Wer bei YouTube "Iván de la Peña Passes" eingibt, verliebt sich in diesen Typen. "Isso", würde Marco Reus vielleicht sagen. Denn jeden dieser Pässe, die man in den Clips dann von ihm zu sehen bekommt, ahnt man in seiner Fantasie voraus. Weil man genau sieht, dass der Ball exakt so gespielt werden muss, wenn man die Totale vor sich hat und alle Zeit der Welt, darüber nachzudenken. De la Peña sah all das auf dem Rasen innerhalb von Millisekunden, er erkannte die kleinsten Lücken als ideale Wege für seine Anspiele und schüttelte die Traumpässe nur so aus dem Fußgelenk.
De la Peña war ein Genie, so einer mit einer romantischen Beziehung zum Ball. Vermutlich könnte er heute deutlich berühmter sein, sieht man sich an, was er drauf hatte. Aber er war mitunter eben auch schwierig, ließ sich ungerne in Systeme pressen, war zumeist lauffaul und wahrscheinlich ein bisschen zu entspannt.
In Santander, einer Küstenstadt im Norden Spaniens, wurde de la Peña geboren. Mit 15 kam er in Barças berühmte Nachwuchsakademie La Masia, schaffte mit 19 unter Johan Cruyff den Sprung in die erste Mannschaft der Katalanen. Sein Talent war offensichtlich, auf Anhieb glückte ihm in der Spielzeit 1995/96 der Sprung zum Stammspieler. Sieben Tore erzielte de la Peña gleich in seinem ersten Jahr, in Spanien erhoffte man sich von ihm das, was Jahre später Xavi und Andres Iniesta verkörpern sollten.
Iván de la Peña: Geadelt von Ronaldo
Als Cruyff im Sommer 1996 ging und Bobby Robson das Traineramt übernahm, wurde de la Peña sogar noch besser. Bei Cruyff noch hier und da in wichtigen Spielen auf die Bank gesetzt oder auf den Flügel beordert, war er nun der klare Spielmacher einer spektakulären Barça-Elf, die in LaLiga Zweiter wurde, die den Pokal gewann und im Europapokal der Pokalsieger nach einem 1:0-Finalsieg über Paris Saint-Germain triumphierte.
Der technisch so versierte Spanier wirbelte an der Seite von Größen wie Luís Figo, Luis Enrique oder Hristo Stoichkov, fütterte Ausnahmestürmer Ronaldo mit seinen messerscharfen Zuspielen in die Tiefe. Der Brasilianer, der nur ein Jahr bei Barça bleiben sollte, bewunderte de la Peña für dessen Kreativität und Übersicht.
GettyMauricio Pochettino untermauerte das einst mit einer Anekdote. Angesprochen auf das Barça-Debüt von Lionel Messi, bei dem Pochettino seinerzeit als Verteidiger bei Gegner Espanyol auf dem Platz stand, sagte der Argentinier in einem Interview: "Als Messi sein Debüt feierte, war das wie bei jedem anderen Talent aus der Akademie - nicht anders als bei Xavi, Iniesta oder de la Peña. Wobei: Als de la Peña anfing, für Barcelona zu spielen, gab es eine Explosion an Euphorie. Ich werde mich immer daran erinnern, wie Ronaldo sagte, de la Peña sei der beste Spieler gewesen, den er in seinem Leben sah und mit dem er zusammenspielte."
Auch Barças Fans verehrten de la Peña - und der nahm den Hype dankend an, verhielt sich währenddessen aber wahrscheinlich nicht immer so professionell, wie er es hätte tun sollen. In der Saison 1997/98, unter Robsons Nachfolger Louis van Gaal, begann der Glanz zu bröckeln. De la Peña überzeugte nicht und van Gaal setzte ihn irgendwann nur noch sporadisch ein. Die strikten Vorgaben des späteren Bayern-Trainers waren nichts für de la Peña, er sah seinen Freigeist dadurch beschränkt.
Iván de la Peña: Renaissance bei Espanyol
Im Sommer 1998 wurde de la Peña, inzwischen 22, daher an Lazio Rom verkauft, kam in Italien jedoch auch nicht zurecht. Leihen nach Marseille und zurück zu Barça halfen nicht, während letztlich vier Vertragsjahren in Rom machte er nur 25 Pflichtspiele für Lazio. Es mutet seltsam an, dass 2002 ausgerechnet der Wechsel zu Barças Stadtrivale Espanyol de la Peñas Karriere noch einmal neuen Schwung verleihen konnte.
De la Peña erreichte nach und nach sein altes Niveau wieder, in der Saison 2004/05 machte er aus dem Abstiegskandidaten Espanyol dann plötzlich ein Team, das im oberen Drittel von LaLiga mitspielte. Zweimal in Folge qualifizierte sich Espanyol für den UEFA-Cup, wurde 2006 sogar spanischer Pokalsieger.
Über Espanyol schaffte es de la Peña sogar doch noch in die spanische Nationalmannschaft, wurde in seinen neun Jahren dort zur Klublegende und tat auch Barça noch einmal so richtig weh: Im Februar 2009 gelangen dem seinerzeit inzwischen 32-jährigen de la Peña beim 2:1-Derbysieg im Camp Nou gegen die damals übermächtigen und von Pep Guardiola gecoachten Blaugrana beide Treffer. Und der zweite, ein butterweicher Heber über Barça-Keeper Víctor Valdés, dürfte alle im Stadion an den de la Peña von damals erinnert haben. Den, in den sich jeder verliebte, der ihm zusah.

