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Gläubige - Der legendäre Lauf des US-Teams bei der Weltmeisterschaft 2002, der Maßstäbe für den amerikanischen Fußball gesetzt hat

Vom überraschenden Sieg über Portugal über das unvergessliche 2:0 gegen Mexiko bis hin zur Enttäuschung über den nicht geahndeten Handelfmeter gegen Deutschland war es für die US-Nationalmannschaft ein Turnier, das alles veränderte. Es war der Moment, in dem die USMNT bewies, dass sie mit den Besten der Welt mithalten kann – eine Leistung, die auch mehr als zwei Jahrzehnte später noch den amerikanischen Fußball prägt.

Trotz allem, was in den 23 Jahren seit dieser unvergesslichen Weltmeisterschaft im amerikanischen Fußball passiert ist, lohnt es immer noch, sich zu fragen: Was wäre, wenn dieses verdammte Handspiel geahndet worden wäre? Im Sommer 2002 gab es noch keinen VAR, keine Möglichkeit für die Schiedsrichter, ihre Entscheidung zu ändern. Torsten Frings' Hand traf den Ball - sicher, keine so gravierende Fehlentscheidung wie beim Wembley-Tor 1966 (der Ball war ja wohl nicht drin, oder?) - aber doch: Stellt euch vor, wenn die Geschichte damals anders geschrieben worden wäre!

Wenn das passiert wäre, wenn dieser Tag für die US-amerikanische Nationalmannschaft so gelaufen wäre, hätte eine legendäre Serie zumindest noch einen Schritt weitergehen können. Doch auch ohne diese Entscheidung bleibt der Sommer 2002 ein entscheidender Moment im amerikanischen Fußball. Es war der Moment, in dem die USMNT wirklich auf der Weltbühne ankam und den Weg für alles ebnete, was seitdem gekommen ist.

Es war der Sommer, in dem die USA das Viertelfinale der Weltmeisterschaft erreichten, das bisher beste Ergebnis des Landes. Ja, die Weltmeisterschaft 1994 in den USA läutete eine Ära des amerikanischen Fußballs ein, aber in vielerlei Hinsicht war 2002 der Höhepunkt. Während dieses Turniers in Südkorea und Japan schaffte es die USMNT weiter als alle ihre Vorgänger oder Nachfolger.

Auf dem Weg dorthin besiegten sie eine Fußballgroßmacht und gewannen ein entscheidendes Spiel gegen einen erbitterten Rivalen. Während dieser Reise lernte die Welt Spieler wie Landon Donovan und DaMarcus Beasley kennen, Ikonen, die zumindest in den USA eine ganze Generation prägen sollten.

Selbst heute, all die Jahre später, ist die Bedeutung dieses Turniers unbestreitbar. Es ist nach wie vor der Maßstab für den US-Soccer. "Wir haben der Welt gezeigt, dass wir spielen können", sagte US-Trainer Bruce Arena nach der Niederlage gegen Deutschland. “Wir sind noch nicht am Ziel, aber die Zukunft des Fußballs in den Vereinigten Staaten sieht rosig aus.”

Die Klasse von 1994 bereitete den Boden

USA goalscorer Brian McBride (2/L) celebrates hisGetty Images

Um wirklich zu verstehen, wie unwahrscheinlich der Erfolg bei der Weltmeisterschaft 2002 war, muss man wissen, was davor geschah. Die Mannschaft näherte sich der Moderne, hatte sie aber noch nicht erreicht. Während 1994 der Katalysator für den Fußball in Amerika war, war es das Turnier 1990, bei dem die USA nach 40 Jahren Abwesenheit zum größten Turnier der Welt zurückkehrten.

Sie verloren alle drei Spiele mit insgesamt sechs Toren Unterschied. Dann, 1994, unter den Augen der ganzen Welt, zeigten die USA auf heimischem Boden eine respektable Leistung, schafften es aus der Gruppenphase heraus, bevor sie im Achtelfinale ausschieden. Sie zeigten damit Lebenszeichen in einem Land, in dem der Fußball im Aufschwung begriffen war.

Dann kam 1998. Nach vier Jahren des Aufschwungs scheiterten die USA in diesem Sommer in Frankreich kläglich und verloren erneut alle drei Spiele. Das warf natürlich Fragen auf. War 1994 nur ein Zufallstreffer? Konnte diese US-Mannschaft realistisch gesehen mit der Weltelite außerhalb Amerikas mithalten?

Es schien, als würde die USA nicht einmal die Chance dazu bekommen. Unter Trainer Bruce Arena läutete die USA eine neue Ära ein, in der 37 Spieler in der Qualifikationsrunde zum Einsatz kamen. Die Reise war von Kontroversen begleitet, insbesondere gegen Ende der Sechserrunde, als die USA ihre frühe Führung in der Tabelle durch Niederlagen gegen Mexiko, Honduras und Costa Rica verspielte.

Sie brauchten nun gute Ergebnisse – und die bekamen sie auch. Mit einem Sieg gegen Jamaika im vorletzten Spiel und einem Unentschieden gegen Trinidad und Tobago zum Abschluss der Qualifikation schafften es die USA knapp, sich zu qualifizieren.

“Die Mission war einfach“, sagte Mittelfeldspieler Earnie Stewart 2022 gegenüber U.S. Soccer. “Wir mussten Spiele gewinnen und dann auf den Rest warten, auf den wir keinen Einfluss hatten. Man versucht, das so weit wie möglich auszublenden, weil es dem Spiel nicht hilft.”

In Asien würde es für die USA jedoch nicht einfach werden. Als erstes stand das starke Portugal auf dem Programm. Was folgte, war eine der größten Überraschungen der Geschichte.

Die ultimative Überraschung

US forward Landon Donovan (R) celebrates after scoGetty Images

Die portugiesische Mannschaft wurde von einer goldenen Generation angeführt - die die Erwartungen freilich nie ganz erfüllen konnte. Und doch: Rui Costa, Luis Figo, Pauleta – allesamt legendäre Persönlichkeiten. Die US-Spieler? Nicht ganz so sehr. Dennoch gewannen die Amerikaner.

Es begann früh mit einem Eigentor von John O'Brien in der vierten Minute, aber das war nur der Anfang. Ein Eigentor von Jorge Costa verdoppelte die Führung, bevor der Mann des Spiels, McBride, in der 36. Minute das 3:0 erzielte und eine der besten Mannschaften der Welt schockierte. Portugal kämpfte sich zurück und erzielte zwei Tore, aber das reichte nicht aus – als der Schlusspfiff im Suwon World Cup Stadium ertönte, stand es 3:2 für die USA.

„Das ist wahrscheinlich der größte Sieg der Neuzeit“, sagte Arena nach dem Spiel.

In diesem Spiel feierten auch zwei Spieler ihr WM-Debüt, die eine ganze Generation der USMNT prägen sollten. An der Spitze stand Landon Donovan, der nach dem Gewinn des Goldenen Balls bei der U17-Weltmeisterschaft nun auch bei der WM für Furore sorgte. Es war Donovan, der das Eigentor von Costa vorbereitete, indem er einen Schuss vom Verteidiger abfälschte und den USA damit richtig Schwung verlieh.

Auf der linken Seite der US-Mannschaft spielte Beasley, der sich ebenfalls zu einem herausragenden Spieler der USMNT entwickelte. Die beiden jungen Stars spielten in allen drei Gruppenspielen der USMNT, es folgten ein Unentschieden gegen Südkorea und eine 1:3-Niederlage gegen Polen, bei der Donovan ein Tor erzielte. Letztendlich belegte die USA den zweiten Platz in der Gruppe, drei Punkte hinter Südkorea, während die legendäre portugiesische Mannschaft vorzeitig nach Hause fahren musste.

Die nächste Prüfung sollte jedoch die einzigartigste werden. Als nächstes stand der bekannteste Rivale der USMNT für ein Spiel auf der größten Bühne auf dem Programm.

"Dos a Cero" - wenn Spanisch zum geflügelten Begriff in den USA wird

USA's Claudio Reyna (L#10), Carlos Llamosa (C#16)Getty Images

Wer die US-Nationalmannschaft regelmäßig verfolgt, wird sicher schon von „Dos a Cero” gehört haben. Am 17. Juni 2002 wurde in Jeonju, Südkorea, “Dos a Cero” zum geflügelten Wort.

Die USA und Mexiko trafen zum ersten – und bislang einzigen – Mal in ihrer gemeinsamen Geschichte bei einer Weltmeisterschaft aufeinander und standen sich in der ersten Runde der K.o.-Phase gegenüber. Die USA gingen erneut durch ein Tor von McBride früh in Führung, einen Vorsprung, den sie nie mehr abgaben. Als Donovan in der 65. Minute traf, war das Spiel praktisch entschieden. Dos a cero, zwei zu Null, die USA standen im Viertelfinale - ein Meilenstein wie das 7:1 Deutschlands gegen Brasilien 2014.

Ein umstrittenes Ausscheiden gegen Deutschland

Michael Ballack Oliver Neuville Germany 2002 World CupGetty Images

Gegen die starke deutsche Mannschaft mit Oliver Kahn und Michael Ballack waren die USA erneut Außenseiter. Diese Einschätzung bestätigte sich erst spät in der ersten Halbzeit, als Ballack den Ball ins Netz schoss und die USA mit einem Rückstand in die Halbzeitpause gingen.

Doch die USA glaubte an sich. Donovan hatte den legendären Kahn schon in der ersten Halbzeit zu zwei Paraden gezwungen. Das gab Schwung. Dann passierte es. Eine Flanke von Claudio Reyna fand den späteren US-Trainer Gregg Berhalter, dessen Volleyschuss von Kahn abgewehrt wurde. Der anschließende Abpraller traf eindeutig den Arm von Verteidiger Torsten Frings auf der Linie.

Das hätte eine rote Karte und einen Elfmeter bedeuten können, die das Spiel verändert hätten. Stattdessen passierte nichts. Keine Entscheidung. Es ging weiter.

„Das war ein hundertprozentiger Elfmeter“, sagte Arena. „Ich sage nur ungern, dass wir betrogen wurden. ... Wir hatten den Schwung im Spiel. Wir kontrollierten das Spiel. Wir hätten Deutschland geschlagen und wären ins Halbfinale gekommen. Eine meiner Schlussfolgerungen daraus ist, dass wir als Land noch nicht den Respekt der Welt verdient hatten.“

In gewisser Weise haben sie das an diesem Tag jedoch geschafft. Franz Beckenbauer gehörte zu denen, die sagten, dass die USA den Einzug ins Halbfinale verdient hätten. Kahn wurde für seine Heldentaten zum Mann des Spiels gekürt, was zeigt, wie sehr die USA die mit Stars gespickte deutsche Mannschaft tatsächlich bedroht hatte.

An diesem Tag zeigten die USA, dass sie mit jedem Gegner der Welt mithalten konnten, und auch nach all den Jahren bleibt dies trotz des Ergebnisses eine der größten Aussagen in der Geschichte des amerikanischen Fußballs.

Das bleibende Vermächtnis

Landon Donovan USMNT 2002 World CupGetty Images

Auch heute, bald 24 Jahre später, jagt die USMNT noch immer diesem Sommer hinterher. Das Team hat seitdem nicht mehr an die Erfolge von 2002 anknüpfen können, und obwohl es seitdem einige große WM-Momente gab, hat keiner davon das gleiche schwindelerregende Niveau erreicht.

Donovan, der als bester Nachwuchsspieler des Turniers ausgezeichnet wurde (und Jahre später beim FC Bayern München scheiterte), prägte zusammen mit seinem langjährigen Teamkollegen Beasley eine ganze Generation und führte die Mannschaft durch einige ihrer größten Momente. Spieler wie McBride, Reyna und Brad Friedel gehörten zu denen, die sich einen Platz in der Ruhmeshalle sicherten.

Ebenso wie Arena, der erfolgreichste Trainer der USMNT. Berhalter schließlich führte die USA bei der WM in Katar immerhin ins Achtelfinale.

Und so bleibt 2002 nun, da das Turnier 2026 im eigenen Land bevorsteht, der Maßstab. Um bei einer Weltmeisterschaft weiterzukommen, muss eine Mannschaft zwangsläufig einige Giganten besiegen. Die USA haben genau das getan und mit ein bisschen mehr Glück wäre sogar noch mehr möglich gewesen.

Vielleicht wird das im nächsten Sommer passieren. Vielleicht ist 2026 endlich das Jahr, in dem die USA diese Glasdecke durchbrechen und den nächsten Schritt machen – Coach Mauricio Pochettino hat das Viertelfinale als Ziel für den Erfolg im eigenen Land im nächsten Jahr festgelegt.

Bis dahin wird der Lauf von 2002 jedoch seinen Platz in der Geschichte behalten, für diejenigen, die sich nicht nur daran erinnern, wie viel die USA erreicht haben, sondern auch daran, wie sehr der amerikanische Fußball dadurch gewachsen ist.

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