HINTERGRUND
6. Oktober 2001: Stille im Old Trafford. Einige Fans, das zeigten die damaligen Fernsehbilder, falteten die Hände, in den Gesichtern der Three-Lions-Anhänger war eine Mischung aus Angst und Hoffnung auszumachen.
Nach einem Foul des griechischen Nationalspielers Konstantinos Konstantinidis an Englands Teddy Sheringham lag die Kugel rund 27 Meter vom Kasten der Hellenen entfernt, die Uhr hatte die 90 Minuten längst passiert, tickte erbarmungslos herunter. Griechenland zwei, England eins.
Nur ein Treffer der Hausherren hätte die direkte Qualifikation für die Weltmeisterschaft 2002 in Japan und Südkorea beschert, ansonsten hätte das Mutterland des Fußballs den Umweg über die Relegation gehen müssen. Ein Pfiff des Schiedsrichters Dick Jol, Bühne frei für einen der größten Freistoßkünstler, den dieser Sport je gesehen hat. Bühne frei für David Beckham.
Beckham zirkelt den Ball in den Winkel
Sechs Schritte Anlauf, ehe Beckhams weiß-silberner Predator auf das Spielgerät traf, das sich von der liebevollen Behandlung offenbar so geschmeichelt fühlte, dass es eine schier unglaubliche Flugbahn nahm und im Winkel einschlug. Ein Kunstwerk, das das 'Theater der Träume' in ein Tollhaus verwandelte.
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"Ich kann es nicht glauben", brüllte Kommentator Gary Bloom ins Mikrofon und forderte: "Schlagt diesen Mann zum Ritter!" Beckham war binnen weniger Sekunden zum Nationalhelden mutiert. Eine Tatsache, die beispielhaft zeigte, wie schnell speziell im Fußball Verachtung in Verehrung umschlagen kann.
Dass ebenso der umgekehrte Weg möglich ist, hatte Beckham drei Jahre zuvor am eigenen Leibe zu spüren bekommen. Im Achtelfinale der WM 1998 hatte der Mittelfeldmann, der bis dato in der Heimat wie ein Popstar verehrt worden war, gegen Argentinien noch vor der Halbzeit die Rote Karte gesehen, weil er gegen Albiceleste-Raubein Diego Simeone nachgetreten hatte.
Sein persönlicher Aussöhnungsmoment
England verlor die Partie nach aufopferungsvollem Unterzahl-Kampf im Elfmeterschießen, Beckham wurde zum Sündenbock auf der Insel erklärt. Sein Tor gegen Griechenland war nicht nur wunderschön, sondern galt zudem als großer, persönlicher Aussöhnungsmoment mit einem enttäuschten Land.
