EZEQUIEL BARCO INDEPENDIENTEGetty Images

Ezequiel Barco: Der Meilenstein-Wechsel

Der Fußball-Fan in Europa hat meist eine klar definierte Meinung zur nordamerikanischen Profi-Liga MLS. Als 'Rentnerparadies' wird die Liga gesehen, in der alternde Stars im Spätherbst ihrer Karriere in angenehmer Umgebung noch einmal richtig abkassieren können. Der sportliche Wert der Duelle in der MLS wird angezweifelt, richtig ernst nimmt der Fan aus Deutschland, Spanien, Italien oder England das Gebotene nicht.

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Wie bei jedem Vorurteil steckt natürlich auch bei der Sicht auf die nordamerikanische Profi-Liga ein wenig Wahrheit dahinter. Bekannte Namen wie David Beckham, Kaka, Thierry Henry, David Villa, Didier Drogba und Bastian Schweinsteiger waren und sind die Gesichter der MLS – und sie alle wechselten erst über den großen Teich, als sie die 30 schon überschritten hatten.

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Am Wochenende gab Atlanta United bekannt, dass der Klub einen neuen MLS-Rekordwechsel eingetütet hat. Rund zwölf Millionen Euro zahlte das Team aus Georgia für einen Spieler, der noch nicht mit seinem Namen, sondern nur mit seinem Potenzial glänzen kann. 18 Jahre alt ist der Argentinier Ezequiel Barco von Independiente, der ab sofort das Atlanta-Trikot tragen wird. Es ist das Zeichen für einen Kurswechsel in der Strategie der MLS-Klubs – und gleichzeitig auch die Bestätigung, dass sich ein hochgehandeltes Talent durchaus mit den Entwicklungsmöglichkeiten in den USA oder Kanada anfreunden kann.

Atlanta als "Zwischenschritt" für Barco

"Das gefällt mir aus Sicht unseres Vereins und unserer Liga", sagte Atlantas Sportdirektor Carlos Bocanegra zum Wechsel des Teenagers. "Er weiß, dass es ein Zwischenschritt in seiner Karriere ist, der seiner Entwicklung weiterhelfen wird, denn er wird sich verbessern", ergänzte er. Tatsächlich ist der Weg eines Talents in die MLS selten – der Weg aus Südamerika direkt nach Europa erschien in den letzten Jahren der logischere für Nachwuchsspieler mit Potenzial.

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Ezequiel Barco bejubelt sein entscheidendes Tor im Finale der Copa Sudamericana

Der Sinneswandel, den Barco hatte, haben auch die MLS-Klubs: Sie haben erkannt, dass die Alt-Stars zwar die Bekanntheit der Vereine und der Liga steigern, die Transfers sich aber finanziell gesehen nicht auszahlen. Als "totes Kapital" gelten die bekannten Namen, während man mit Youngstern mit Potenzial gute Geschäfte machen kann – siehe zum Beispiel Ousmane Dembele bei Borussia Dortmund, der seinen Transferwert in einem Jahr verzehnfachte.

Die MLS als Konkurrent für Mexiko und Europa

"Meine Sichtweise ist, dass wir Top-Talente holen und wenn wir sie wieder abgeben, ist das gut für alle, denn man kann das Geld dann reinvestieren, um den nächsten jungen Spieler zu holen", verriet Atlantas Präsident Darren Eales, wo die Entwicklung der Liga seiner Meinung nach hingehen wird. "Mexikos Liga hat jetzt Angst und auch die großen europäischen Klubs können jetzt nicht mehr automatisch davon ausgehen, dass sie sich die besten Talente aus Südamerika heraussuchen können", fügte Eales hinzu.

Bei all dem gegenseitigen Schulterklopfen blieb ein wenig auf der Strecke, dass Ezequiel Barco wirklich richtig gut kicken kann – und nicht nur ein Sinnbild für eine neue Liga-Strategie ist. Der kleine 18-Jährige ist im offensiven Mittelfeld zuhause, wo er flexibel einsetzbar ist. Bei Independiente kam er meist über den linken Flügel, wo er seine Stärken im Dribbling ausspielen konnte. Trotz seines jungen Alters hat er bereits eine glänzende Übersicht und setzt seine Mitspieler immer wieder gekonnt in Szene.

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Und er traut sich einiges zu – wie nicht nur sein Wechsel in die USA beweist. Im Finale der Copa Sudamericana war er es, der im Dezember für sein Team die Verantwortung vom Punkt übernahm und mit einem Elfmetertor gegen Flamengo den entscheidenden Treffer erzielte.

In Atlanta freuen sich jedenfalls alle Beteiligten auf den Argentinier – und wischen die Zweifel, die manche Experten wegen Barcos Entscheidung hatten, weg. "Ich muss lachen, wenn Leute sagen, dass es ein Rückschritt ist, wenn man in die MLS geht", meinte Trainer Tata Martino, der immerhin zuvor auch schon unter anderem den FC Barcelona coachte.

Martino stellt einen Vergleich zu Paulinho an

Und er stellte einen Vergleich zu seinem Ex-Klub an: "Barcelona hat viel Geld für einen Spieler aus China bezahlt. Die Qualität ist das, was zählt", sagte er mit Blick auf Paulinho, den Sommer-Neuzugang der Katalanen, der auch zunächst kritisch beäugt wurde.

Der Transfer von Ezequiel Barco soll der Meilenstein-Wechsel werden – so wollen es die Verantwortlichen in Atlanta. Für den Klub, für die Liga und natürlich auch für das große Talent aus Argentinien.

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