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Diego Demme: Ein kleiner Gennaro Gattuso für das DFB-Team


PORTRÄT

Kampfgeist, Entschlossenheit und der absolute Siegeswille - Gennaro Gattuso verkörperte diese Merkmale wie kein Zweiter. Er gehört zu den Legenden seines Landes. Zwei Champions-League-Titel mit dem AC Mailand und der Triumph mit der italienischen Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft 2006 sprechen für sich. Einer sah ganz genau hin, wenn die Ikone dem Ball nachjagte. "Ich habe es geliebt, ihm zuzuschauen. Er war mit seiner Mentalität ein Vorbild“, zeigt sich Diego Demme voller Bewunderung für den heute 39-Jährigen.

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"Ein kleiner Gennaro Gattuso“, adelte Joachim Löw Demme bei der Bekanntgabe des Kaders für den Confed Cup. "Einer, der giftig in die Zweikämpfe geht, physisch stark ist." Gattuso galt als Raubein und Hitzkopf, bekam in Italien den Spitznamen "Ringhio“ (deutsch: Knurrer). Ein Knurrer ist der Neue im DFB-Dress aber nicht, umso ähnlicher ist die Spielweise der beiden Kämpfer.

Eine steile Karriere: Von der dritten Liga nach ganz oben

Unter vielen jungen Spielern und Neulingen, die ins DFB-Team berufen wurden, ist Demme wohl der unbekannteste. Noch vor drei Jahren kickte er mit RB Leipzig in der dritten Liga gegen Mannschaften wie Unterhaching, Elversberg oder Wacker Burghausen. Nun trägt er beim Confed Cup in Russland das Trikot der deutschen Nationalmannschaft und darf sich mit Top-Spieler wie Chiles Alexis Sanchez messen.

Rückblick: Die Reise des 25-jährigen Deutsch-Italieners begann im Nachwuchsleistungszentrum von Arminia Bielefeld. Sein Profi-Debüt gab er 2010 in der 2. Bundesliga und wechselte schließlich zum damaligen Ligakonkurrenten SC Paderborn. 2014 wurde RB Leipzig auf den jungen Mittelfeldspieler aufmerksam und Demme entschloss sich ganz bewusst für das Projekt RB und startete eine Spielklasse tiefer durch. Seitdem führt sein Weg steil nach oben.

2014: Aufstieg in 2. Liga. 2016: Aufstieg in die Bundesliga. 2017: Vizemeister. "Ich habe die Entwicklung des Vereins fast von Anfang an mitgemacht und mich mit dem Verein ständig weiterentwickelt“ zeigt sich Demme stolz. Dem Aufsteiger gelang auf Anhieb der Sprung in die Champions League. Timo Werner, Emil Forsberg oder Naby Keita sind bisweilen die Stars im Team von Ralph Hasenhüttl. Doch der Neu-Nationalspieler ist unangefochtener Stammspieler, zählt mittlerweile zu den Dienstältesten im Kader und zeugt von enormer Wichtigkeit. Der 25-Jährige kam in der abgelaufenen Saison auf 32 Einsätze. Er ist der Dauerbrenner der Roten Bullen, nahezu alle Spiele bestritt er über die volle Distanz.

Diego Demme: Der Fast-Alles-Könner

 "Er kann einfach alles“, sagte im Oktober Hasenhüttl. Fast alles – denn Torgefahr konnte man von Demme in den letzten Jahren nicht erwarten. "Das ist schon eine Schwäche von mir“, zeigt sich der Mittelfeldspieler selbstkritisch. Seit der A-Jugend hatte er kein Tor mehr erzielt. Doch am 29. Spieltag gegen den SC Freiburg war es endlich so weit. Der Treffer gegen die Breisgauer wird ihm wohl immer in Erinnerung bleiben – positiv wie negativ. Denn Demme verlor bei seinem Kopfballtor einen Schneidezahn. "Selbst wenn er bei jedem Tor einen Zahn verliert, hat er am Ende seiner Karriere noch sein ganzes Gebiss“, scherzt Hasenhüttl mit Blick auf die Torungefährlichkeit des Sechsers.

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Demme ist einer für das Grobe, keiner für das schöne Spiel. Sein italienischer Vater war da mehr Ästhetik-Freund und leidenschaftlicher Fan von Diego Maradona. Aufgrund der großen Liebe zur argentinischen Legende bekam der junge Diego seinen Vornamen.

Doch sein Spielstil ist ein ganz anderer. Selbst ein ausgeschlagener Zahn kann den robusten Demme nicht aufhalten. Einsatzwille und Zweikampfstärke zeichnen ihn aus. Zudem zählt er in der Bundesliga zu den laufstärksten Akteuren, ist enorm ballsicher und unterstreicht immer wieder seine Galligkeit und sein aggressives Spiel. Der Abräumer der Leipziger ist der Spieler mit den meisten Fouls in der Bundesliga. Er stopft im defensiven Mittelfeld die Löcher und sorgt so dafür, dass die Offensiv-Star der Roten Bullen glänzen können.

Demme: Solche Spielertypen braucht das DFB-Team

"Dass es jetzt so perfekt verläuft, hätte man sich vielleicht erträumen können. Aber rechnen konnte man damit wirklich nicht“, gibt sich Demme bescheiden. Mit seinen Leistungen in der überragenden letzten Saison spielte er sich auch ins Blickfeld der Nationalmannschaft. Die Nominierung ist der vorläufige Höhepunkt seiner sensationellen Entwicklung. "Ich sehe für ihn keine Limits“, freut sich der RB-Trainer Hasenhüttl.

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Denn Spielertypen wie Demme brauche auch die deutsche Nationalelf, sagte ihm DFB-Co-Trainer Thomas Schneider am Telefon. Der Neuling ist trotz großer Konkurrenz im Mittelfeldzentrum mutig und angriffslustig. Beim Confed Cup will er kein Mitläufer sein und sich nicht mit einer Reservistenrolle abfinden: "Ich fahre natürlich nicht dahin, um auf der Bank zu sitzen."

Demme will sich beweisen, im Training so Gas geben, dass der Trainer nicht mehr an ihm vorbeikommt. Sollte er beim Confed Cup an seine starken Leistungen aus der Bundesliga anknüpfen können und auch in der nächsten Saison mit RB in der Liga und der Champions League überzeugen, wäre er auch ein Kandidat für die Weltmeisterschaft 2018 in Russland.

Dort könnte er seinen nächsten Traum wahr machen und es so gleich zwei Idolen der Familie Demme gleich tun: Diego Armando Maradona reckte den WM-Pokal 1986 in den Himmel, Gennaro Gattuso 2006. Damals saß Demme mit 14 vor dem Fernseher. Heute dagegen ist er selbst ein Star und verkörpert genau die Attribute, die sein italienisches Vorbild groß gemacht haben: Kampfgeist, Entschlossenheit und der absolute Siegeswille. 

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