ERNESTO VALVERDEGetty Images

Ernesto Valverde: Die Ameise kehrt zurück


PORTRÄT

Im Deutschen heißt der Begriff "Arbeitsbiene". Wenn die Einstellung vorbildlich ist und man sich bezüglich der Motivation, der Hingabe und des Einsatzes nichts vorwerfen lassen kann, dann wird man oft mit diesem Ausdruck geehrt. In Spanien wird ein anderes Tier bemüht, um diese Qualitäten deutlich zu machen: die Ameise. "Txingurri" – das baskische Wort für das Insekt – wird Ernesto Valverde genannt. Der 53-Jährige ist der Nachfolger von Coach Luis Enrique beim FC Barcelona und wird in am Donnerstag bei den Katalanen vorgestellt.

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Nachdem Luis Enrique seinen Abschied zum Saisonende überraschend früh verkündet hatte, geisterten zahlreiche Kandidaten durch die Medien. Von erfolgreichen, offensiv denkenden Coaches wie Jorge Sampaoli vom FC Sevilla bis hin zu verdienten Ex-Spielern wie Ronald Koeman, der aktuell Everton betreut: An Kandidaten mangelte es den Katalanen nicht. Nun ist die Entscheidung für Valverde gefallen – das war spätestens seit Dienstag klar, als Athletic Club aus Bilbao offiziell verkündete, dass Valverde die Basken in der kommenden Saison nicht mehr trainieren wird.

Am vergangenen Mittwoch erklärte Valverde, dass es zum damaligen Zeitpunkt noch keine Einingung gab. "Im Moment habe ich noch keiner Mannschaft eine Zusage gegeben, auch wenn einige Teams an mir interessiert sind", sagte er.

Gute Gründe für das Barca-Interesse

Warum hat sich Barca für Valverde entschieden? "Die Ameise" genießt nicht nur wegen seiner herausragenden Arbeitsmoral einen exzellenten Ruf. Valverde kann Teams besser machen – das hat er in seiner Trainerkarriere schon mehrfach bewiesen. Mit Espanyol erreichte er das UEFA-Cup-Finale, mit Olympiakos Piräus holte er Meisterschaften in Serie, mit Valencia arbeitete er sich aus der Abstiegsregion auf den fünften Platz. Und mit Bilbao gewann er 2015 den spanischen Supercup – gegen den FC Barcelona, der im Hinspiel beim 0:4 chancenlos war.

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Der Auftritt der Basken dürfte den Verantwortlichen der Katalanen noch in bester Erinnerung sein. Und sie dürften sich mit Wohlwollen daran erinnern, dass Valverde selbst als Spieler das Trikot der Blaugrana trug. Von 1988 bis 1990 lief er für den Klub als Stürmer auf. Die Identifikation mit dem Verein, das Verständnis, wie ein Klub funktioniert – all das sind bei Barca wichtige Aspekte, wenn es darum geht, einen Trainer zu holen. Valverde hat diese Kenntnisse und er hat während seiner aktiven Zeit im Camp Nou unter dem Mann gearbeitet, der mit seiner Philosophie den Grundstein für das "moderne" Barcelona gelegt hat: Johan Cruyff.

Der Niederländer hat seine Ex-Spieler mit seinen Ideen vom Fußball derart geprägt, dass viele von ihnen selbst Trainer geworden sind – darunter auch Ernesto Valverde. Zwar verzichtete er bei seinen bisherigen Stationen auf das niederländisch-beeinflusste 4-3-3-System, das Cruyff bevorzugt hatte, doch das taktische Verständnis ist ihm von seinem Ex-Coach mitgegeben worden.

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In Bilbao ließ Valverde ein 4-2-3-1-System spielen, in dem die Spieler – ähnlich wie unter Barcas Ex-Trainer Pep Guardiola – darauf aus waren, durch hohes Pressing den Ball in der gegnerischen Hälfte zu erobern. Mit Aritz Aduriz hatte er einen echten Mittelstürmer zur Verfügung, der unablässig mit Flanken gefüttert wurde. Inwieweit Valverde diese Vorstellung bei den Katalanen, die über keinen großgewachsenen Kopfball-Stürmer im Kader verfügen, anpasst, bleibt abzuwarten.

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Stur sein Konzept durchzuziehen, wäre auch nicht die Art von Valverde, der sich im Gegensatz zu einem Luis Enrique nicht als absoluter Chef und Entscheider präsentiert. "Vor allem ist er ein ganz normaler Mensch", sagte beispielsweise Ander Herrera, der unter Valverde in Bilbao spielte, 2014 dem Guardian. "Er versteht uns und spricht viel mit uns", deutete der aktuelle Mittelfeldmann von Manchester United an, dass mit dem Trainer durchaus über Aufstellungen, Systeme und Probleme diskutiert werden kann.

Die Referenzen stimmen, die Barca-Vergangenheit ist gegeben und die Ex-Spieler sind voll des Lobes für den Coach: Kein Wunder also, dass sich Ernesto Valverde zum Wunschkandidaten der Katalanen entwickelt hat. Und das nicht zum ersten Mal: Bereits, als sich Barca für Tito Vilanova entschied, war er in der engeren Auswahl und hatte schon Gespräche mit Sportdirektor Andoni Zubizarreta geführt. Und auch nach dem Rücktritt Vilanovas war er ein Kandidat, doch damals hatte er bereits in Bilbao zugesagt. Der dritte Versuch ist nun von Erfolg gekrönt – und die "Ameise" kann bald mit der Arbeit beginnen.

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