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French Connection: Ganso - Der Kultspieler versucht den Neustart in der Ligue 1

Der Deadline-Day bringt immer ungewöhnliche und unerwartete Transfers hervor. Doch selbst an den Standards dieses einzigartigen Tages gemessen, war der Wechsel des ehemaligen brasilianischen Wunderkindes Ganso nach Amiens eine Überraschung.

Amiens ist eine Mannschaft, deren Weg in die Ligue 1 ebenso überraschend wie dramatisch war. Emmanuel Bourgaud sorgte mit einem Treffer in der 95. Minute am letzten Spieltag der Saison 2016/2017 für den Aufstieg in die höchste Spielklasse. Dem vorausgegangen war eine Serie von sechs Siegen am Stück, am Ende war die Tordifferenz das entscheidende Kriterium.

Mit dem kleinsten Etat der Ligue 2 gelang damals der atemberaubende Aufstieg. Auch in der Eliteklasse war man dann natürlich das Team mit den bescheidendsten Mitteln. Das hinderte sie jedoch nicht daran, sich in der letzten Spielzeit den Klassenerhalt zu sichern. In dieser Saison findet sich Amiens nun auf Augenhöhe mit den Konkurrenten wieder.

Mehr Geld bedeutet dabei auch eine höhere Attraktivität, am besten verdeutlicht wird dies durch den Transfer von Ganso, einem von Neymars besten Freunden, wenngleich dieser nur von Sevilla ausgeliehen ist.

Eigentlich ist Amiens ein unwahrscheinliche Anlaufstelle für einen Spieler dieses Formats. Aber gleichzeitig könnte die kleine Stadt in Nordfrankreich ein idealer Ort sein, um eine Karriere wiederzubeleben. Die Karriere eines Spielers, der einst als neuer Star galt, aber sich nie wirklich durchsetzen konnte.

Neymar e Ganso - Santos 2011Ricardo Saibun / Santos FC

"In Amiens gibt es keine Ablenkungen, deshalb denken die Spieler nur an ihren Fußball", sagte Bernard Joannin, der Präsident des Klubs, dem Le Parisien. "Ganso wählte den Klub wegen seiner familiären Art. Wir wollen wirklich, dass er Teil des Kollektivs ist, das ist unsere DNA. Es wird aber keine spezielle Behandlung für ihn geben", fährt er fort.

Was es mit diesen Aussagen auf sich hat, musste bereits Lacina Traore erfahren. Während seiner Leihe von Monaco in der letzten Spielzeit musste er im eher bescheidenen Hotel Mercure in der Stadt übernachten. Es gibt keine Sonderbehandlung.

Für Ganso könnte das genau das Richtige sein. Das Leben in Sevilla war für den 28-jährigen ehemaligen Spielmacher vom FC Santos und Sao Paulo schwierig. Obwohl seine Qualität immer wieder aufblitzte, passte das rasante Tempo, mit dem die Mannschaft spielte, nicht zu ihm.

In Amiens jedoch, wo Organisation und ein starkes kollektives Denken im Vordergrund stehen, könnte er die Gegebenheiten vorfinden, unter denen er sein höchstes Niveau wieder erreichen kann. Das allerdings nur, wenn ihm auch Freiheiten eingeräumt werden. Gael Kakuta, das ehemalige Chelsea-Wunderkind, war in der vergangenen Saison in einer ähnlichen Rolle erfolgreich und hofft, dass dem achtmaligen brasilianischen Nationalspieler dasselbe passieren wird. Sein Talent steht sicherlich nicht infrage.

"Technisch gesehen ist er einer der besten Spieler, mit denen ich je gearbeitet habe", sagte Steven Nzonzi, ein ehemaliger Teamkollege aus Sevilla, dem Le Parisien. "Er verkörpert das brasilianische Klischee: Er kann den Spielverlauf ganz alleine ändern", ergänzt der Franzose.

Bei der Station Amiens hofft er nur das Beste für Ganso: "Wir sollten Amiens nicht unterschätzen. Es ist ein guter Verein, der den Spielern einen Neustart erlaubt, sodass er wieder aufblühen kann."

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Sowohl in Spanien als auch in Brasilien war Ganso eine Kultfigur. Verletzungen zum falschen Zeitpunkt nahmen ihm während seiner Zeit beim FC Santos jedoch immer wieder den Rhythmus. An der Seite von Neymar führte er den Klub trotzdem zum Gewinn der Copa Libertadores.

Durch seine unbestrittene Klasse hat er nun bereits das Niveau der Mannschaft aus der verschlafenen Region Frankreichs angehoben, doch Cheftrainer Christopher Pellisier ist bestrebt, nicht allzu viel auf seine Schultern zu laden.

"Er ist 28, also ist er nicht mehr jung", sagte der Coach zu RMC. "Wenn er in diesem Alter in Amiens ist, liegt es daran, dass es ihm irgendwie nicht gelungen ist, den Schritt zu den besten Teams zu machen", erklärt er.

"Das Gleiche ist mit Gael Kakuta passiert und nun hoffen wir, dass er eine ähnliche Saison spielen kann wie Gael. Es ist eine Herausforderung für ihn, aber auch eine Herausforderung für uns, einen Spieler seiner Klasse zu integrieren."

Amiens wollte Kakuta nach seiner herausragenden Saison eigentlich behalten. Trotz großer Anstrengungen ist das jedoch nicht gelungen. Der Franzose wechselte zu Rayo Vallecano, das gerade die Meisterschaft in der zweiten spanischen Liga gewonnen hatte.

Wenn sich Ganso so entwickelt, wie es sich Pellisier erhofft, sind die Aussichten, einen solch großen Namen zu halten, noch geringer als bei Kakuta.