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Ferran Torres: In Valencia ignoriert, vom BVB falsch eingeschätzt – und jetzt Guardiolas Liebling bei Manchester City


HINTERGRUND

Borussia Dortmunds Sportdirektor Michael Zorc traf sich im Zuge der Sichtung eines möglichen Nachfolgers für den mit einem Wechsel kokettierenden Jadon Sancho zweimal mit seinen Beratern. Der FC Bayern ließ ihn beobachten. Auch internationale Schwergewichte wie Real Madrid und Juventus Turin klopften bei ihm an, genauso wie Manchester United. Am Ende fiel die Wahl von Ferran Torres aber auf den anderen Manchester-Klub, auf Manchester City.

Eine gute Wahl, wie sich schnell herausstellen sollte. Denn Pep Guardiola machte ihm nichts vor, als er ihm sagte, er werde auf genügend Spielanteile kommen, um seine positive Entwicklung weiter voranzutreiben.

So steht Torres nach knapp vier Monaten als Skyblue bei 15 Einsätzen. Sechs Tore und zwei Vorlagen gelangen ihm dabei, eine mehr als ordentliche Bilanz. Es sind aber nicht die Statistiken, die seinen neuen Lehrmeister so entzücken.

Manchester City: Ferran Torres begeistert Pep Guardiola

"Er zeigt, dass er ein sehr guter Arbeiter ist und sich in den Dienst der Mannschaft stellt", sagt Guardiola über den 1,84-Meter-Mann, den er bis dato mal auf dessen bevorzugter Position auf der rechten Außenbahn, in Abwesenheit der verletzten Sergio Agüero und Gabriel Jesus aber sogar auch in ungewohnter Rolle im Sturmzentrum aufbot. "Er kann sich anpassen, weil er ein intelligenter Spieler ist", schwärmt Guardiola.

Dieser so intelligente Ferran Torres stammt aus Foios, einer 7000-Einwohner-Gemeinde nahe Valencia. Er durchlief sämtliche Jugendmannschaften des FC Valencia und feierte im Spätherbst 2017 sein Profi-Debüt für "Los Ches".

Ferran TorresTW @FerranTorres20

Quelle: TW @FerranTorres20

Dass aus ihm ein europaweit begehrter Spieler werden würde, zeichnete sich zu Beginn seiner Laufbahn jedoch nicht ab. Torres war sehr schmächtig und nicht besonders torgefährlich, der bis zu Beginn der Saison 2019/20 als Trainer beim spanischen Erstligisten tätige Marcelino Garcia brachte ihn meist nur von der Bank.

Ferran Torres beim FC Valencia: Probleme mit Dani Parejo

Erst nach Marcelinos Entlassung gelang ihm der Durchbruch. Das lag auch daran, dass er in der Sommerpause körperlich an sich gearbeitet und mit starken Leistungen im Trikot der spanischen U19 bei der EM in Armenien Selbstvertrauen getankt hatte.

Fortan redeten in Spanien alle von Ferran, "la nueva perla", der neuen Perle. Nicht mehr nur Vereine aus der Primera Division rissen sich um ihn. Und so fand er sich ein Jahr vor Vertragsende bei Valencia in einer perfekten Verhandlungsposition wieder. Ein Verbleib in seiner Heimatstadt war für ihn jedoch nicht nur wegen der sportlich wie wirtschaftlich chaotischen Lage des Klubs ausgeschlossen.

Torres beklagte sich kurz nach seinem Wechsel zu City in einem Interview mit Spaniens bekanntester Sportzeitung Marca über Unstimmigkeiten in der Valencia-Kabine. So habe ihn allen voran der damalige Kapitän Dani Parejo, heute beim FC Villarreal unter Vertrag, erst nach einigen Monaten mit einem "Buenos Dias" gegrüßt und ihn nach der Entlassung des bei Torres weniger beliebten Marcelino wochenlang nicht beachtet. "Dani war kein guter Kapitän zu mir", gab Torres offen zu.

Jenes Interview brachte ihm nicht nur in der wegen seines Abschieds ohnehin schon verärgerten Fangemeinde des FC Valencia reichlich Kritik ein. Nachtreten, das sei ja schließlich schlechter Stil. Torres, der Cristiano Ronaldo als sein großes Vorbild bezeichnet, wurde plötzlich ein Hang zur Arroganz nachgesagt. Davon sehen sie in Manchester bislang nichts.

"Er ist überhaupt nicht arrogant, im Gegenteil: Er ist ein großzügiger, bescheidener, schüchterner Typ, der hier von jedem geliebt wird", sagt Guardiola und fügt an: "Wir sind mehr als begeistert von ihm – nicht nur auf dem Platz."

Der frühere Trainer des FC Bayern und FC Barcelona hat es sich zur persönlichen Aufgabe gemacht, Torres auch außerhalb des Trainingsgeländes in Manchester zu integrieren. Der 20-Jährige spricht nur gebrochenes Englisch, außerdem haben ihn weder seine ältere Schwester Arantxa, zu der er ein sehr enges Verhältnis hat, noch seine Eltern oder Freunde im Zuge der Corona-Pandemie besuchen können.

Und da er nicht weit von seinem Trainer entfernt wohnt, lädt ihn dieser häufig zum Abendessen zu sich nach Hause ein.

Schinken, Käse und Wein: Guardiola kümmert sich um Torres

"Es gibt oft Spezialitäten aus der Heimat. Guter Schinken, guter Käse", sagt ein Vertrauter von Torres zu Goal und SPOX. "Pep bietet ihm dann immer auch ein Glas Rotwein an, doch das ist das Einzige, was Ferran ablehnt. Er trinkt keinen Alkohol."

Die Gesellschaft tue dem jungen Angreifer aber "sehr gut". Es sei nicht einfach gewesen, Spanien den Rücken zu kehren. Guardiola habe ihn in mehreren Telefongesprächen von dem großen Schritt in die Premier League überzeugt – und sein Versprechen, sich um ihn zu kümmern, gehalten. "Pep ist sofort zu einer wichtigen Bezugsperson für Ferran geworden, fast schon zu einer Art Vater", berichtet Torres' Vertrauter.

BVB-Scouts hielten Torres für nicht torgefährlich genug

Dank seiner reibungslosen Eingewöhnung auf der Insel darf sich Torres inzwischen auch als fester Bestandteil der spanischen A-Nationalmannschaft bezeichnen. Drei seiner vier Länderspieltreffer erzielte er in nur einem von sieben Einsätzen – beim 6:0 gegen Deutschland. In jener Partie kamen all seine Stärken zum Vorschein: Tempo, Kreativität, Torabschluss.

"Bei den wenigen Trainingseinheiten, die wir momentan haben, sieht man, welch ein unglaublicher Abschlussspieler er ist", sagt Guardiola. "Im Spiel fehlt ihm manchmal noch das Glück, er ist aber eine Alternative für die Position des Mittelstürmers, wenn es personell nicht anders geht."

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Quelle: Getty Images

Kurios: Die Scouts des BVB rieten den Verantwortlichen um Zorc nach Informationen von Goal und SPOX bereits zu Beginn des Jahres von einem Transfer ab, weil sie Torres für nicht torgefährlich genug hielten.

Eine Fehleinschätzung, von der Citys Bosse profitierten. Sie setzten sich nämlich erst nach dem feststehenden Abgang von Leroy Sane zum FC Bayern im Sommer ernsthaft mit Torres' Vertretern in Verbindung. Guardiola und Co. dürften sich aber nicht nur deshalb freudig die Hände reiben. Weil Torres' Vertrag in Valencia nur noch elf Monate lief, schafften sie es, den Shootingstar für gerade einmal 23 Millionen Euro zu verpflichten.

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