Rekordspieler und BVB-Kandidat! Warum das größte US-Talent mit 18 Jahren aufhörte

Für viele Jugendspieler ist es der Moment, auf den sie ihr ganzes bisheriges Leben hingearbeitet haben: die Unterschrift des ersten Profivertrags. Von nun an soll es in ihren Vorstellungen nur noch in eine Richtung gehen, steil nach oben.

Bei Jeff Dewsnup war jene Unterschrift ein Wendepunkt in seinem Leben. Aber statt eines steilen Aufstieges folgte beim US-Talent schnell der Fall in ein tiefes Loch. Das dramatische Ende war letztlich ein Karriereende mit nur 18 Jahren. "Jetzt ist es an der Zeit, meine Geschichte mit der Welt zu teilen", äußerte er sich Anfang 2023 vielsagend. Was war passiert?

Dewsnup war Torhüter und schon früh wurde sein außergewöhnliches Talent deutlich. Er war Junioren-Nationalspieler der USA und unterzeichnete mit 16 einen Profivertrag bei Real Salt Lake, in diesem Alter Vereinsrekord übrigens. Der MLS-Klub setzte den Youngster zunächst bei der Reserve in der zweithöchsten Spielklasse ein, wo er ebenfalls schnell eine Bestmarke aufstellte. Mit 17 Jahren, zwei Monaten und 18 Tagen wurde er zum jüngsten Torhüter mit einem Spiel ohne Gegentreffer in der Ligageschichte. Der Hype um den jungen Schlussmann wurde von Spiel zu Spiel größer.

War Jeff Dewsnup sogar ein Thema beim BVB?

"Aus sportlicher Sicht kann ich mich über dieses erste Jahr nicht beklagen", sagte Dewsnup rückblickend bei SPORTbible. "Es war ein sehr gutes Jahr für mich. Ich habe 25 Spiele in der zweiten Mannschaft bestritten und saß in der ersten Mannschaft von RSL oft auf der Bank."

Sein Klub hatte einen klaren Plan, wie er nach und nach die Nummer eins in der MLS werden sollte, denn zu diesem Zeitpunkt signalisierten wohl bereits Klubs wie Borussia Dortmund, PSV Eindhoven, Crystal Palace und der FC Fulham Interesse. Doch mit den hohen Erwartungen Außenstehender an ihn stieg auch der Druck auf das Talent selbst.

"Es war etwas, mit dem ich zu kämpfen hatte", so Dewsnup weiter. "In jenem Jahr hatte ich ständig mit dem Druck zu kämpfen, der auf mir lastete. Aber das hat sich nicht wirklich auf meine Leistungen ausgewirkt. Ich glaube, ich bin gut darin, meine Gefühle zu verbergen. Wenn ich gespielt habe, habe ich mich wie ein Monster gefühlt, aber man spielt ja nur 90 Minuten, und dann hat man den Rest seines Lebens damit zu leben."

Sein erstes Jahr als Profi öffnete ihm die Augen, gab er zu. Der Druck von außen, der Umgang untereinander und die allgemeine Erwartungshaltung wurden ihm persönlich schnell zu viel. Er litt an Angstzuständen und Depressionen. "Ich habe Medikamente dagegen eingenommen, aber im Januar 2022 wurde es so schlimm, dass ich beschloss, mein Leben wirklich zu überdenken und herauszufinden, wo ich am glücklichsten bin."

Mit nur 18 Jahren: Jeff Dewsnup zieht einen Schlussstrich - und wird Musiker

Dewsnup zog sich komplett zurück - und traf eine weitreichende Entscheidung. Nur knapp ein Jahr nach der Unterschrift des Profivertrags war Schluss mit Fußball. Es ging nicht mehr. "Ich war einfach ein sehr isolierter Mensch. Ich hatte keine Motivation für das Leben im Allgemeinen. Ich habe nur in meinem Zimmer auf meiner Gitarre gespielt. Das war wahrscheinlich der Tiefpunkt", blickte er darauf zurück. Er konnte sich nicht einmal aufraffen, seine Entscheidung den Klubverantwortlichen persönlich mitzuteilen. Sein Berater und sein Vater klärten Real Salt Lake auf und waren "sehr überrascht" - wie viele hoffnungsvolle Fußballfans im ganzen Land. "Es war für alle eine Überraschung, mich sozusagen verschwinden zu sehen. Viele Leute können es bis heute nicht so ganz verkraften", sagte er.

Letztlich war es die Musik, welche Dewsnup aus seinem mentalen Loch holte. Sie rettete "auf jeden Fall" sein Leben, wie er zugab: "Ich fühlte mich völlig hoffnungslos in Bezug auf alles. Das einzige Ventil, das ich zu haben schien, war, darüber zu schreiben. Ich glaube, wenn ich keine Musik um mich herum gehabt hätte, wenn ich nicht in der Lage gewesen wäre, mich durch Musik auszudrücken, wäre ich in einer viel schlimmeren Situation gewesen, als ich es jetzt bin. Deshalb sage ich, dass die Musik mich gerettet hat."

Dem Fußball den Rücken zu kehren, war für das ehemalige Torwartjuwel essenziell. Mittlerweile ist er Teil einer Band. Im Sommer 2023 ist eine Tour durch mehrere Staaten in den USA geplant. Druck und Erwartungshaltung aus dem Fußballbusiness ist er noch rechtzeitig entflohen. "Nachdem ich mit dem Fußball aufgehört hatte, gab es Kritik an mir, aber ich denke, egal, wofür man sich entscheidet, man sollte alles für sich selbst tun. Dein Glück liegt ganz bei dir. Wir sind alle unterschiedliche Menschen und die psychische Gesundheit eines jeden ist genauso wichtig wie die eines jeden anderen", schloss er mit starken Worten ab.

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