Doch von Weltklasse war bei Cristiano Ronaldo bei Portugals 1:0-Erfolg nach Verlängerung im Achtelfinale der Europameisterschaft gegen Kroatien nichts zu sehen. Noch bemerkenswerter: Von Cristiano Ronaldo war eigentlich gar nichts zu sehen – bis zur 117. Minute, als er mit seinem Schuss an Kroatiens Keeper Danijel Subasic scheiterte und er mit diesem Versuch unfreiwillig das 1:0 vorbereitete, denn Ricardo Quaresma köpfte den Abpraller aus kurzer Distanz zum einzigen Tor des fürchterlich langweiligen Abends ein.
33 Schüsse hatte Ronaldo in den drei Gruppenspielen gegen Island, Österreich und Ungarn abgefeuert – im Schnitt also elf pro Partie und damit den Bestwert aller Spieler beim Turnier in Frankreich erreicht.
Duell ohne Höhepunkte
Von einem Versuch, den Kasten von Kroatiens Keeper in Gefahr zu bringen, war er am Samstag allerdings lange erstaunlich weit entfernt – aber mit seiner Passivität war er nicht der einzige Spieler auf dem Platz, der es vorsichtig angehen ließ. Da beide Mannschaft nicht bereit waren, ein Risiko einzugehen, zog sich das Duell ohne Höhepunkte in die Länge, ehe die Zuschauer doch noch mit einem Treffer kurz vor dem Erreichen des Elfmeterschießens für ihre endlose Geduld belohnt wurden.
Vorher verloren die Fans allerdings ihre gute Laune, denn Portugal konzentrierte sich ausschließlich darauf, kompakt zu stehen und Kroatiens Luka Modric im Mittelfeld keinen Raum zu gewähren, damit der gegnerische Regisseur nicht das Spiel seines Teams aufziehen konnte. Diesem destruktiven Ansatz ordnete sich auch Cristiano Ronaldo unter.
Getty ImagesLeidender Blick ins Leere: Cristiano Ronaldo ärgert sich
Der ehemalige Weltfußballer, der ansonsten – wie es ihm viele Kritiker vorwerfen – angeblich nur allzu gerne im Rampenlicht steht. Gelingt ihm eine Aktion oder macht er ein Tor, lässt er sich ausgiebig feiern. Versandet ein Angriff oder übersieht ihn ein Mitspieler bei einer Offensivbemühung, ärgert er sich meist gestenreich und dreht sich enttäuscht weg. Mit seinem Verhalten macht er eigentlich klar, wer der Chef im Team, wer der Weltstar, der beste Mann, der Entscheider ist. Von solch einem Verhalten war er jedoch gegen Kroatien ganz weit entfernt.
Teil des Konzepts
Zu Beginn animierte er seine Teamkollegen noch zu einem etwas konsequenteren Pressing, doch nach ein paar Minuten wurde er zu einem Teil des Konzepts, das sich Portugals Trainer Fernando Santos gegen die zum Geheimfavoriten aufgestiegenen Kroaten ausgedacht hatte. Ronaldo hielt seine Position, wenn der Gegner in Ballbesitz war und tauchte meist auf dem linken Flügel auf, wenn sein Team die Kugel in den eigenen Reihen hatte. Dort bot er sich an – aber er glänzte nicht, auch, weil er erstaunlich selten ins Spiel einbezogen wurde.
"Wir hätten gerne schön gespielt, aber so gewinnt man nicht immer ein Turnier", verteidigte Portugal-Coach Santos das schwer zu ertragende Spiel beider Mannschaften. Zur Pause verzeichnete Cristiano Ronaldo nur sieben Pässe in der gegnerischen Hälfte und damit den zweitschlechtesten Wert aller Feldspieler Portugals, nur Innenverteidiger Jose Fonte war in dieser Kategorie schlechter.
Und auch nach dem Seitenwechsel wurde das Duell nicht besser und Cristiano Ronaldo nicht auffälliger. Kein Freistoß, dem sein Cowboy-Anlauf vorausging. Kein kraftvoller Kopfball wie noch gegen Ungarn. Kein Konter, der im höchsten Tempo mit einem Schuss abgeschlossen wird – bis zur 117. Minute. Den Treffer verdankte der Torschütze Quaresma aber viel eher dem klugen Pass von Nani auf Ronaldo als dem abgewehrten Versuch des Real-Stars. Und deshalb blieb Cristiano Ronaldo auch in der Analyse seines Trainers nach dem Schlusspfiff unerwähnt. Kein Wort verlor Fernando Santos über seinen Superstar – der an diesem Abend am Ende erfolgreich, aber zuvor auffällig unauffällig geblieben war.
