HINTERGRUND
Alles war angerichtet im Münchner Olympiastadion, die Spannung greifbar. Das Viertelfinal-Rückspiel in der Champions League für den FC Bayern stand an - und das nicht gegen irgendwen! Die gefürchteten Red Devils aus Manchester waren an diesem 18. April 2001 zu Gast. Jener Widersacher also, gegen den man zwei Jahre zuvor ein wahres Finaltrauma erlebte.
Im weißen Auswärtstrikot versammelten sich einige der besten Spieler ihrer Zeit zum Mannschaftsfoto: Roy Keane, Ryan Giggs, Paul Scholes. Eine Elf, die jedes Jahr zu den absoluten Top-Favoriten der Königsklasse zählte. Nur, dass der Fotograf plötzlich nicht elf, sondern zwölf Männer vor der Linse hatte.
Manchester United: Gary Neville bemerkte den Eindringling zuerst
In der linken Ecke des Bildes stand neben dem englischen Nationalspieler Andy Cole wie selbstverständlich ein völlig unbekannter Mann mit kurzen dunklen Haaren. Wie aus dem Nichts hatte sich dieser Nobody einfach für das Mannschaftsfoto aufgestellt. Und obwohl einzelne Spieler ihn bemerkten, wurde das Bild tatsächlich mit ihm darauf geknipst.
Power erzählte später, dass Uniteds Rechtsverteidiger Gary Neville ihn als Erster bemerkt habe: "Er zeigte auf mich und fragte: 'Wer ist das?' Ich sagte: 'Sei still, Gary, du Spitzel! Ich mache das für Cantona.'“ Klublegende Eric Cantona hatte den Klub kurz zuvor verlassen, auf Powers Trikot stand sein Name. Kapitän Roy Keane war der Einzige, der den Eindringling auf einem der Bilder mit einer Mischung aus Fassungslosigkeit und Belustigung anschaute.
Power: "Der beste Tag meines Lebens"
"Es ist immer noch der beste Tag meines Lebens“, sagte Power 2016 dem Guardian. Sein Jugendfreund Tommy Dunn hatte sich als Fotograf verkleidet, als einer der Journalisten auf der Liste der Security ausgegeben und den falschen Cantona anschließend eingeschleust, verriet er.
Mit einem Schlag war der Mann, der aus armen Verhältnissen stammte, zu diesem Zeitpunkt arbeitslos war und für Autodiebstähle im Gefängnis gesessen hatte, in ganz Großbritannien berühmt. Dabei ist sein erfolgreichster "Stunt“ in München nur die Spitze des Eisbergs.
Power für andere Aktion lebenslang von Manchester United gesperrt
Der wohl bekannteste "Prankster“ der Insel tauchte 2001 ebenfalls bei einem Spiel des englischen Cricket-Teams auf, schaffte es 2002 im Ferrari-Outfit vor Michael Schumacher aufs Formel-1-Podest, spielte auf dem Centre Court in Wimbledon eine kurze Aufwärmpartie und stellte 2003 vor einem Liga-Spiel gegen Liverpool auf dem Rasen des Old Trafford ein Tor Diego Forlans nach. Für die Forlan-Aktion wurde Power lebenslang von ManUnited gesperrt.
Als Glücksbringer der Red Devils taugte er auch nicht unbedingt: Der Klub verlor an jenem denkwürdigen Abend in München, die Bayern revanchierten sich für das Finale von 1999 und gewannen am Saisonende zum ersten Mal die Champions League. Wer weiß, vielleicht waren die United-Stars wegen Powers Anwesenheit vor dem Spiel auch verwirrt. Roy Keanes Gesichtsausdruck jedenfalls sprach Bände.


