BORUSSIA DORTMUND MONACO UEFA CHAMPIONS LEAGUE 12042017Getty Images

Dortmund gegen Monaco: Wenn der Fußball kaum interessiert

Dass das Hinspiel im Champions-League-Viertelfinale zwischen Borussia Dortmund und der AS Monaco ( 2:3 ) ein ganz besonderes werden würde, war nach dem Anschlag auf die BVB-Mannschaft jedem bewusst - erst recht nachdem die Spieler nach der Partie um Worte rangen und Sokratis sogar vor der Südtribüne weinte. Die Akteure fanden deutliche Worte gegen die schnelle Ansetzung.

Monaco abgezockt, BVB tapfer

"Ich fühle mich wie ein Tier, nicht wie ein Mensch", sagte Sokratis mit ruhiger Stimme aber mit Nachdruck. Der Fußball war zu diesem Zeitpunkt schon wieder weit weg. "Ich bin froh, dass ich am Leben bin. Es war der schwierigste Tag in meinem ganzen Leben. Ich hatte mir keine Gedanken um das Spiel gemacht. Es war sehr schwierig heute zu spielen", sagte er. Trainer Thomas Tuchel fand ähnlich deutlicher Worte: "Wir wurden zu keiner Zeit gefragt, wurden per SMS informiert, dass die Entscheidung in der Schweiz getroffen wird. Das gibt einem das Gefühl der Ohnmacht, dass wir zu funktionieren haben und der Rest keine Rolle spielt."

"Niemand hat an Fußball gedacht"

Sein Verteidiger Matthias Ginter konnte und wollte nicht über das Spiel sprechen. Zu sehr war er mit sich und dem Anschlag beschäftigt. Der Fußball rückte an diesem Tag weit in den Hintergrund. "Als Ablenkung war das heute vielleicht der einzige Grund, dass wir gespielt haben", sagte der 23-Jährige. "Niemand hat an Fußball gedacht und es wird dauern, das zu verarbeiten. Es war kein normales Spiel."

Tuchel: Wurden komplett übergangen

Die Fans taten aber viel dafür, dass die Spieler ein möglichst normales Champions-League-Gefühl erleben können. Die Anhänger aus dem Fürstentum skandierten vor der Partie immer wieder "Dortmund"-Rufe, die Spieler der AS beklatschen die Fans und Spieler des BVB beim Aufwärmen und die Dortmunder bedankten sich mit viel Applaus bei allen. Es waren Zeichen für den Fußball, für Gemeinschaft, für Zusammenhalt.

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Emotionaler Abend: Sokratis stehen die Tränen in den Augen

"Wir wollten den Fans und den Spielern von Borussia Dortmund Respekt zollen. Es war für alle nicht einfach", sagte Monacos Stürmer Radamel Falcao. Es war die gute, oft vergessene Seite des Fußballs, der alle miteinander verbindet - vor allem in schweren Zeiten. Egal wie das Spiel ausgehen würde, der Fußball und die Menschlichkeit hatten schon zu diesem Zeitpunkt gewonnen.

Spieler auf dem Platz abgezockt

Als die Mannschaftsaufstellung verlesen wurde, hallte auch der Name von Marc Bartra, der die Partie aus dem Krankenhaus verfolgte, gleich drei Mal laut durchs Stadion. Die Choreografie vor dem Spiel heizte die Stimmung an und passte zu diesem besonderen Tag. Ein riesiges "BVB" aus schwarz und gelb prangte über 90 Minuten auf der Südtribüne. Danach ging es um Fußball, der Grund, aus dem alle im Stadion waren. Spätestens in der 15. Minute, als Sokratis Kylian Mbappe hielt, der zu Fall kam und Fabinho den fälligen Elfmeter verschoss, war alles andere hinten angestellt.

Ein besonderer Abend in Dortmund

Doch die Dortmunder Mannschaft hatte in der ersten Halbzeit so ihrer Probleme mit den schnellen Angriffen der Monegassen, wurde immer wieder in Bedrängnis gebracht und lagen nach 35 Minuten 0:2 zurück. Die Dortmunder machten in der ersten Halbzeit nicht den Eindruck, als würden die Ereignisse vom Vorabend in ihren Köpfen während des Spiels eine Rolle spielen. Sie agierten normal auf dem Feld, gingen robust in Zweikämpfe, versuchten ihr Offensivspiel aufzuziehen und beschwerten sich bei strittigen Schiedsrichterentscheidungen. Kurzum: Es war scheinbar ein normales Fußballspiel. Wie es in den Spielern aussieht, war zu diesem Zeitpunkt gänzlich ungewiss.

Aber vor allem in der zweiten Halbzeit merkte man den Dortmundern gar nichts mehr an. Mit Vollgas stürmte man auf das Tor der Gäste und entwickelte eine 45-minütige Druckphase. "Der Spirit in der zweiten Halbzeit war großartig", befand Tuchel nach der Partie. So kam der BVB noch einmal ran, erzielte zwei Tore. Doch ein Fehlpass von Lukasz Piszczek und ein starker Abschluss von Mbappe sorgten für die 2:3-Niederlage vor eigenem Publikum. Doch das interessierte kaum jemanden. Denn am Ende hatte vor allem die Menschlichkeit im Fußball gewonnen.

"Ich habe alle ermutigt, das Spiel ernst zu nehmen. Aber: Fußball ist nicht das Wichtigste auf der Welt", sagte Tuchel. Das haben alle Beteiligten am Mittwoch deutlich gemacht - auf die wohl beeindruckendste Art und Weise.

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