HINTERGRUND
Die Ansprüche von Etienne Amenyido sind gestiegen. "Das war heute nicht wirklich gut von mir", sagte der Stürmer von Borussia Dortmund nach dem Halbfinal-Hinspiel um die Deutsche Meisterschaft in der U19 beim VfL Wolfsburg (3:2 für den BVB). Sein Trainer Benjamin Hoffmann sah es allerdings komplett anders. Denn "Etti", wie er teamintern genannt wird, arbeitete extrem viel für seine Teamkollegen. Er riss Räume auf und hielt den Ball in der Spitze. Zwar reichte es für ihn nicht für ein Tor - manchmal übernehmen Stürmer aber auch andere wichtige Aufgaben.
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"Er genießt nicht das Recht nur im Strafraum zu stehen. Er bewegt sich sehr viele und reißt durch seine Laufwege Räume für Mitspieler. Deswegen ist er so beliebt im Team", lobte Hoffmann den 19-Jährigen gegenüber Goal, der in seinem letzten Junioren-Jahr so richtig durchgestartet ist. Die lange Verletzungspause von Stürmer Janni Serra hat Amenyido für sich genutzt und sich im Sturmzentrum der BVB U19 festgespielt. Es war die beste Saison seiner inzwischen langen Jugendkarriere in Dortmund. 15 Tore in 35 Einsätzen in der U19-Bundesliga und der UEFA Youth League sind die besten Belege.
Verletzungen stoppten Amenyidos Entwicklung
Amenyido hatte es nicht leicht. In seiner gesamten Jugendzeit ist er immer wieder von Verletzungen geplagt worden, hatte bis zur B-Jugend nur wenige Einsätze. "Ich bin froh, dass ich endlich mal eine verletzungsfreie Saison spielen kann", sagte er gegenüber Goal. Das zweite Jahr bei den A-Junioren ist nun seine erste Saison, durch die er ohne größere Blessuren durchkommt. "Es ist fantastisch, dass Etienne endlich einmal verletzungsfrei bleibt. Er hatte in seiner Jugend Seuchenjahre", sagt Hoffmann. "Er hat über Trainings- und Spielumfänge zu einer Stärke gefunden, die sehr wichtig ist für uns im Spiel."
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Dennoch haben sie beim BVB penibel darauf geachtet, dass der Körper des gebürtigen Herforders in dieser Saison nicht komplett überfordert wird. "Es ist die erste Saison in dieser Intensität für ihn, weil er in der Jugend fast nur verletzt war. Wir haben aber immer sein Potenzial gesehen und darauf geachtet, dass er jetzt nicht alle Spiele machen muss", sagte BVB-Jugendkoordinator Lars Ricken im Gespräch mit Goal. Und es hat sich gelohnt: "Wir sind sehr zufrieden mit der Entwicklung von Etienne."
Kein Wunder, ist Amenyido doch ein Spielertyp, der sich nicht auf eine Position festlegt. Zwar spiele er "am liebsten auf der neun", von wo er mit seiner Schnelligkeit Räume aufreißen kann. Aber er ist auch auf den anderen Positionen in der Offensive gut aufgehoben. Er ist zwar kein klassischer Knipser für die Sturmspitze, kein Tempodribbler für die Flügelposition und kein Spielmacher im offensiven Mittelfeld. Er ist aber ein gutes Gesamtpaket. "Er kann in der Offensive fast alles spielen: als bewegliche Spitze oder in der Tiefe. Er ist ein sehr guter Fußballer und hat sich sehr gut in dieser Saison entwickelt", sagte U19-Nationaltrainer Frank Kramer, der ihn vor einiger Zeit das erste Mal in die Deutschland-Auswahl berufen hatte.
Amenyido Kandidat für die U19-EM
Bereut dürfte er es nicht haben. Denn der Dortmunder Stürmer erzielte in drei Länderspielen gleich vier Tore - darunter auch den wichtigen Siegtreffer in der EM-Qualifikation gegen Zypern. Aus diesem Grund ist er "neben Felix Passlack, Dzenis Burnic, Janni Serra und Eike Bansen, die alle schon bei uns gespielt haben, auch ein Kandidat für die EM im Sommer", verriet Kramer im Gespräch mit Goal.
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Die Gründe dafür liegen auf der Hand. Die enorme Laufbereitschaft von "Etti" ist herausragend. Kein Weg ist ihm zu weit, kein Gegner zu schnell. Er beißt sich in Zweikämpfen oft fest. In der Rückwärtsbewegung ist er enorm engagiert - auch wenn er sich gerade im Defensivverhalten noch verbessern kann. "Er ist zweikampfstark, torgefährlich, kann den Ball gut halten, hat eine tolle Schusstechnik. Das bringt er immer wieder ins Spiel ein", schwärmt Hoffmann vor dem Halbfinal-Rückspiel gegen die U19 des VfL Wolfsburg am Montag (18.30 Uhr) von seinem Stürmer.
Mit einer Größe von 1,83 Meter ist Amenyido kein Riese, kann aber Bälle aus der Luft gut festmachen und weiterverarbeiten. Amenyidos Technik ist solide. Er verfügt über eine gute Ballbehandlung, verrückte Dinge oder spektakuläre Dribblings sieht man von ihm nicht. Er ist ein geradliniger und unspektakulärer Spieler. Vieles erinnert in seiner Spielweise an sein Vorbild Thierry Henry. "Etienne arbeitet sehr viel für Team und ist dabei immer gefährlich. Er hat eine gewisse Dynamik und schont sich im Spiel nicht. Er reißt Räume auf, geht sehr gut in die Tiefe, ist robust in Zweikämpfen und reibt sich auf", sagte U19-Nationaltrainer Kramer.
Amenyido soll bei den Profis reinschnuppern
Herausragend ist der Torabschluss von Amenyido, der seit der U14 für den BVB spielt. Er trifft sowohl mit dem Fuß als auch mit dem Kopf. Doch gerade seine Abschlüsse mit dem Fuß finden großen Anklang. "Er hat einen Schuss - von der Schärfe und Genauigkeit - wie ich es selten bei Spielern in seinem Alter gesehen habe", sagte Ricken.
Den Lohn für diese starke Entwicklung gibt es für Amenyido, der im BVB-Internat wohnt und gerade sein Abitur ablegt, am Ende der Saison. "Wir werden ihn in die U23 hochziehen, er soll aber auch seine Möglichkeiten bei den Profis bekommen. Er hat absolut das Zeug für eine Profikarriere", sagte Ricken gegenüber Goal. Gut möglich, dass er das nächste große Talent in den Reihen des aktuellen U19-Jahrgangs bei Borussia Dortmund ist, das den großen Durchbruch vor sich hat. Auch wenn Kritiker nicht der Ansicht sind, dass Amenyido das Zeug für eine Profikarriere hat. Er wäre allerdings nicht der erste Spieler, der vermeintliche Experten Lügen straft und am Ende doch noch durchstartet. Die Qualitäten dafür hat er jedenfalls.