint einiges im Argen zu liegen. Glaubt man den Aussagen von Max Meyer und vor allem Yevhen Konoplyanka, hatte der Coach auch zwischenmenschlich Probleme mit seiner Mannschaft. Diese Erkenntnis brachte das Fass schließlich zum Überlaufen und zwang den Manager dazu, die Reißleine zu ziehen.
Der erst 31 Jahre junge Domenico Tedesco soll nun dafür sorgen, dass tatsächlich alles besser wird. Als der „nächste Julian Nagelsmann“ hat der Deutsch-Italiener in der vergangenen Saison eindrucksvoll mit Erzgebirge Aue die Klasse in der zweiten Liga gehalten – und dabei Profil gezeigt. So stellte er in nur drei Monaten im Erzgebirge ein taktisches Konzept unter Beweis, wie man es auf Schalke von Weinzierl erwartet hatte.
Doch hat das Trainer-Talent mit nur drei Monaten Erfahrung im Profifußball wirklich das Zeug, es auch beim chronisch unruhigen Revierklub zu packen? Oder heißt es im nächsten Jahr wieder "typisch Schalke"? Diesem Klub ist alles zuzutrauen.


