Die Heim-EM sollte für Michel Platini die große Bühne werden - stattdessen steht der tief gefallene einstige Weltstar im Abseits. Was für eine Rolle das französische Fußball-Idol bei der EURO (10. Juni bis 10. Juli) überhaupt noch spielen wird, ist wenige Tage vor Turnierbeginn unklar.
"Er darf vom Ausrichter nicht eingeladen werden, er darf aber eine Karte kaufen. Wir müssen noch herausfinden, welche Rechte er besitzt. Wir wollen nicht gegen FIFA-Auflagen verstoßen", sagte der griechische UEFA-Interims-Generalsekretär Theodore Theodoridis.
Die Lage ist konfus: Die UEFA führt den für vier Jahre gesperrten Platini noch immer als Präsident, obwohl der 60-Jährige nach dem Scheitern vor dem Internationalem Sportgerichtshof CAS bereits ausdrücklich seinen Rücktritt erklärt hat. Mitte September wird erst ein Nachfolger gekürt - so lange führt die UEFA ihn wohl trotz Handlungsunfähigkeit noch als ihren Boss.
Vom Spieler zum Trainer
Dabei steht Platini längst vor den Scherben seiner Funktionärslaufbahn. Sein steiler Aufstieg begann an einem Sommerabend 1982 in Sevilla mit einer bewegenden Szene. Nachdem im WM-Halbfinale Deutschlands Torhüter Toni Schumacher Patrick Battiston umgerammt hatte, drückte Platini seinem leblos auf der Trage liegenden Mitspieler auf dem langen Weg in die Kabine fest die Hand. Zu diesem Zeitpunkt stand es 1:1. Frankreich ging 3:1 in Führung, verlor dann aber doch noch im Elfmeterschießen.
Platini nahm seine sportliche Revanche zwei Jahre später bei der EM 1984, als vor allem er mit neun Toren in fünf Spielen der Grande Nation den ersten internationalen Titel überhaupt bescherte. Nachdem er 1987 seine Profikarriere mit 356 Toren für AS Nancy, AS St. Etienne und Juventus Turin beendet hatte, wurde der laut France Football vor Zinedine Zidane "beste französische Fußballer des 20. Jahrhunderts" 1988 Trainer der Nationalmannschaft, für die er als Spieler in 72 Einsätzen 41 Treffer erzielt hatte.
Seinerzeit gewann die Équipe tricolore alle Qualifikationsspiele für die EM in Schweden, scheiterte bei der Endrunde aber krachend. Platini trat zurück und erklärte Jahre später: "Ich wusste, wie ein Spielmacher für ein Match eine Mannschaft führen musste. Das war eine Kommandosache von drei oder vier Tagen. Aber ich hatte keine Ahnung, wie ein Turnier zu gestalten ist."
Auch eine Modefirma "Nummer 10" setzte er in den Sand. Seine Rolle als Co-Präsident des lokalen Organisationskomitees der WM 1998 neben Fernand Sastre war ehrenamtlich. Er unterstützte Sepp Blatter in dessen Wahlkampf um das Präsidentenamt beim Weltverband FIFA gegen den UEFA-Chef Lennart Johansson.
Aufstieg im Schatten Blatters
Nach der Wahl Blatters wurde Platini dessen Berater für einen Jahreslohn von 300.000 Franken und kassierte Jahre später noch eine Abfindung von zwei Millionen – obgleich es keinen Vertrag gab. Genau diese Zahlung brachte ihn später zu Fall.
2007 half Blatter ihm, UEFA-Präsident zu werden. Erneut hieß der Gegner Lennart Johansson. Auf dem Europa-Thron führte Platini die "Meister-Runde" in der Qualifikation zur Champions League ein, die vier Vereinen aus kleinen Ländern einen Startplatz garantiert. Und er sorgte dafür, dass die EM von 16 auf 24 Teilnehmer ausgeweitet wurde.
Als ihn Ende 2015 der Bannstrahl der FIFA-Ethikhüter traf, stieß Platini grollend aus: "Ich komme wieder." Gut möglich, nach Ablauf der Sperre ist Platini noch im besten Alter für einen Fußball-Funktionär. Insider wetten bereits auf einen Posten bei Paris St. Germain (Platini hatte bei der WM-Vergabe 2022 für Katar gestimmt) oder bei seiner alten Liebe Juventus Turin.
