Joachim Löw Germany MexicoGetty

DFB-Team verliert gegen Mexiko: Deutschland, Deine (82 Millionen) Bundestrainer


KOMMENTAR

Endlich wieder Fußball-Weltmeisterschaft, endlich wieder ein sportliches Groß-Event, das die Nation in vielerlei Hinsicht eint. Im Garten grillen, Deutschlandfähnchen schwenken, schwarz-rot-goldene Farbe auf die Wange schmieren. Herrlich. Am Sonntagabend wurde das kollektive Ein-Hoch-auf-uns-Feeling allerdings jäh erschüttert. Der Weltmeister hatte sich angemaßt, sein Auftaktspiel der Gruppe F gegen Mexiko zu vergeigen. Mexiko, dieser Fußball-Zwerg. Wo liegt das eigentlich? Peinlich-Panne, Blamage, für "uns", die Sport-Nation überhaupt. Der Schuldige für diese Unverschämtheit war natürlich schnell ausgemacht: Joachim Löw hatte - mal wieder - die falschen Leute aufgestellt.

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Hatte er nicht. Der Bundestrainer hat eine erfahrene, homogene Elf aufs Feld geschickt, die sich aus dem Effeff kennt, es aber im Luzhniki-Stadion schlicht nicht geschafft hat, ein gutes Spiel abzuliefern. Toni Kroos, der per Naturgesetz immer mit einer Passquote von mindestens 95 Prozent aufwartet, wirkte fahrig, bei Sami Khedira, normalerweise ein Stabilisator, schlichen sich etliche Unkonzentriertheiten ein, Joshua Kimmich wurde unzählige Male für seine Offensivfreudigkeit bestraft und Thomas Müller fand beispielsweise gar nicht statt. Nur vier Beispiele.

Löws Taktik am Pranger

Auch die Taktik wurde scharf kritisiert. Zu viele Ballverluste, daraus resultierend zu konteranfällig, ideenlos und so weiter. Das ganze Potpourri der Fußballtadeleien. Stimmt auch alles, hat Löw a la "es kann doch nicht immer am Trainer liegen" aber nicht automatisch die größte Schuld dran. Die aktuelle Mannschaft spielt in dieser Besetzung seit Jahren zusammen, ist gespickt mit Weltmeistern und potenziellen Weltklasse-Profis. Und vor allem: Sie ist mit dem System vertraut.

Wer, wenn nicht dieses Team ist im Normalfall in der Lage, die Löw’sche Philosophie perfekt umzusetzen? Gegen die mexikanische Auswahl (ja, die können tatsächlich Fußball spielen), die in herausragender Manier im vierten Anlauf den ersten Erfolg in einem WM-Spiel gegen Deutschland einfuhr, war der angesprochene Normalfall eben nicht gegeben.

Die meisten Deutschen hatten das Unheil natürlich spätestens nach den Spielen gegen Österreich und Saudi-Arabien, eigentlich aber schon bei der Kadernominierung kommen sehen, es aber bis nach der Partie gegen Mexiko für sich behalten. Klagende Stimmen bezüglich der von Löw gewählten Startaufstellung waren nämlich kaum zu vernehmen. Vor allem, weil im Vorfeld beinahe keine Position wirklich als vakant galt. Letztlich duellierten sich nur Mesut Özil, Julian Draxler und Marco Reus um zwei freie Plätze in der Offensive.

Aufstellung vollkommen nachvollziehbar

Löw hat eine völlig legitime, beinahe konservative Aufstellung gewählt, keine Experimente, wie im EM-Halbfinale 2012, als Kroos den Rechtsaußen mimte, aus dem Hut gezaubert.

Dass irgendwann im Laufe des Turniers die Debatte um den daheimgebliebenen Leroy Sane aufkeimt, der lustlose Özil an den Pranger gestellt und die Frage nach einer "echten" Nummer neun in den Raum geworfen wird, war klar, das hat Tradition. Dass so früh im Turnier schon derartige Komplikationen auftreten, damit war nicht unbedingt zu rechnen. Letztlich bleibt festzuhalten: Deutschland kann sich vor Bundestrainern, die weiser und deutlich besser qualifiziert sind als der aktuelle Amtsträger, kaum retten. Das ist sehr beruhigend für die nächste Fußball-Weltmeisterschaft, wenn die Grills glühen und Fähnchen im Wind flattern.

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