Karl-Heinz Riedle Borussia Dortmund 28051997Getty Images

BVB-Legende Karl-Heinz Riedle über das Champions-League-Finale 1997: "Das ist das Allergrößte"


EXKLUSIV

"Ricken, lupfen, jetzt... JAAAAAA." Den legendären Kommentar von Marcel Reif im Champions-League-Finale 1997 zwischen Borussia Dortmund und Juventus Turin kennt jeder Fan der Borussen. Jener Lars Ricken, heute Jugendkoordinator beim BVB, schoss seine Schwarz-Gelben vor inzwischen 20 Jahren zum größten Triumph der Vereinsgeschichte.

Etwas unter geht in den Erinnerungen an den 28. Mai 1997 immer ein Name: Karl-Heinz Riedle. Jeder spricht von Ricken, dabei war es Riedle, der den BVB mit seinen zwei Tore im Finale von München auf die Siegerstraße brachte. Goal sprach mit dem ehemaligen Stürmer über die Nacht von München.

Herr Riedle, am 28. Mai 2017 jährt sich zum 20. Mal der größte Erfolg von Borussia Dortmund. 1997 gewannen Sie mit dem BVB die Champions League.

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Karl-Heinz Riedle: Dieses Datum habe ich bis heute nicht vergessen - auch wenn wir seitdem alle ein bisschen gealtert sind (lacht). Ich habe sehr schöne Erinnerungen an dieses Spiel. Es war für uns als Spieler und den Verein ein sehr großer Erfolg. Deswegen wird dieses Spiel immer in Erinnerung bleiben.

Sie haben in Ihrer Karriere einige Titel gewonnen. Welchen Stellenwert hat der Champions-League-Triumph?

Riedle: Das war der größte Titel meiner Karriere. Ich bin zwar 1990 Weltmeister geworden, obwohl ich im Finale nicht gespielt habe, und habe mit dem BVB und Werder Bremen die deutsche Meisterschaft gewonnen. Aber die Champions League ist das Allergrößte. Wir mussten eine ganze Saison auf so hohem Niveau spielen.

Der BVB war im Finale von 1997 der krasse Underdog gegen Juventus. Eine Titelchance haben wohl nur die kühnsten Optimisten gesehen.

Riedle: Das stimmt. Auf den Wettpapieren hatten wir wenig zu melden. Ich erinnere mich an eine Aussage von Sir Alex Ferguson. Der sagte damals, wir hätten überhaupt keine Chance gegen Juventus. Das war unsere Motivation. Niemand hatte uns auf dem Zettel. Wir wussten aber, dass wir eine gute Mannschaft haben. Wir standen ja nicht umsonst im Finale. Uns war klar: Mit einem überragenden Tag ist alles drin. Wir hatten die Chance, uns in die Geschichtsbücher einzutragen.

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Welche Worte hat Ihr damaliger Trainer Ottmar Hitzfeld vor dem Spiel gefunden?

Riedle: An Details kann ich mich nicht mehr erinnern. Aber Ottmar war kein Trainer, der rumschreit, um die Mannschaft heiß zu machen. Das waren wir ohnehin alle. Wir waren alle sehr erfahren - und es war die Chance unseres Lebens.

Wurden denn in den Tagen zuvor besondere Dinge trainiert?

Riedle: Wir haben nicht viel anders gemacht als sonst. Wir sind zwar schon zwei Tage vor dem Spiel in München gewesen - das war es aber auch schon. Von der Vorbereitung war es wie vor jedem anderen großen Spiel auch.

Juventus Turin war eine Mannschaft gespickt mit absoluten Weltstars. Vor welchem Spieler hatten Sie besonderen Respekt?

Riedle: Ganz klar Zinedine Zidane. Er war zum damaligen Zeitpunkt der beste Spieler der Welt. Auf ihn haben wir einen besonderen Fokus gelegt. Aber wie Sie schon sagen: Juventus hatte eine herausragende Mannschaft. Jeder einzelne Spieler hatte die Qualitäten, uns richtig Ärger zu bereiten.

Gehen wir ins Spiel: Juventus drückte zu Beginn ungemein ...

Riedle: ... Juventus hat uns in den ersten 20 Minuten an die Wand gespielt. Wir hatten sehr viel Glück, dass wir nicht in Rückstand geraten sind.

Dann kommt ihr großer Auftritt: Sie treffen zweimal.

Riedle: Wir haben die Druckphase von Juventus überstanden und bei meinen Toren Glück gehabt. Die waren ja nicht großartig herausgespielt. Aber ich bin stolz, dass ich diese zwei Tore gemacht habe.

Waren Sie durch Ihre zwei Tore der wichtigste Borusse an diesem Tag?

Riedle: Ich werde sehr häufig auf dieses Spiel angesprochen. Es hat seinen Wert, wenn man zwei Tore zu diesem Titel beisteuert. Aber das gesamte Team hat dazu beigetragen. Jeder einzelne Spieler. Es war eine Teamleistung - und keine Einzelleistung.

Sie haben im Vorfeld des Endspiels gegen Juventus Turin von Ihren Toren geträumt. Verrückter geht es kaum. Haben Sie hellseherische Kräfte?

Riedle: Nein, nicht das ich wüsste. Aber es ist wahr: Ich habe vorher davon geträumt. Ich weiß heute aber gar nicht mehr, ob es die Nacht vor dem Endspiel war oder sogar schon eine davor. Dass es wirklich geklappt hat, ist natürlich heute eine schöne Anekdote.

GFX Karl Heinz Riedle Borussia Dortmund

Zurück zum Spiel: Wie lang sind Ihnen die sieben Minuten zwischen dem 2:1-Anschlusstreffer von Juventus und Rickens 3:1 vorgekommen?

Riedle: Zu diesem Zeitpunkt war ich schon draußen, weil ich mir im Spiel den Zeh gebrochen habe. Wir haben alle sehr gezittert, es waren lange Minuten, bis Lars Ricken dieses grandiose Tor gemacht hat.

Wie haben Sie diesen legendären Treffer miterlebt?

Riedle: Wir sind an der Seitenlinie alle mitgelaufen und haben fast mitgeschossen (lacht). Wir haben gesehen, dass der Juve-Keeper sehr weit vor seinem Tor stand. Alle haben geschrien, Lars solle über ihn drüber lupfen. Dann macht er das wirklich in seinem Alter. Das war frech und für die Ewigkeit.

Es war ein Tor, das Borussia Dortmund den Titel gebracht hat - und durch das Sie eine Uhr verloren haben. Wie kam es dazu?

Riedle: Mein Mitspieler Paul Lambert wollte unbedingt so eine Uhr haben, wie ich sie hatte. Da habe ich ihm unter der Woche gesagt, dass er sie bekommt, wenn wir das Spiel gewinnen. Am Ende hatte er zwei um - weil er mit Paulo Sousa dieselbe Wette abgeschlossen hatte. Davon wussten wir beiden nichts (lacht).

Die Party nach dem Finale soll legendär gewesen sein. Wie sind Ihre Erinnerungen daran?

Riedle: Ins Bett sind wir sicherlich nicht gegangen. Es war sehr ausgelassen. Wir haben im P1 eine Party gefeiert. Es war sehr lang - und ziemlich feucht. Wir hatten einige Spieler dabei, deren Feierqualitäten nicht von schlechten Eltern waren. Das konnten wir alle ganz gut.

1997 war das Jahr des Ruhrgebiets. Der FC Schalke 04 ist eine Woche zuvor UEFA-Cup-Sieger geworden. Haben Sie rund um die Feierlichkeiten daran gedacht?

Riedle: Wir haben nicht unbedingt an Schalke gedacht. Es war schön für die Menschen im Ruhrgebiet, dass ihre Vereine große Titel gewonnen haben. Als wir aber in Dortmund empfangen wurden, war bei der Feier keine Rede von Schalke.

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