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Freestyler Philippe Gnannt im Goal-Interview: Freestyle? "Neymar ist der Beste"

Wenn am 3. September in Manchester die besten Ballakrobaten des Kontinents bei den European Freestyle Championships (Goal wird das Event live via Facebook im Stream zeigen) um den Titel kämpfen, ist auch Philippe Gnannt am Start. (alle Infos zu den European Freestyle Championships gibt es HIER)

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Goal hat sich mit dem deutschen Teilnehmer Gnannt unterhalten. Über Verbindungen zwischen "normalem" Fußball und Freestyle, seinen Alltag und seine Ziele bei dem Event in Manchester. Und er verrät, mit welchem Fußballer er gerne mal freestylen würde – und mit welchem eher nicht.

Herr Gnannt, wie viel hat Freestyle mit dem gewöhnlichen Fußball gemeinsam?

Philippe Gnannt: Ich würde schon sagen, dass Fußball und Freestyle zwei unterschiedliche Sportarten sind. Beim Freestyle geht es mehr um Akrobatik, beim normalen Fußball hast du dafür beispielsweise Körperkontakt, der dazugehört. Du machst im Freestyle ganz andere Bewegungen, die einem im Fußball wenig bringen. Klar ist: Die besten Fußballer können bei weitem nicht das, was wir Freestyler können – aber umgekehrt ist es eben genau so. Und: Ballkontrolle und Ballgefühl sind die zwei Dinge, die in beiden Sportarten wichtig sind.

Denken Sie also, man könnte einige Elemente aus dem Freestyle in das Training eines Profifußballklubs sinnvoll implementieren?

Gnannt: Auf jeden Fall. Ich denke, schon einfaches Jonglieren fördert Ballkontrolle und Ballgefühl. Dieser Touch, der erste Kontakt, ist ja auch im Fußball extrem wichtig. Und meiner Meinung nach kann man das ganz gut mit Freestyle-Elementen trainieren. Fortgeschrittenere Freestyle-Elemente wie Tricks im Sitzen oder ähnliches bringen dagegen natürlich eher nicht so viel.

Haben Sie selber Fußball gespielt oder spielen noch?

Gnannt: Ich habe zehn Jahre lang bei Eintracht Bamberg im Verein gespielt, stand dann mit 16 vor der Entscheidung zwischen Fußball und Freestyle und habe mich auf letzteres festgelegt. Das war definitiv die richtige Entscheidung.

Wie sind Sie auf Freestyle gekommen, was waren die Anfänge?

Gnannt: Ich habe 2006 damit angefangen, als Nike die "Joga Bonito"-Werbekampagne hatte, mit Videos von Cristiano Ronaldo und Co.. Davon war ich so angefixt, dass ich seitdem angefangen habe, zu trainieren. Heute versuche ich, vier- bis fünfmal pro Woche ein bis maximal drei Stunden zu trainieren.

Freestyle nimmt also einen Großteil Ihrer Freizeit ein …

Gnannt: Auf jeden Fall. Es bleibt ja nicht nur beim Training. Man macht sich Gedanken, wie man trainiert, kreiert Content, um seine Social-Media-Kanäle zu pflegen. Das Ganze ist sehr zeitaufwändig.

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Wie sieht Ihr Alltag derzeit aus?

Gnannt: Ich arbeite als Freiberufler beim Fernsehen, kann mir da so ein bisschen die Arbeitszeiten zurechtschustern. Meistens ist es aber so, dass ich normal von 8 bis 16/17 Uhr arbeite, nach Hause gehe, mich kurz ausruhe und dann zwei, drei Stunden trainiere. Wenn ich dann noch Zeit habe, versuche ich, noch ein bisschen an einem neuen Video zu schneiden.

Haben Sie einen Lieblingstrick? Oder einen, der anspruchsvoll ist, den sie aber richtig gut drauf haben?

Gnannt: Einer meiner Lieblingstricks ist einer, bei dem man mit dem rechten Bein zwei Umdrehungen nach außen macht und dann das linke Bein in der letzten Umdrehung von außen nach innen auch noch um den Ball zieht. Das ist aber alles natürlich kompliziert zu erklären.

Fragt man sich bei manchen Tricks: "Warum haben andere den schneller drauf und bei mir dauert es ewig, bis ich ihn kann?"

Gnannt: Je länger man dabei ist und je besser man wird, desto mehr Zeit muss man einplanen, um neue Tricks zu lernen. Einen normalen "Around the World" lernt man recht schnell – aber je besser du wirst und je komplexer die Bewegungsabläufe werden, desto schneller müssen deine Beine, desto besser die Kopf-Fuß-Koordination sein. Es gibt schon ein paar Tricks, an denen man ein oder zwei Jahre übt, bis man sie mal schafft. Klar ist man dann auch frustriert, wenn andere den Trick schneller drauf haben. Aber man denkt sich auch: Okay, vielleicht trainieren die anders, vielleicht haben die eine andere Genetik – es gibt viele Faktoren, die da mit reinspielen.

Also hat Freestyle-Training auch eine bedeutende mentale Komponente …

Gnannt: Ja, ganz sicher. Man ist sein eigener Trainer, das wird oft vergessen. Ich muss mich jedes Mal selbst zum Trainieren überwinden, da spielt der Kopf eine große Rolle.

Wie viel geht im Training so schief?

Gnannt: Eigentlich alles (lacht). Wenn ich ein paar Clips aus dem Training hoch lade, dann sind das eine oder zwei gute Kombos, die man pro Einheit reißt. Aber eigentlich ist es schon so, dass der Ball die meiste Zeit auf den Boden fällt, das ist frustrierend. Man versucht im Training eben auch die krassesten Dinge, die man im Wettkampf wohl nie probieren würde. Und es kommt vor, dass man während einer Trainingseinheit an einer Kombo hängen bleibt, am nächsten Tag schafft man sie aber dann dreimal hintereinander.

Wenn man von Freestylern spricht, nennen viele "TheF2" oder die "SkillTwins", die wahrscheinlich den höchsten Bekanntheitsgrad und die größte Reichweite auf Social Media haben. Was halten Sie von ihnen?

Gnannt: F2 oder SkillTwins würde ich nicht explizit als Freestyler bezeichnen. Bei ihnen geht es mehr um "Tekkerz" oder "TopBins". Natürlich haben die Jungs auch krasse Skills – aber das ist schon etwas anderes als bei jemandem, der ausschließlich Freestyle macht. Ich schaue mir gerne an, was sie machen und ihre Videos sind echt gut produziert. Aber ich orientiere mich eher an anderen Freestylern oder am Breakdance. Es gibt diverse Dinge, von denen man sich inspirieren lassen kann.

Was ist für einen Freestyler wichtiger: Ballgefühl oder Bewegungstalent?

Gnannt: Am wichtigsten ist das Ballgefühl. Der erste Touch muss sitzen. Denn wenn der nicht sitzt, dann kann man noch so schnelle Beine haben und bekommt sie trotzdem nicht um den Ball herum. Also: Der erste Touch ist am wichtigsten, danach kommen Schnelligkeit und Koordination.

Am 3. September stehen in Manchester die European Freestyle Championships an. Mit welchen Zielen und Ambitionen fahren Sie dorthin?

Gnannt: Um ganz ehrlich zu sein, fühle ich mich nicht so gut darauf vorbereitet wie vor zwei oder drei Jahren. Es kommen Dinge dazwischen wie eine Verletzung oder Familiäres. Ich bin nicht so gut vorbereitet, wie ich es gerne wäre. Aber dennoch: Die Top-32 sind mein Minimalziel, Top-16 wäre gut.

Haben Sie im Teilnehmerfeld einen Favoriten?

Gnannt:Die Fagerli Brothers aus Norwegen. Einer von den Beiden wird das Ding gewinnen. Falls Andrew Henderson mitmacht, ist er auch ein Favorit.

Wieviel fehlt Ihnen zu diesen Jungs? Ist das noch einmal ein anderes Niveau als Sie?

Gnannt: Im Freestyle ist immer schwierig zu sagen, wer der Beste ist. Jeder hat seine Stärken und seine Schwächen, es ist eine subjektive Sportart. Aber die Jungs trainieren eben wirklich nur auf Competition, üben 30-Sekunden-Sets. Das mache ich gar nicht. In der Hinsicht gibt es schon eine große Lücke zwischen ihnen und mir. Bei einem Battle hätte ich gegen sie keine Chance.

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Sie haben schon mit oder vor berühmten Fußballern gefreestylet, ob nun Thomas Müller oder Lukas Podolski. Was waren das für Erlebnisse?

Gnannt: Das ist halt dann meistens im Rahmen von Werbe-Events oder irgendwelchen Feiern. Die Jungs finden das schon ziemlich cool und wissen, wie viel Training dahintersteckt. Bisher habe ich von ihnen eigentlich nur positives Feedback bekommen. Das waren coole Erlebnisse.

Tricksen die Stars dann auch mit?

Gnannt: Meistens schauen sie nur zu. Wenn die Handys drauf sind, Zuschauer da sind und ich mache einen krassen Trick und spiele ihnen den Ball zu, dann wollen sie sich natürlich nicht blamieren. Meistens jongliert man dann ein bisschen hin und her, aber sie lassen einen schon eher machen und halten sich zurück.

Gibt es dennoch einen Star, der es auch im Freestyle so richtig drauf hat?

Gnannt: Neymar ist richtig gut. Cristiano Ronaldo kann auch ein bisschen was. So aus dem Stehgreif würde ich schon sagen, dass Neymar der Beste ist.

Wenn Sie die Wahl hätten: Mit welchem Fußballer würden Sie am liebsten mal eine Stunde freestylen?

Gnannt: Gute Frage (lacht). Ich bin Fan von Zlatan Ibrahimovic, das fände ich ganz cool – und ich glaube, der feiert das auch. Von den deutschen Jungs wäre zum Beispiel ein Mitchell Weiser cool. Mit Philipp Lahm oder so zu freestylen, würde dagegen glaube ich nicht so viel Sinn machen (lacht). Die sollten dann schon auch ein bisschen so ticken wie man selbst, dann macht es am meisten Spaß.

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