HINTERGRUND
Der FC Barcelona gewann in der Saison 1991/92 den Titel im Europapokal der Landesmeister, der in dieser Spielzeit zum letzten Mal vor der Einführung der Champions League ausgetragen wurde. Das Tor, das den Wettbewerb entschied, ist ein legendäres: Ronald Koeman hämmerte die Kugel unverwechselbar gegen Sampdoria per Freistoß zum 1:0 ins Netz. Der Treffer, den Barca selbst auf der eigenen Homepage als "einen der berühmtesten der Vereinsgeschichte" bezeichnet, fiel allerdings nicht im Endspiel, sondern schon in der zweiten Runde in Kaiserslautern. Er war nicht besonders sehenswert, sondern kam eher glücklich zustande. Aber er sorgte für einen Schlusspunkt in einem Duell, das man in Kaiserslautern seitdem gerne als "Jahrhundertspiel" tituliert.
Jose Mari Bakero ging in besagter Szene mit seinen eher unterdurchschnittlichen 1,72 Meter Körpergröße nach einem Freistoß der Barca-Legende und des aktuellen Trainers der Katalanen Ronald Koeman zum Kopfballdreikampf mit den FCK-Verteidigern Markus Kranz und Uwe Scherr hoch, erwischte die Kugel zufällig, die sich in einem hohen Bogen aus spitzem Winkel ins Tor senkte. Es war das 1:3 aus Sicht der Gäste in der 90. Minute; die Niederlage war dennoch besiegelt. Aber weil Barca das Hinspiel im Camp Nou mit 2:0 für sich entschieden hatte, kam der große Favorit doch noch aufgrund der Auswärtstorregel weiter.
Fußball-Arbeiter gegen Weltstars
Um zu verstehen, welch ein Tiefschlag dieses Tor für jeden war, der es mit dem FCK hielt, muss man sich die Ausgangslage vor Augen führen: Die Lauterer, inzwischen in der 3. Liga in akuter Abstiegsgefahr, setzten auf ein kampfstarkes Team, das mit enormem Einsatz glänzte. Spielern wie Scherr, Frank Lelle und Guido Hoffmann standen an diesem Abend im November 1991 Weltstars wie Andoni Zubizarreta, Ronald Koeman, Pep Guardiola, Michael Laudrup und Hristo Stoichkov gegenüber. "Warum sollen wir auf den Gegner schauen? Wir werden den Ball haben und die müssen aufpassen", prognostizierte Barcas Trainer-Legende Johan Cruyff vor dem Anpfiff auf dem Betzenberg.
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Mit dieser Einschätzung lag Cruyff aber komplett falsch. Die Lauterer zauberten einen Auftritt auf den Rasen im Fritz-Walter-Stadion, der die Fans immer noch schwärmen lässt. Sie beherrschten die Katalanen, ließen überhaupt nichts zu. Zunächst glichen sie den Hinspiel-Rückstand durch zwei Kopfballtore des ebenfalls nicht großen, aber dafür umso clevereren Demir Hotic aus. Als dann Bjarne Goldbaek in der 76. Minute das 3:0 für den FCK erzielte, explodierte die Stimmung im ohnehin schon lauten Stadion.
Die Lauterer spielten immer noch nach vorne, vergaben durch Goldbaek sogar die Großchance zum 4:0 – und wurden 13 Sekunden vor Ablauf der 90 Minuten bitter bestraft: Bakeros Kopfballtor riss alle Pfälzer aus ihren Träumen vom Sensationssieg. "Wir haben unser schlechtestes Spiel der Saison gemacht, aber im entscheidenden Moment hatten wir das Glück auf unserer Seite", bekannte Barca-Trainer Cruyff.
Nach dem wohl besten Spiel des Jahrzehnts waren die Lauterer Spieler fassungslos ob des bitteren Ausscheidens. "Keiner ist in der Lage, einem anderen Trost zu spenden, weil jeder selbst Trost braucht", sagte FCK-Kapitän Stefan Kuntz.
Mit einigen Jahren Abstand allerdings wurde den Klub-Verantwortlichen immer klarer, welch fabulöse Leistung ihr Team gegen die Weltklasse-Mannschaft auf den Rasen gebracht hatte. Im FCK-Museum findet sich deshalb auch heute noch das blau-rote Trikot von Jose Mari Bakero - und der Spanier selbst kam 2017 nach Kaiserslautern, um den Ort seines wohl berühmtesten Tores erneut zu besuchen. Das Kopfballtor aus der 90. Minute wird ihm und allen FCK-Fans immer in deutlicher Erinnerung bleiben. Da konnte Ronald Koeman im Finale treffen, wie er wollte.




