KOLUMNE
Fünf Jahre sind im Profifußball eine gefühlte Ewigkeit. Als ich 2012 anfing für Goal zu arbeiten, war der Hamburger SV in meinen Augen noch ein Klub mit Ambitionen, Zielen und großer Erwartungshaltung. Heute ist davon kaum noch etwas übrig, im Gegenteil. Neben all den sportlichen und anderweitigen Niederlagen der letzten Jahre steckt die größte Gefahr im Verlust der Leidenschaft und Begeisterung für seinen Verein. Und dieser Prozess ist bei etlichen Fans in vollem Gange.
Allerdings gibt es nicht den einen Grund und nicht den einen Auslöser, der den Verfall des einst so großen Bundesliga-Dinos erklären könnte. Es ist eine inzwischen unzählbar lange Liste von Fehlentscheidungen - verantwortet von vielen unterschiedlichen Protagonisten mit unterschiedlichen Konzepten, aber immer gleicher Umsetzung. Und es ist vor allem mangelnder Konsequenz geschuldet, um aus dem Teufelskreis endlich auszubrechen.
Enttäuschung über die vertane Chance durch die Ausgliederung
Obwohl mit der Ausgliederung vor mehr als drei Spielzeiten zumindest die Chance auf einen Neuaufbau so groß war wie lange nicht, wissen wir heute, dass Wille und Mut zur Veränderung nur bei vielen enthusiastischen Mitgliedern vorhanden war. Nicht aber bei denen, die diesen Neuanfang hätten aktiv gestalten sollen. Geblieben ist die Enttäuschung darüber, wieder einmal getäuscht worden zu sein.
Ich will dem Fußball gerade heute an Heiligabend nicht irgendeine Bedeutung beimessen, die er gar nicht verdient. Letztlich ist es nur ein Spiel, es ist Unterhaltung und Ablenkung vom Alltag. Und doch stecken in diesem Spiel so viel Kraft und Emotionen, dass es etwas mit uns machen kann. Ich habe in den vergangenen Jahren viele von Euch und mich selbst dabei beobachten können, wie die ständige Wiederholung der Ereignisse und die schwindende Aussicht auf Besserung für Zermürbung gesorgt hat.
Trotz allem möchte ich meine letzte Kolumne für Goal nicht mit Worten schließen, die nur den Eindruck bestärken, es sei sinn- und zwecklos an bessere Zeiten für den HSV zu glauben. Sondern mit ein paar persönlichen Wünschen für die kommenden Jahre. Zum Beispiel, dass der Verein nachhaltig daran festhält, jungen, unverbrauchten Spielern eine echte Chance zu geben. Selbst in einer vermeintlich so unruhigen und ungeduldigen Stadt wie Hamburg ist das möglich. Fiete Arp und Tatsuya Ito sind die Hoffnungsschimmer eines ansonsten eher mittelmäßigen Kaders. Aber das ist längst keine Neuigkeit mehr.
Auch mehr Mut zur Ehrlichkeit würde dem HSV in Zukunft gut zu Gesicht stehen. Es bringt nämlich nichts, seinen Fans eine heile Welt vorzumachen, weder in sportlichen noch finanziellen Fragen, während jede getroffene Maßnahme und jeder Fakt eine andere, eindeutige Sprache spricht. Ein Großteil der Anhänger weiß inzwischen sehr genau um die Folgen des jahrelangen Missmanagements.
Wird die Talfahrt gestoppt?
Was fehlt, sind ein nachvollziehbarer Plan und positive Signale, wie die Krise überwunden werden kann. Es grenzt jedoch an Wahnsinn, wenn man immer wieder das Gleiche tut, aber andere Resultate erwartet. Damit muss Schluss sein, andernfalls wird die Talfahrt des HSV wahrscheinlich kein Ende nehmen.
Definitiv enden wird an dieser Stelle meine Tätigkeit für Goal. Nach fünf gemeinsamen Jahren haben wir entschieden, die Zusammenarbeit nicht fortzusetzen. Und diese letzte Gelegenheit möchte ich noch einmal nutzen, um mich bei den vielen Lesern für ihre Nachrichten und ausführlichen Diskussionen auf allen möglichen Kanälen zu bedanken. Es hat mir trotz der Umstände sehr viel Spaß gemacht, den HSV für Euch begleiten zu dürfen.
Ich wünsche Euch und Euren Familien besinnliche Weihnachten, eine schöne Zeit und einen guten und erfolgreichen Start ins neue Jahr. Bis bald!
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