Kommentar zur Gala von Manchester City gegen Real Madrid: Dieser Klub hat den Titel nicht verdient, aber ...

Was Manchester City beim 4:0-Sieg im Halbfinal-Rückspiel der Champions League gegen Real Madrid gezeigt hat, war sehr nahe an der Perfektion. Oder war es sogar Perfektion? Womöglich war es der beeindruckendste Auftritt einer Fußball-Mannschaft seit den großen Zeiten des FC Barcelona. Damals, als Pep Guardiola dort Trainer war.

2009 und 2011 führte Guardiola Barça zum Sieg in der Champions League. Seitdem scheiterte er mit dem FC Bayern München und City unter teils grotesken Umständen immer wieder. Manchmal hatte er Pech, oft hat er sich vercoacht. Diesmal machte er es sich ganz einfach: Guardiola ließ seine Mannschaft Guardiola-Fußball spielen. Den schönsten Fußball unserer Zeit.

Kevin De Bruynes Pass vor dem 1:0, Phil Fodens Pass vor dem 4:0 und dutzende weitere solcher Pässe. Traumhaft, nicht zu verteidigen. Real Madrid kam phasenweise nicht an den Ball und nicht in die Zweikämpfe und überraschenderweise auch nicht weiter. Aus den letzten Jahren war schließlich bekannt: Real kann noch so unterlegen sein, noch so aussichtslos zurückliegen - an einem Weiterkommen hinderte das diese Mannschaft selten.

Obwohl City in der zweiten Halbzeit nicht mehr ganz so dominant auftrat wie in der ersten, hatte Real diesmal keine Chance auf ein Comeback. City ließ den Ball laufen, verteidigte konzentriert und baute die Führung sogar noch aus. Dank eines Standardtores und dank einer Co-Produktion der beiden Joker Foden und Julián Álvarez. Diese Mannschaft kann alles, ist für alle Eventualitäten gerüstet. Am 10. Juni im Finale von Istanbul sollte sie sich gegen Inter Mailand krönen.

Manchester City: Verwerfliches Finanzgebaren - viel Talent

Was wunderschön anzuschauen ist, kostet viel Geld. Etwa zwei Milliarden Euro hat ein Investmentunternehmen aus dem Emirat Abu Dhabi seit der Klub-Übernahme 2008 auf der verzweifelten Jagd nach dem Champions-League-Titel in den Kader investiert. Zu diesen ohnehin schon obszönen Summen kommen große Bedenken, wie rechtens die Finanzspritzen waren. Seit Jahren befindet sich City in einem Disput mit der UEFA über die Einhaltung des Financial Fairplay. Solch ein Gebaren sollte nicht mit dem langersehnten Erfolg belohnt werden.

RUBEN DIAS JOHN STONES MANCHESTER CITYGetty Images

Anders als Katar-Pendant Paris Saint-Germain hat City das viele Geld aus Abu Dhabi in den vergangenen Jahren aber immerhin klug eingesetzt. Die vier teuersten Transfers der Klubgeschichte standen bei der Gala gegen Real allesamt in der Startelf und überzeugten: Jack Grealish, Kevin De Bruyne, Rúben Dias und Rodri. Dazu der Top-Neuzugang des vergangenen Sommers: Erling Haaland.

Guardiola hat diese sündhaft teuren Spieler über die Jahre zu einer erfolgreichen Einheit geformt, die miteinander spielt und füreinander kämpft (anders als PSG). So verwerflich das Finanzgebaren dieses Klubs ist, so herausragend ist das Talent des Trainers und das seiner Mannschaft. Nach vielen nationalen Titeln hat Guardiola seinen ersten Champions-League-Triumph außerhalb von Barcelona verdient, die Spieler ihren ersten überhaupt.

Und was bei der berechtigten Kritik an den aktuellen Eigentümern gerne vergessen wird: City ist ein Traditionsklub mit großen und vor allem auch leidgeprüften Fanmassen (die mit den aktuellen Eigentümern selbstverständlich kritischer umgehen sollten). Treue Anhänger hatte der Klub schon, bevor er viel Geld hatte: Bei Erfolgen wie den Meistertiteln 1937 und 1968, aber auch beim tiefen Fall in die Drittklassigkeit während der 1990er-Jahre.

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