GER ONLY Dani Alves 2005Imago Images / Volkmann

"Jemand hatte meine Klamotten geklaut": Dani Alves und sein harter Weg nach oben


HINTERGRUND

Mitte der 1990er Jahre, Dani Alves ist gerade mal 13 Jahre alt. Er sitzt alleine in seinem Zimmer in der Akademie von Juazeiro SC, dem nächstgelegenen etwas größeren Klub. Er vermisst sein Zuhause, vermisst die Farm, wo er 1994 gemeinsam mit dem ganzen Dorf die Selecao zum WM-Titel angetrieben hatte. Auf dem alten Fernseher, den sein Vater flott gemacht hatte.

Doch in diesem Moment sind die glücklichen Zeiten von damals für Alves ganz weit weg. Nach dem ersten Training in der Akademie hatte er seine neuen Trainingssachen, die ihm sein Vater ein paar Tage zuvor erst gekauft hatte, draußen zum Trocknen aufgehängt. "Am nächsten Morgen waren sie weg. Jemand hatte sie genommen", erinnerte sich der 118-malige brasilianische Nationalspieler in einem Beitrag für The Players' Tribune. "Da wurde mir klar, dass das hier nicht mehr die Farm ist. Das ist die reale Welt. Und der Grund dafür, dass sie sie real nennen ist, dass der Scheiß hier real ist."

Ohnehin ist die Anfangszeit bei Juazeiro SC schwer für Alves. "100 Jungs zusammengepfercht in einem kleinen Gebäude. Es war ein bisschen wie ein Gefängnis", erzählt der spätere Barca-Star. Und dann auch noch die Sache mit den geklauten Trainingssachen. "Ich ging zurück in mein Zimmer und war am Verhungern. Wir trainierten den ganzen Tag und es gab nicht genügend Essen im Camp. Jemand hatte meine Klamotten gestohlen und ich vermisste meine Familie."

Dani Alves: "Ich war definitiv nicht der beste Spieler dort"

Und Alves, der mit Barcelona dreimal die Champions League und sechsmal die spanische Meisterschaft gewinnen sollte, ragte seinerzeit fußballerisch gar nicht unbedingt heraus in der Akademie. "Ich war definitiv nicht der beste Spieler dort. Vielleicht war ich unter 100 auf Platz 51 oder so, was meine Fähigkeiten anging."

Aufgeben wollte er aber keinesfalls. Alleine schon seines Vaters wegen, der auf ihrer Farm wie ein Besessener schuftete, um seinen Kindern ein besseres Leben zu ermöglichen. "Er arbeitete den ganzen Tag auf dem Feld und abends betrieb er dann eine kleine Bar, um sich noch etwas dazu zu verdienen", erklärt Alves. "Als er jung war, war er ein überragender Fußballer, aber er hatte kein Geld, um in eine größere Stadt zu ziehen, wo er von Scouts hätte entdeckt werden können. Er wollte sicherstellen, dass ich diese Möglichkeit habe. Selbst, wenn es ihn umbringt."

Daniel Alves São PauloGetty ImagesQuelle: Getty Images

Alves gab also sich selbst ein Versprechen: "Ich sagte mir: 'Du wirst nicht zur Farm zurückkehren, ehe du deinen Vater stolz gemacht hast. Vielleicht bist du in Sachen Talent nur auf Platz 51 - aber du wirst die Nummer 1 oder 2 in Sachen Wille und Engagement sein. Du wirst ein Krieger sein. Du gehst nicht nach Hause, egal, was kommt'."

Er sollte seinen Vater stolz machen. Mit 15 wechselte er in den Nachwuchs des brasilianischen Erstligisten EC Bahia, schaffte es dort zum Profi und wechselte 2002, mit 19, nach Europa zum FC Sevilla. "Ein Scout kam zu mir und sagte: 'Sevilla will dich verpflichten'. Ich sagte: 'Sevilla, wundervoll!'. Er fragte dann: 'Weißt du, wo das liegt?' Und ich antwortete: 'Natürlich weiß ich, wo Sevilla liegt. Seviiiiiilla! Ich liebe es!' Aber ich hatte verdammt noch mal keine Ahnung, wo Sevilla liegt. Es hätte auch auf dem Mond sein können. Aber die Art, wie er es aussprach, klang so wichtig, also log ich", blickt Alves zurück.

Dani Alves über Anfangszeit in Sevilla: "Die härtesten sechs Monate meines Lebens"

Als er erfuhr, dass Sevilla in Spanien liegt und in LaLiga gegen Barcelona oder Real Madrid spielt, stand seine Entscheidung fest. Doch so leicht wie gedacht ging ihm der Wechsel dann doch nicht von der Hand. Die ersten sechs Monate in Sevilla seien "die härtesten meines Lebens gewesen", betont Alves. "Ich konnte die Sprache nicht, der Trainer setzte nicht auf mich und ich dachte ernsthaft darüber nach, zurückzugehen."

Doch dann erinnerte er sich wieder an die Trainingssachen, die ihm sein Vater mit 13 kaufte. Die, die ihm gestohlen wurden. "Ich dachte an meinem Vater mit dem Tank auf seinem Rücken, wie er die Chemikalien auf seine Pflanzen sprüht. Und ich entschied mich, zu bleiben, die Sprache zu lernen, neue Freundschaften zu knüpfen. Damit ich, sollte ich zurück nach Brasilien gehen, zumindest von einer tollen Erfahrung erzählen könnte."

Zurück nach Brasilien ging Alves, inzwischen 37 und immer noch Nationalspieler, aber erst im Sommer 2019. Nach sechs Jahren in Sevilla, deren acht bei Barca, dazu Stationen bei Juventus und PSG, heuerte er vor rund einem Jahr beim FC Sao Paulo an. Er hat es geschafft. Und seinen Vater längst stolz gemacht.

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